Der Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB ist ein selbständiges, neben den Voraussetzungen der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal, das nicht in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen darf (sog. Verschleifungsverbot)1.

Er ist, abgesehen von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen, eigenständig zu ermitteln, gegebenenfalls anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren und zu beziffern2.
Vorliegend tritt ein Vermögensnachteil nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung dann nicht ein, wenn die Tathandlung selbst zugleich einen den Verlust aufwiegenden Vermögenszuwachs begründet. Hat der Täter einen Geldanspruch gegen das von ihm verwaltete Vermögen, so fehlt es an einem Schaden, wenn er über das Vermögen in entsprechender Höhe zu eigenen Gunsten verfügt 3.
Hieran gemessen erwiesen sich im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Feststellungen und Ausführungen des Landgerichts als unzureichend. Im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung stellt es zwar fest, dass der Angeklagte eine „Strafbarkeit für einen Teil der Taten hätte vermeiden können, wenn er darauf hingewirkt hätte, für seine geleisteten Geschäftsführertätigkeiten im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung angemessen entlohnt zu werden“.Diesen Anspruch des Angeklagten auf angemessene Vergütung (vgl. u.a. § 612 Abs. 2 BGB für den Dienstvertrag, § 675 BGB für die entgeltliche Geschäftsbesorgung) hat die Strafkammer jedoch bei der Ermittlung des Vermögensnachteils nicht berücksichtigt. Unbeschadet der Frage, ob es der Einforderung eines Vergütungsanspruchs für die Geschäftsführertätigkeit gegenüber A. oder des Einverständnisses der Genossenschaftsmitglieder bedarf oder ob eine Vergütungsforderung ohne ausdrückliche Abrechnung einen werthaltigen oder zur Kompensation geeigneten Anspruch beinhaltet, ist Voraussetzung einer nachteilsausgleichenden Kompensation, dass ein Vermögenszuwachs auf Seiten des Geschäftsherrn zu verzeichnen ist, weil er durch die Untreuehandlung von einer Verbindlichkeit befreit wird4. Dafür ist es erforderlich, dass der Vergütungsanspruch entstanden ist und beziffert werden kann. Dies ist nach den bisherigen Urteilsfeststellungen möglich, wobei gegebenenfalls durch Hinzuziehung eines Sachverständigen eine ortsübliche Vergütung ermittelt werden muss.
Der Bundesgerichtshof hat daher die landgerichtlichen Feststellungen insgesamt aufgehoben, um dem neuen Tatgericht eine umfassende Neuprüfung der zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse zu ermöglichen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Mai 2021 – 1 StR 62/21
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06. 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 221 ff.; BGH, Beschlüsse vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288 Rn. 43 und vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18 Rn. 24 jeweils mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19.09.2018 – 1 StR 194/18 Rn. 24 mwN[↩]
- für Honoraransprüche des Rechtsanwalts bei Zugriff auf Mandantengelder: vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2019 – 2 StR 588/18 Rn. 22[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2019 – 2 StR 588/18 Rn. 23 mwN[↩]