Die Wiedergabe der Berufungsanträge im Berufungsurteil

Ein Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung durch das Revisionsgericht, wenn die Berufungsanträge nicht mitgeteilt sind und es damit den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht genügt. Die Berufungsanträge müssen im Berufungsurteil zumindest sinngemäß wiedergegeben werden.

Die Wiedergabe der Berufungsanträge im Berufungsurteil

Die Wiedergabe ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich dem Gesamtzusammenhang der Gründe das Begehren des Berufungsführers noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt1. Dass auch das tatsächliche Vorbringen der Parteien im Sitzungsprotokoll der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO)) unterliegt, betrifft nur das tatsächliche Vorbringen und nicht die Anträge2.

Dass im Tatbestand des Berufungsurteils wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird, genügt nicht den Anforderungen an eine jedenfalls sinngemäße Wiedergabe im Berufungsurteil. Zwar ist zur Darstellung von Einzelheiten eine Bezugnahme nicht schlechthin ausgeschlossen, soweit dadurch die Funktion der Darstellung auch für das Revisionsverfahren (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht beeinträchtigt wird (vgl. § 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO)3. Der wesentliche Inhalt der im Berufungsverfahren noch erhobenen Ansprüche muss aber in der Darstellung nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, die insoweit an die Stelle des erstinstanzlichen Tatbestandes tritt, selbst mitgeteilt werden. Für den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verlangt § 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO trotz der Verweisungsmöglichkeit in Satz 2, dass die erhobenen Ansprüche ihrem wesentlichen Inhalt nach dargestellt und die gestellten Anträge hervorgehoben werden, damit die erhobenen Ansprüche von anderen Ansprüchen unterschieden werden können und das Urteil hinsichtlich der Anträge aus sich heraus verständlich bleibt4. Die gleiche Funktion hat die Darstellung nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der Berufungsanträge. Bei einer reinen Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift sind die gestellten Anträge nicht erkennbar und das Urteil ist insoweit aus sich heraus nicht verständlich.

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Dass die bloße Bezugnahme auf das Sitzungsprotokoll zur Darstellung der gestellten Anträge (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht genügt, folgt auch aus der Regelung in § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Eine Darlegung der Anträge im Sitzungsprotokoll ist danach nur für sogenannte Protokollurteile zulässig, die in dem Termin verkündet werden, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Mit einer Mitteilung der gestellten Anträge im Urteil allein durch Bezugnahme auf das Sitzungsprotokoll würde diese Vorschrift umgangen, weil die reine Verweisung im Urteil nicht über eine Darlegung im Sitzungsprotokoll hinausgeht. Hier kommt hinzu, dass auch im Sitzungsprotokoll die Anträge nicht wörtlich wiedergegeben werden, sondern nur Schriftsätze in Bezug genommen sind (§ 525 Satz 1 ZPO i.V.m. § 297 Abs. 2 ZPO). Eine im Protokoll enthaltene Bezugnahme auf nach Datum und Blattzahl der Gerichtsakte bezeichnete Schriftsätze genügt aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allenfalls bei Protokollurteilen nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO den Anforderungen5.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Dezember 2013 – II ZR 21/1

  1. BGH, Urteil vom 06.02.2013 – I ZR 13/12, GRUR 2013, 1069 Rn. 15 Basis3; Urteil vom 11.10.2012 – VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6; Urteil vom 25.05.2011 – IV ZR 59/09, NJW 2011, 2054 Rn. 9; Urteil vom 04.05.2011 XII ZR 142/08, GuT 2011, 61 Rn. 6; Urteil vom 14.01.2005 – V ZR 99/04 , NJW-RR 2005, 716, 717; Urteil vom 30.09.2003 – VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; Urteil vom 26.02.2003 – VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 101[]
  2. BGH, Urteil vom 06.02.2013 – I ZR 13/12, juris Rn. 15 Basis3; Urteil vom 14.01.2005 – V ZR 99/04, NJW-RR 2005, 716, 717[]
  3. Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 540 Rn. 4[]
  4. vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 313 Rn. 56[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2006 – I ZR 276/03, WM 2007, 1192 Rn. 15; Urteil vom 06.02.2004 – V ZR 249/03, BGHZ 158, 37, 41; vgl. aber auch Urteil vom 10.02.2004 – VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 62 f.[]
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