Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH – und die Notarkosten

Für die Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2 und § 108 Abs. 5 GNotKG vorgegebenen Grenzen der den Ausgabepreis übersteigende Wert des auszugebenen Geschäftsanteils maßgeblich. Für die Bewertung kann eine mit dem Übernehmer der Geschäftsanteile geschlossene Vereinbarung über eine Zuzahlung in das Eigenkapital gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB berücksichtigt werden.

Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH – und die Notarkosten

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung soll ein vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss zwischen den Gesellschaftern vereinbartes Aufgeld neben dem Nominalwert der übernommenen Geschäftsanteile bei der Bestimmung des Geschäftswerts zu berücksichtigen sein1. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum Zustimmung gefunden2, aber auch Kritik erfahren3.

Der Bundesgerichtshof schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Für die Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2 und § 108 Abs. 5 GNotKG vorgegebenen Grenzen der den Ausgabepreis übersteigende Wert des auszugebenen Geschäftsanteils maßgeblich. Für die Bewertung kann eine mit dem Übernehmer der Geschäftsanteile geschlossene Vereinbarung über eine Zuzahlung in das Eigenkapital gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB berücksichtigt werden.

Der Beschluss über die Erhöhung des Stammkapitals ist nach allgemeiner Auffassung ein Beschluss, dessen Gegenstand einen bestimmten Geldwert hat, § 108 Abs. 1 Satz 2 GNotKG4. Dies ergibt sich schon aus dem Verweis auf § 105 Abs. 1 GNotKG, der verschiedene Beschlussfassungen benennt, bei denen ein bestimmter Geldbetrag im Handelsregister eingetragen wird und in dessen Nr. 3 der Beschluss über die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausdrücklich benannt wird. Der Geschäftswert für die Beurkundung eines solchen Beschlusses beträgt nicht weniger als der sich nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GNotKG ergebende Wert, im Fall der Erhöhung des Stammkapitals mithin der in das Handelsregister einzutragende Betrag, um den das Stammkapital erhöht wurde5, mindestens aber 30.000 € (§ 105 Abs. 1 Satz 2 GNotKG) und, auch wenn mehrere Beschlüsse mit verschiedenem Gegenstand in einem Beurkundungsverfahren zusammengefasst werden, höchstens 5 Mio. € (§ 108 Abs. 5 GNotKG).

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Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals kann innerhalb der durch § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 GNotKG vorgegebenen Grenzen unter ergänzender Heranziehung von § 97 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG ermittelt werden6. Soweit das Landgericht unmittelbar auf § 36 Abs. 1 GNotKG zurückgegriffen hat7, vermag der Bundesgerichtshof dem nicht zu folgen.

Aus der Regelung des § 108 Abs. 1 Satz 2 GNotKG kann entgegen der Sicht des Landgerichts diesbezüglich nichts abgeleitet werden. Diese Bestimmung sieht nach ihrem Wortlaut für Beschlüsse, „deren Gegenstand einen bestimmten Geldwert hat“, einen Mindestwert vor. Wie bereits die Kostenordnung (vgl. § 30 Abs. 1 Halbsatz 2, § 41c Abs. 1 KostO, dazu BGH, Beschluss vom 23.10.2008 – V ZB 89/08, NJW-RR 2009, 228 Rn. 6 ff.; OLGR Braunschweig 2007, 577, 578; OLG Stuttgart, ZNotP 2008, 503, 504) enthält das GNotKG hierzu keine nähere Begriffsbestimmung. Es geht, wie zuvor die entsprechenden Bestimmungen der Kostenordnung, davon aus, dass der Geschäftswert dem jeweiligen Geldwert entspricht8.

Die Wertvorschriften für das Beurkundungsverfahren sehen in § 97 Abs. 1 GNotKG vor, dass sich bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen der Geschäftswert nach dem Wert des Rechtsverhältnisses bestimmt, das Beurkundungsgegenstand ist. Die Norm ist auch auf Beschlüsse anwendbar, soweit § 108 GNotKG keine spezielle Regelung vorsieht9. Die Beurkundung eines Gesellschafterbeschlusses kann in der Form eines Tatsachenprotokolls im Sinne der §§ 36, 37 BeurkG erfolgen10. Daneben wird überwiegend auch eine Beurkundung als Willenserklärung gemäß §§ 8 ff. BeurkG für zulässig erachtet11. Aus § 108 GNotKG und Teil 2, Hauptabschnitt 1, Abschnitt 1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG ergibt sich, dass der Geschäftswert für die Beurkundung von Beschlüssen von Organen unabhängig von der konkret gewählten Form der Beurkundung einheitlich erfolgen soll. Die systematische Stellung von § 108 GNotKG spricht dabei für die Anknüpfung an § 97 GNotKG, der als allgemeine Geschäftswertvorschrift Anwendung findet, soweit § 108 GNotKG keine spezielle Regelung enthält12.

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Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals bei der GmbH entspricht dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt13.

Für den Wert des Rechtsverhältnisses im Sinn des § 97 Abs. 1 GNotKG kommt es im Fall einer Beschlussfassung darauf an, ob der Gegenstand des Beschlusses geeignet ist, eine Wertverschiebung herbeizuführen. Bei dem Beschlussgegenstand muss es sich demnach grundsätzlich um die Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses von bestimmten Wert oder um die Herbeiführung solcher Änderungen handeln, bei denen sich der Wert des geänderten Rechtsverhältnisses in einer bestimmten Summe vom Wert des geänderten Rechtsverhältnisses unterscheidet14.

Bei der Beschlussfassung über die Erhöhung des Stammkapitals wird das von dem Übernehmer erstrebte Mitgliedschaftsrecht nicht von der Gesellschaft „geliefert“. Es entsteht vielmehr auf der Grundlage des (satzungsändernden) Kapitalerhöhungsbeschlusses und des Übernahmevertrags kraft Gesetzes mit der Eintragung im Handelsregister, vgl. § 54 Abs. 3, § 57 GmbHG15. Übersteigt der objektive Wert der neuen Geschäftsanteile den Ausgabebetrag, führt dies nach durchgeführter Kapitalerhöhung zu einer Wertverschiebung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander16. Der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung wird daher bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht nur durch die nach der Beschlussfassung vom Gesellschafter zu erbringende Leistung in das Gesellschaftsvermögen geprägt, sondern auch durch den Wert des Gesellschaftsanteils, den der Übernehmer mit der Eintragung im Handelsregister erwirbt17. Verpflichtet sich der Übernehmer für die in der Kapitalerhöhung ausgegebenen Geschäftsanteile eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zu leisten, ist dies ein relevanter Anhaltspunkt für die Wertbestimmung18.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. September 2023 – II ZB 6/23

  1. OLG München, ZIP 2018, 526[]
  2. Fackelmann, ZNotP 2018, 159; Thelen, RNotZ 2020, 121, 145 f.; Stephan in Heinemann/Trautrims, Notarrecht, § 108 GNotKG Rn. 24; Trautrims/Lang in Heinemann/Trautrims, Notarrecht, § 53 GmbHG Rn. 42; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeld, GNotKG, 4. Aufl., § 107 Rn. 31; Heisel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 108 Abs. 1 GNotKG Rn. 27; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 1b; Toussaint/Uhl, Kostenrecht, 53. Aufl., § 105 GNotKG Rn. 18; Mayer/Weiler in Beck´sches Notar Handbuch, 7. Aufl., § 22 Rn. 404; Diehn/Diehn, Notarkostenberechnungen, 8. Aufl., Kap. 3 Rn. 1360d; Volpert in Dien/Volpert, Praxis des Notarkostenrechts, 3. Aufl., Abschnitt B Rn. 308[]
  3. Strauß, MittBayNot 2018, 487, 488 f.; Weitnauer, GWR 2018, 245, 248; Stopp in Herrler, Gesellschaftsrecht in der Notar und Gestaltungspraxis, 2. Aufl., § 10 Rn. 87a; Notarkasse Anstalt des öffentlichen Rechts, München, Streifzug durch das GNotKG, 13. Aufl., Rn. 1339; Leipziger Gerichts- und Notarkosten Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 27 bei Fn. 27; Münch-KommGmbHG/Lieder, 4. Aufl., § 55 Rn. 217; offen Koch, AktG, 17. Aufl., § 182 Rn. 34; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 55 Rn. 17[]
  4. OLG München, ZIP 2018, 526; LG Düsseldorf, Beschluss vom 19.04.2023 19 OH 1/21 28; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 108 Rn. 15; Leipziger Gerichts- und Notarkosten-Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 27; Heisel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 108 GNotKG Rn. 27; BeckOK KostR/Neie, Stand 1.01.2022, § 108 Rn.20; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 43; Toussaint/Uhl, Kostenrecht, § 108 GNotKG Rn. 12; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Juni 2017, § 108 Rn. 17[]
  5. BeckOK KostR/Neie, Stand 1.07.2023, § 105 Rn. 10; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 105 Rn.20, § 108 Rn. 1[]
  6. OLG München, ZIP 2018, 526; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 108 Rn. 12; BeckOK KostR/Neie, Stand 1.01.2022, § 108 Rn.19; Stephan in Heinemann/Trautrim, Notarrecht, § 127 GNotKG Rn. 24; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 1; Toussaint/Uhl, Kostenrecht, § 108 GNotKG Rn. 11; Diehn in Hauschild/Kallrath/Wachter, Notarhandbuch Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 3. Aufl., § 36 Rn. 68; Diehn/Diehn, Notarkostenberechnungen, 8. Aufl., Kap. 3 Rn. 1252; Fackelmann, ZNotP 2018, 159; Strauß, MittBayNot 2018, 487, 488[]
  7. so auch LG Gera, Beschluss vom 17.07.2018 +6 OH 16/16, Umdruck S. 4; Leipziger Gerichts- und Notarkosten-Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 18; Heinze, NotBZ 2015, 201, 205[]
  8. zur KostO: BGH, Beschluss vom 23.10.2008 – V ZB 89/08, NJW-RR 2009, 228 Rn. 7; OLG Hamm, DNotZ 1994, 126, 128; zum GNotKG: Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Juni 2017, § 108 Rn. 13; Pfeiffer, NZG 2013, 244, 245[]
  9. Stephan in Heinemann/Trautrims, Notarrecht, § 97 GNotKG Rn. 2; Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 97 Rn. 1; Uhl in Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., § 97 Rn. 3; Diehn in Hauschild/Kallrath/Wachter, Notarhandbuch Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 3. Aufl., § 36 Rn. 68; aA LG Gera, Beschluss vom 17.07.2018 6 OH 16/16, Umdruck S. 4; Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand September 2022, § 97 Rn. 34[]
  10. OLG Celle, ZIP 2017, 1623, 1624; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 53 Rn. 13; Scheller, GmbHR 2023, 20 Rn. 2; vgl. für das Hauptversammlungsprotokoll einer AG: BGH, Urteil vom 16.02.2009 – II ZR 185/07, DNotZ 2009, 688 Rn. 11[]
  11. OLG Köln, BB 1993, 317, 318; Nordholtz/Hupka, DNotZ 2018, 404, 405 ff.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 53 Rn. 16; BeckOGK-GmbHG/Born, Stand: 15.04.2023, § 53 Rn. 265 ff.; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 53 Rn. 13; kritisch: Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 53 Rn. 70[]
  12. Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 97 Rn. 1; BeckOK KostR/Glaser, Stand: 1.04.2022, § 97 GNotKG Rn. 1[]
  13. OLG München, ZIP 2018, 526; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 108 Rn. 15; Thelen, RNotZ 2020, 121, 145; aA Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 44; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Juni 2017, § 108 Rn. 17; Leipziger Gerichts- und Notarkosten-Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 27 Fn. 27; Heinze, NotBZ 2015, 201, 205[]
  14. BayObLG, DNotZ 1991, 401, 402[]
  15. BGH, Urteil vom 03.11.2015 – II ZR 13/14, ZIP 2015, 2315 Rn. 13[]
  16. Bormann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 55 Rn. 13[]
  17. Thelen, RNotZ 2020, 121, 145 f.; aA Strauß, MittBayNot 2018, 487, 488 f.[]
  18. OLG München, ZIP 2018, 526; Thelen, RNotZ 2020, 121, 145 f.; auf den engen Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung abstellend Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 1b[]
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