Zugunsten eines Gläubigers einer ihm verpfändeten Forderung aus einem Rentenversicherungsvertrag ist § 851c Abs. 1 ZPO jedenfalls dann anzuwenden, wenn er im Versicherungsvertrag als versicherte Person benannt ist und die Rentenversicherung der Rückdeckung einer ihm als Gesellschafter-Geschäftsführer gegebenen Pensionszusage dient. Es hindert den Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO nicht, wenn dem Schuldner vertraglich ein Kapitalisierungsrecht eingeräumt war, dieses Recht zur Zeit der Pfändung aber nicht mehr bestand 1.

Der Anwendbarkeit von § 851c Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, dass der Schuldner nicht Versicherungsnehmer, sondern Pfandgläubiger bezüglich eines Pfandrechts an dem Anspruch auf Erlebensfallleistungen aus dem zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Drittschuldnerin geschlossenen Versicherungsvertrag ist. § 851c Abs. 1 ZPO stellt auf Ansprüche auf Leistungen ab, die auf Grund von Verträgen erbracht werden. Werden derartige Ansprüche verpfändet, so steht dem Pfandgläubiger, wenn zum Zeitpunkt der Pfändung Pfandreife (§ 1228 Abs. 2 BGB) eingetreten ist, ein Einziehungsrecht zu (§ 1282 Abs. 1 BGB). Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes, der Alterssicherung Selbständiger dienende Vermögenswerte gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abzuschirmen 2, ist es gerechtfertigt, § 851c Abs. 1 ZPO auch zugunsten eines Pfandgläubigers jedenfalls dann anzuwenden, wenn er – wie hier – im Versicherungsvertrag als versicherte Person benannt ist und die Rentenversicherung der Rückdeckung einer ihm als GesellschafterGeschäftsführer gegebenen Pensionszusage dient.
Das Erfordernis gemäß § 851c Abs. 1 Nr. 4 ZPO steht dem Pfändungsschutz hier nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift ist Voraussetzung für den Pfändungsschutz, dass die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hindert es den Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht, wenn dem Schuldner vertraglich ein Kapitalisierungsrecht eingeräumt war, dieses Recht zur Zeit der Pfändung aber nicht mehr bestand 3.
Vergleichbar liegt der Fall hier. Der Versicherungsvertrag sieht das Recht vor, dass sich die Versicherungsnehmerin zum vereinbarten Rentenzahlungsbeginn anstelle der versicherten Rente die Kapitalabfindung auszahlen lässt; dieses Recht konnte bis spätestens drei Jahre vor Rentenbeginn ausgeübt werden. Dies haben weder die Insolvenzschuldnerin noch der Gläubiger noch der Schuldner getan. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, mit der Kündigung des Versicherungsvertrags habe der Gläubiger das der Versicherungsnehmerin zustehende Kapitalwahlrecht bereits ausgeübt, indem er den Rückkaufswert beansprucht habe. Die Geltendmachung des Rückkaufswerts kann nicht als Ausübung des vertraglichen Kapitalwahlrechts eingestuft werden. Denn beim Rückkaufswert handelt es sich um einen Zeitwert, der nach anderen Regeln zu berechnen ist als die Kapitalabfindung zum vereinbarten Rentenzahlungsbeginn.
Ohne Erfolg bleibt für den Bundesgerichtshof auch der Einwand, es sei nicht eindeutig zu klären, ob der Schuldner sein Kapitalwahlrecht nicht noch ausüben könne und die Drittschuldnerin dies akzeptiere; die Pensionszusage, die ebenfalls ein Kapitalwahlrecht vorsehe, enthalte nämlich keine Einschränkung dahingehend, dass dieses Recht nur drei Jahre vor dem Beginn der Pensionszahlungen ausgeübt werden könne. Für den Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO bezüglich der verpfändeten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sind dessen vertragliche Vereinbarungen maßgebend, nicht die der Pensionszusage. Im Übrigen ist der Schuldner auch nach der Pensionszusage nur berechtigt, eine einmalige Kapitalabfindung spätestens bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze bzw. bei Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes zu verlangen. Der Schuldner hat von diesem Recht bis zum Erreichen der Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres am 20.04.2009) keinen Gebrauch gemacht.
Auch die weiteren Ausführungen, dass der Gläubiger den Versicherungsvertrag vor Eintritt der Pfandreife wirksam gekündigt habe und berechtigt sei, den Rückkaufswert zugunsten der Insolvenzmasse einzuziehen, sind nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte, auf Beseitigung des Pfändungsschutzes zielende Begehren zu stützen. Die genannten Ausführungen hätten allenfalls zur Konsequenz, dass aufgrund der Kündigung des Versicherungsvertrags ein zu pfändender Anspruch des Schuldners aus dem Pfandrecht gemäß der Verpfändungserklärung vom 11.12.1992 gegen die Drittschuldnerin auf Rentenzahlung nicht existierte. Ob dies der Fall ist, ist hier unerheblich. Der Gläubiger geht entsprechend seinem Rechtsschutzbegehren offenbar davon aus, dass der gepfändete Anspruch bestehen kann, etwa weil die Kündigung erst nach Eintritt der Pfandreife erfolgt sein könnte. Davon hat auch der Bundesgerichtshof auszugehen. Denn das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob die zu pfändende Forderung besteht 4. Ein Fall, bei dem dies offensichtlich nicht angenommen werden kann 5, liegt nicht vor.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. August 2012 – VII ZB 2/11
- Bestätigung von BGH, Beschluss vom 25.11.2010 – VII ZB 5/08, NJW-RR 2011, 493 Rn. 20[↩]
- vgl. BT-Drucks. 16/866, S. 7[↩]
- BGH, Beschluss vom 25.11.2010 – VII ZB 5/08, NJW-RR 2011, 493 Rn.20[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.03.2004 – IXa ZB 229/03, NJW 2004, 2096, 2097 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.2007 – VII ZB 38/07, NJW-RR 2008, 733 Rn. 9 m.w.N.[↩]