Verwertet der Insolvenzverwalter eine Gesellschaftssicherheit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugunsten einer Forderung eines Dritten auf Rückgewähr eines Darlehens, für die der Gesellschafter eine Sicherheit bestellt hat, beginnt die Verjährung des Anfechtungsanspruchs gegen den Gesellschafter frühestens mit der Befriedigung des Dritten.

Gemäß § 146 Abs. 1 InsO richtet sich die Verjährung des Anfechtungsanspruchs nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Dies gilt auch für Anfechtungsansprüche, die wie im Streitfall erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen1. Sie erfasst damit auch den Anfechtungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO.
Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Insolvenzverwalter von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies erfolgte, nachdem der Insolvenzverwalter den Verwertungserlös aufgrund der vorgenommenen Abrechnung an die Bank auszahlte.
Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus2. Dies ist bei einem Anfechtungsanspruch nach § 135 Abs. 2 InsO frühestens der Fall, wenn der Dritte Befriedigung für seine Forderung auf Rückgewähr des Darlehens erlangt hat und die Befreiung des Gesellschafters von der gewährten Sicherheit eintritt. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Erfüllungshandlung, sondern auf den Eintritt der Gläubigerbefriedigung an3. Wurde die anfechtbare Rechtshandlung erst nach der Insolvenzeröffnung vorgenommen, entsteht der Anfechtungsanspruch nicht vor diesem Zeitpunkt4. Erfolgt die Befriedigung wie im Streitfall durch die Verwertung einer Gesellschaftssicherheit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, entsteht der Anfechtungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO daher erst mit dieser Rechtshandlung.
Dem steht nicht entgegen, dass die Entstehung des Anfechtungsanspruchs aus § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO analog bei einer Doppelsicherheit davon abhängt, zu welchem Zeitpunkt der Insolvenzverwalter die Gesellschaftssicherheit verwertet und mit dem Erlös die Darlehensforderung des Dritten befriedigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines solchen Anfechtungsanspruchs erst mit der Befriedigung des Dritten erfüllt sind. Ein früherer Beginn der Verjährung scheidet aus, weil keine Möglichkeit besteht, den Anspruch vor diesem Zeitpunkt mit einer Klage durchzusetzen. Dass der Anfechtungstatbestand erst durch eine Handlung des Insolvenzverwalters verwirklicht wird, beruht auf den Besonderheiten der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO in den Fällen, in denen sowohl die Gesellschaft als auch der Gesellschafter eine Sicherheit bestellt haben. Hier tritt der Sicherungsfall spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein; die im Verhältnis zur Gesellschaft bestehende vorrangige Haftung des Gesellschafters kann jedoch wenn dieser ihr nicht von sich aus nachkommt erst durchgesetzt werden, wenn die Forderung des Dritten befriedigt worden ist. Im Übrigen ist für das Verjährungsrecht anerkannt, dass dann, wenn die Fälligkeit des Anspruchs von einem Verhalten des Gläubigers abhängt, die Verjährung erst mit Fälligkeit des Anspruchs beginnt5.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Dezember 2021 – IX ZR 201/20
- vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 147 Rn. 17; Bartels in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 147 Rn. 49 mwN; HK-InsO/Thole, 10. Aufl., § 147 Rn. 8[↩]
- BGH, Urteil vom 08.07.2008 – XI ZR 230/07, ZIP 2008, 1762 Rn. 17 mwN; vom 19.07.2010 – II ZR 57/09, ZIP 2010, 1637 Rn. 8 mwN[↩]
- Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2021, § 135 Rn. 53; Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 30 Rn. 163[↩]
- Münch-Komm-InsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 146 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.1990 – VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188, 195 f; Urteil vom 11.11.1999 – VII ZR 73/99, WM 2000, 675, 676[↩]