Sitzverlegung während Liquidation der GmbH

Im Grundsatz ist die Sitzverlegung einer GmbH – vorbehaltlich tatsächlicher Anhaltspunkte für Rechtsmissbräuchlichkeit im Einzelfall – auch im Liquidationsstadium zulässig1.

Sitzverlegung während Liquidation der GmbH

Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ergibt sich aus § 69 GmbHG, dass auch in der Liquidation einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Verlegung von deren Sitz möglich ist2.

Davon ist im hier entschiedenen Fall auch das Registergericht im Ansatz ausgegangen3. Es meint nur, die Möglichkeit einer Sitzverlegung in der Liquidation sei extrem restriktiv zu handhaben, da die Wahrscheinlichkeit, sich Gläubigern entziehen zu wollen, naheliege. Diesen Überlegungen folgt das Oberlandesgericht Celle schon im Ansatz nicht, soweit sie eine restriktiv enge Handhabung als Regelfall postulieren. Typisch für die Liquidationsphase eines Unternehmens ist, dass es seine Geschäftsräume verkleinert und daher – im Normalfall – wechseln muss. Daher liegt ein Wechsel der inländischen Geschäftsanschrift vielfach auf der Hand; es sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum eine solche Veränderung der Geschäftsanschrift nicht auch durch eine parallele Sitzverlegung in der Satzung begleitet werden könnte und dürfte.

Davon, dass auch der Gesetzgeber diese Notwendigkeit erkannt hat, zeugt § 69 Abs. 2 GmbHG, der zum Ausdruck bringt, dass in solchen Fällen, die der Gesetzgeber für existent hält, der alte Gerichtsstand, also derjenige am alten Gesellschaftssitz, erhalten bleibt.

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Auch für eine Versagung der Sitzverlegung wegen deren Rechtsmissbräuchlichkeit, die natürlich im Einzelfall vorliegen kann, hat das Registergericht tragfähige tatsächliche Umstände im angefochtenen Beschluss nicht anzuführen vermocht. Die Tatsache allein, dass die Beendigung der Liquidation bereits einmal angemeldet war, diese Anmeldung jedoch zurückgenommen worden ist, rechtfertigt den Schluss auf eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht. Dass eine Liquidation tatsächlich – entgegen der Annahme der Gesellschafter – doch nicht beendet ist, kann stets dadurch eintreten, dass sich noch ein Gläubiger meldet oder eine Steuerangelegenheit nicht abgeschlossen ist. Das Registergericht hat im Streitfall auch weder aufgearbeitet noch in seinen Entscheidungen mitgeteilt, warum die Anmeldung der Beendigung der Liquidation aus dem Januar 2020 innerhalb einer Zeitspanne von mehr als einem Jahr nicht vollzogen zu werden vermochte. Schon diese Zeitspanne lässt indes darauf schließen, dass die Liquidation der betroffenen Gesellschaft tatsächlich nicht zu Ende war.

Das Registergericht hat in seine Abwägung auch nicht einbezogen, dass – abgesehen von Fällen, in denen das Gesellschaftsvermögen bereits am Ende der Liquidation an die Gesellschafter verteilt ist – grundsätzlich eine Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft in der Hand von deren Gesellschafterversammlung liegt und mithin beschlossen werden kann4. Deshalb erscheint es begrüßenswert, wenn eine Gesellschaft in Liquidation ihren Sitz dort hat, wo sich auch die Geschäftsräume, aus denen heraus eine etwaige Fortsetzung der Gesellschaft zu erwarten wäre, zum jeweiligen Zeitpunkt befinden.

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Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 26. April 2021 – 9 W 51/21

  1. entgegen KG 22 W 63/17[]
  2. vgl. nur Karsten Schmidt/Scheller in Scholz, Kommentar zum GmbHG, 12. Aufl., § 69 Rn. 14[]
  3. AG Tostedt, Beschluss vom 16.04.2021 – 29 AR 179/21[]
  4. vgl. insb. BGH II ZB 3/19 passim; besonders Rn. 37ff.[]

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