Innengesellschaft – und das eigenmächtige Handeln des Außengesellschafters

Überschreitet der Außengesellschafter einer Innengesellschaft seine Geschäftsführungsbefugnis, liegt darin ein Pflichtverstoß, der bei Vorliegen eines am Maßstab des § 708 BGB orientierten Verschuldens einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn er nicht darlegt und gegebenenfalls beweist, dass durch den Pflichtverstoß kein Schaden an den im Außenverhältnis von ihm in seinem Namen geführten Geschäften der Innengesellschaft eingetreten ist.

Innengesellschaft – und das eigenmächtige Handeln des Außengesellschafters

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten sich die Gesellschafter zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich dem Erwerb zweier Grundstücke, deren Entwicklung und gewinnbringenden Veräußerung, zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um eine Innengesellschaft mit einem Gesellschafter ls Außengesellschafter und den weiteren Beteiligten als Innengesellschafter. Der Außengesellschafter war als einziger befugt, nach außen aufzutreten und sollte die Grundstücke in eigenem Namen erwerben. Damit sind die typischen Merkmale einer Innengesellschaft erfüllt, nämlich die mangelnde Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr, der Verzicht auf die Bildung von Gesamthandsvermögen und das Fehlen einer Vertretungsregelung für die Gesellschaft1. In dieser Besonderheit besteht das Wesen der Innengesellschaft, während sie im Übrigen als eine besondere Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts naturgemäß das entscheidende gesellschaftsrechtliche Merkmal, nämlich einen vertraglichen Zusammenschluss zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, ebenfalls aufweist2. Die Geschäfte der Innengesellschaft werden durch den Außengesellschafter im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für Rechnung der Gesellschaft geführt3.

Nachdem der Beklagte die Grundstücke veräußert hat, bevor deren beabsichtigte Entwicklung zu Ende geführt wurde, ist die Gesellschaft aufgelöst, da der vereinbarte Zweck unmöglich geworden ist (§ 726 BGB). Da bei der hier bestehenden Innengesellschaft kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen vorhanden war, kommt nach ihrer Auflösung eine Liquidation nicht in Betracht. Die Gesellschaft ist mit ihrer Auflösung vielmehr zugleich vollbeendet. Außengesellschafter und Innengesellschafter stehen sich nunmehr als Gläubiger und Schuldner eines schuldrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs gegenüber, bei dem allerdings die Einzelansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis grundsätzlich unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung sind und daher nicht mehr selbständig geltend gemacht werden können4. Stichtag für die zu erstellende Abschlussrechnung ist der Tag der Vollbeendigung der Gesellschaft5.

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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es zur Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung einer Außengesellschaft bürgerlichen Rechts aber dann keiner von den Gesellschaftern festgestellten Auseinandersetzungsbilanz, wenn kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist. In diesem Fall kann der Gesellschafter, der für sich ein Guthaben beansprucht, dieses auf Grund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend machen; Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind in diesem Prozess zu entscheiden6. Für die Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, die von vornherein kein liquidierbares Gesellschaftsvermögen hat, gilt nichts anderes7. Ein Direktanspruch kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst Recht in Frage, wenn der Zweck der Innengesellschaft wie vorliegend auf ein Projekt begrenzt ist8.

Von einigen Ausnahmen abgesehen werden die gesetzlichen Bestimmungen über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft (§§ 730 bis 735 BGB), auch für eine Innengesellschaft zur Anwendung gebracht9, so auch § 735 BGB, sofern er nicht abbedungen wurde. Bei der vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung handelt es sich der Sache nach um die Geltendmachung des auf § 735 BGB gestützten Nachschussanspruchs. Anstatt zunächst gegen die Gesellschaft vorzugehen, die dann wiederum den Anspruch nach § 735 BGB im benötigten Umfang gegen die ausgleichspflichtigen Gesellschafter verfolgen muss, geht der Ausgleichsberechtigte unmittelbar gegen den Ausgleichspflichtigen vor. Die vom Außengesellschafter vorgenommene Drittelung der Kosten ist bei Anwendung des § 735 BGB von dessen Satz 2 gedeckt10.

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Nachdem sich der Außengesellschafter im vorliegenden Fall nach seinem Vorbringen mit einem Gesellschafter geeinigt hat und ein weiterer Gesellschafter nicht mehr erreichbar ist, er also nur noch gegen einen Mitgesellschafter Ansprüche geltend macht, liegen auch die für den Direktanspruch geforderten überschaubaren Verhältnisse vor11.

Aus dem Wesen der Innengesellschaft ergibt sich allerdings keine alleinige Geschäftsführungsbefugnis des Außengesellschafters. Aus dem Umstand, dass der Außengesellschafter die Geschäfte der Innengesellschaft im eigenen Namen führt, lässt sich nicht ableiten, der Außengesellschafter sei im Innenverhältnis allein geschäftsführungsbefugt, weil die Innengesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen seien.

Im Innenverhältnis einer Innengesellschaft bleiben die Vorschriften der §§ 709 bis 713 BGB über die Geschäftsführung anwendbar. Die vertragliche Beschränkung des Außenhandelns auf den Außengesellschafter hat nicht notwendig oder im Regelfall den Ausschluss der Mitgesellschafter von der Geschäftsführung zur Folge. Diesen steht grundsätzlich das Zustimmungsrecht des § 709 Abs. 1 BGB zu12. Zwar meinen einige Stimmen im Schrifttum ohne nähere Begründung, die §§ 709, 711, 712, 714, 718 f. BGB seien bei der Innengesellschaft Westermann, BGB, 15. Aufl., in der Regel unanwendbar13. Dem kann aber nicht gefolgt werden. Bei § 709 Abs. 1 BGB handelt es sich um die Grundregel der gemeinsamen Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Es bedarf einer besonderen Begründung, diese zu Lasten der Innengesellschafter entfallen zu lassen. Eine solche ist nicht ersichtlich. Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine generelle Entmachtung der Innengesellschafter, weil die Gesellschafter die Geschäftsführung generell oder für einzelne Geschäfte auf den Außengesellschafter übertragen können und dies auch konkludent geschehen kann14.

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Dabei liegt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die Rechtsauffassung zu Grunde, dass bei einer Innengesellschaft der Außengesellschafter regelmäßig alleine geschäftsführungsbefugt ist. Der Bundesgerichtshof hat sich lediglich zu der Möglichkeit geäußert, einem stillen Gesellschafter ein Handeln im Außenverhältnis zu ermöglichen15. Eine verallgemeinerungsfähige Aussage zum generellen Ausschluss der Innengesellschafter von der Geschäftsführung der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts lässt sich diesen Urteilen ebenso wenig entnehmen wie der den Spezialfall einer qualifizierten Unterbeteiligung an einem Kreditkonsortium betreffenden BGH-Entscheidung16.

Geht man indes von dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vortrag des Außengesellschafters aus, haben seine Mitgesellschafter jedenfalls dem Abschluss des Kaufvertrags über die beiden Grundstücke zugestimmt (§ 709 Abs. 1 BGB). Denn danach war bei Unterzeichnung der Vereinbarung vom 01.07.1993 von den Mitgesellschaftern bereits der Notartermin vom selben Tag vereinbart, den der Außengesellschafter zum Erwerb der Grundstücke im eigenen Namen wahrnehmen sollte. Die Entstehung der mit dem Erwerb zusammenhängenden Kosten war damit vom übereinstimmenden Willen der Gesellschafter gedeckt.

Aber auch die weiteren vom Außengesellschafter in die vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung eingestellten Aufwendungen können nicht mit der Erwägung unberücksichtigt bleiben, der Außengesellschafter sei zur Ergreifung der Maßnahmen nicht allein geschäftsführungsbefugt gewesen. In diesem Fall käme vielmehr ein gegen die Forderung des Außengesellschafters verrechenbarer Schadensersatzanspruch in Betracht.

Ob und inwieweit eine alleinige Geschäftsführungsbefugnis des Außengesellschafters besteht, ist eine Frage, die der Tatrichter unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, der Beklagte sei nicht für alle von ihm abgerechneten Maßnahmen geschäftsführungsbefugt gewesen, würde dies nicht dazu führen, dass der Außengesellschafter die entstandenen Kosten bei der Berechnung seines Anspruchs unberücksichtigt lassen müsste. Die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis führt nicht dazu, dass das Geschäft nicht mehr der Innengesellschaft, sondern dem Außengesellschafter persönlich zuzurechnen ist. Der Außengesellschafter führt die Geschäfte im eigenen Namen. Er wird unabhängig davon verpflichtet, ob er die ihm im Innenverhältnis zukommende Geschäftsführungsbefugnis überschreitet. Da der Außengesellschafter die Geschäfte der Innengesellschaft im Innenverhältnis für Rechnung der Gesellschaft führt, sind die durch solche im Außenverhältnis ihn verpflichtenden, im Innenverhältnis aber für Rechnung der Gesellschaft geführten Geschäfte entstanden Kosten der Innengesellschaft zuzurechnen.

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Überschreitet der Außengesellschafter einer Innengesellschaft seine Geschäftsführungsbefugnis, liegt darin aber ein Pflichtverstoß, der bei Vorliegen eines am Maßstab des § 708 BGB orientierten Verschuldens einen Schadensersatzanspruch begründet17. Der Außengesellschafter kann demgegenüber darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch den Pflichtverstoß kein Schaden an den im Außenverhältnis von ihm in seinem Namen geführten Geschäften der Innengesellschaft eingetreten ist18. Ist nach diesen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch begründet, kann der auf der Basis einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung in Anspruch genommene Mitgesellschafter den Schadensersatzanspruch mit der gegen ihn geltend gemachten Ausgleichsforderung verrechnen. Der zum Schadensersatz verpflichtete Ausgleichsberechtigte hätte dann den von ihm zu vertretenden Verlust im Verhältnis zu dem im Innenverhältnis gemeinschaftlich betriebenen Geschäft allein zu tragen, während andere Verluste die Gesellschafter nach dem maßgeblichen Verlustverteilungsschlüssel träfen19.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. September 2018 – II ZR 161/17

  1. BGH, Urteil vom 26.06.2018 – II ZR 205/16, ZIP 2018, 1492 Rn.20 mwN[]
  2. BGH, Urteil vom 24.02.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 314 f.[]
  3. BGH, Urteil vom 24.02.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 314 f.; Urteil vom 23.06.1960 – II ZR 172/59, WM 1960, 863, 865; Urteil vom 27.03.1961 – II ZR 256/59, WM 1961, 574, 575; Urteil vom 26.06.1989 – II ZR 128/88, WM 1989, 1850, 1851[]
  4. BGH, Urteil vom 03.05.1976 – II ZR 92/75, WM 1976, 789; Urteil vom 22.06.1981 – II ZR 94/80, WM 1981, 876; Urteil vom 23.06.1986 – II ZR 130/85, WM 1986, 1143; Urteil vom 26.06.1989 – II ZR 128/88, WM 1989, 1850, 1851; Urteil vom 22.10.1990 – II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613, 614; Urteil vom 08.12 2015 – II ZR 333/14, ZIP 2016, 523 Rn. 9[]
  5. BGH, Urteil vom 26.06.1989 – II ZR 128/88, WM 1989, 1850, 1851[]
  6. BGH, Urteil vom 13.10.2015 – II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 15 mwN[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 03.05.1976 – II ZR 92/75, WM 1976, 789, 790; Urteil vom 26.06.1989 – II ZR 128/88, WM 1989, 1850, 1851; Urteil vom 28.01.1991 – II ZR 48/90, NJW-RR 1991, 1049[]
  8. BGH, Beschluss vom 06.04.2009 – II ZR 117/08, NJW 2009, 2139 Rn. 15[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1960 – II ZR 188/58, WM 1960, 1121; Urteil vom 27.03.1961 – II ZR 256/59, WM 1961, 574, – IV ZR 164/73, WM 1974, 1162, 575 f.; Urteil vom 09.10.1974 1164; Urteil vom 15.10.1990 – II ZR 25/90, NJW-RR 1991, 422, 423; MünchKomm-BGB/Schäfer, 7. Aufl., § 730 Rn. 12 ff. mwN[]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 05.07.1993 – II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; Urteil vom 15.11.2011 – II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 28[]
  11. vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2015 – II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 16 mwN[]
  12. MünchHdbGesR/Schücking, Bd. 1, 4. Aufl., § 3 Rn. 52; MünchKomm-BGB/Schäfer, 7. Aufl., § 705 Rn. 284; Soergel/Hadding/Kießling, 13. Aufl., Vor § 705 Rn. 30 mwN[]
  13. Erman/§ 705 Rn. 66; Staudinger/Habermeier, 13. Bearbeitung 2003, § 705 Rn. 60[]
  14. vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1955 – II ZR 309/53, BGHZ 16, 394, 396 f.; MünchKomm-BGB/Schäfer, 7. Aufl., § 709 Rn. 14, § 710 Rn. 2[]
  15. BGH, Urteil vom 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157, 160; Urteil vom 23.06.1960 – II ZR 172/59, WM 1960, 863, 864; Urteil vom 27.03.1961 – II ZR 256/59, WM 1961, 574, 575; Urteil vom 11.10.1965 – II ZR 205/63, WM 1966, 31, 32 li. Sp.[]
  16. BGH, Urteil vom 22.03.1965 – II ZR 196/62, WM 1965, 458, 459[]
  17. BGH, Urteil vom 11.01.1988 – II ZR 192/87, ZIP 1988, 843, 844 f.; Urteil vom 04.11.1996 – II ZR 48/95, ZIP 1996, 2164, 2165[]
  18. vgl. BGH, Urteil vom 11.01.1988 – II ZR 192/87, ZIP 1988, 843, 844 f.; Urteil vom 11.12 2006 – II ZR 166/05, ZIP 2007, 268 Rn. 10, 12; Beschluss vom 02.06.2008 – II ZR 67/07, WM 2008, 1453 Rn. 8; Urteil vom 21.07.2008 – II ZR 39/07, ZIP 2008, 1818 Rn.19[]
  19. vgl. BGH, Urteil vom 03.05.1976 – II ZR 92/75, WM 1976, 789, 790; Urteil vom 26.06.1989 – II ZR 128/88, WM 1989, 1850, 1851; NJW-RR 1991, 1049[]
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