Bei der Beschlussfassung über die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter-Geschäftsführer hat dieser nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 GmbHG kein Stimmrecht.

Aus dem in § 47 Abs. 4 GmbHG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf, folgt zudem ein Stimmverbot bei der Beschlussfassung über die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen1.
Der Stimmrechtsausschluss gilt ebenso, wenn es darum geht, nach § 46 Nr. 8 Fall 2 GmbHG das Organ zu bestellen, das die Gesellschaft bei der Anspruchsverfolgung vertreten soll2.
Für das Stimmverbot kommt es, anders als das Oberlandesgericht Bamberg3 meint, nicht darauf an, ob die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Gesellschaftergeschäftsführer rechtlich geboten ist. Es ist bereits unklar, was das Berufungsgericht unter dem Prüfungsansatz, die Geltendmachung sei „rechtlich nicht geboten“, versteht. Jedenfalls kann es nicht darauf ankommen, ob die beabsichtigte Anspruchsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat.
Geht es um die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer, so reicht es grundsätzlich aus, dass der die Abstimmung beantragende Gesellschafter im Einzelnen umreißt, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag der einzelnen Mitgesellschafter besteht. Es kommt nicht darauf an, ob die Anspruchsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat4. Es würde die Durchsetzung der Ersatzansprüche unzumutbar erschweren, wenn schon im Anfechtungsprozess und mangels Rechtskrafterstreckung im nachfolgenden Prozess nochmals gerichtlich geklärt werden müsste, ob der Haftungsgrund besteht5.
Die entgegen dem Stimmverbot dennoch erfolgte Stimmabgabe der ausgeschlossenen Gesellschafterin ist nichtig und nicht mitzuzählen6. Eine unrichtige Beschlussfeststellung aufgrund unrichtiger Stimmzählung liegt vor, wenn der Fehler für das festgestellte Beschlussergebnis ursächlich ist7.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. August 2023 – II ZR 13/22
- vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 33; Urteil vom 07.02.2012 – II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 Rn. 16; Urteil vom 11.09.2018 – II ZR 307/16, ZIP 2018, 2024 Rn. 26; Urteil vom 17.01.2023 – II ZR 76/21, ZIP 2023, 467 Rn. 25[↩]
- BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 34; Urteil vom 16.12.1991 – II ZR 31/91, BGHZ 116, 353[↩]
- OLG Bamberg, Urteil vom 02.12.2021 – 1 U 475/20[↩]
- BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 36; Urteil vom 30.06.2020 – II ZR 8/19, BGHZ 226, 182 Rn. 29[↩]
- BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 36[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2021 – II ZR 8/21, BGHZ 232, 203 Rn. 29[↩]
- BGH, Urteil vom 20.11.2018 – II ZR 12/17, BGHZ 220, 207 Rn. 48[↩]
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