Der Consultant als Einfirmenvertreter

Ein Handelsvertreter, der kraft vertraglicher Regelung nur -hauptberuflich- für den Unternehmer tätig sein darf, ist als sogenannter Einfirmenvertreter im Sinne von § 5 Abs. 3 ArbGG, bzw. § 92 a Abs. 1 HGB anzusehen.

Der Consultant als Einfirmenvertreter

Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn sie während der letzten 6 Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 Euro aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Einfirmenvertreter ist nach § 92 a HGB derjenige Handelsvertreter, dem die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer entweder aufgrund seines Handelsvertretervertrags verboten („Einfirmenvertreter kraft Vertrags“) oder wegen Art und Umfang der von ihm geschuldeten Dienstleistungen tatsächlich nicht möglich ist („Einfirmenvertreter kraft Weisung“). Im Fall des „Einfirmenvertreters kraft Vertrags“ muss der Handelsvertretervertrag eine weitere gewerbliche Betätigung ausdrücklich untersagen oder von einer Genehmigung des Unternehmers abhängig machen. Nur mittelbar wirkende vertragliche Einschränkungen einer weiteren Betätigung wie ein Wettbewerbsverbot oder das Gebot, die volle Arbeitskraft der Erfüllung des Vertrags zu widmen, begründen die Eigenschaft als Einfirmenvertreter kraft Vertrags hingegen nicht1.

Die Klausel in dem Consultant-Vertrag („Der Consultant darf während der Vertragszeiten nur – hauptberuflich – für die X tätig sein und die X-Dienstleistungen und die von X freigegebenen Finanzprodukte vermitteln.“) ist dahin auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass es dem Beklagten untersagt ist, als Handelsvertreter für weitere Unternehmer tätig zu sein. Erlaubt sein soll ihm nur eine (nebenberufliche) anderweitige Tätigkeit außerhalb seines Gewerbes als Handelsvertreter.

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Zwar kann aus der Formulierung – hauptberuflich – der Schluss gezogen werden, dass dem Consultant „nebenberufliche“ Tätigkeiten erlaubt sein sollen, soweit sie nicht in Konkurrenz zur Klägerin stehen. Darauf, ob der Consultant (nebenberuflich) irgend einer anderen (selbstständigen) Erwerbstätigkeit nachgehen darf, kommt es hier aber nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Consultant in seiner beruflichen Eigenschaft als Handelsvertreter die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer, der nicht Wettbewerber der Klägerin ist (arg. ex. § 86 Abs. 1, 2 Hs. HGB), untersagt ist. Denn § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB stellt mit dem Merkmal „für weitere Unternehmer tätig werden“ nach Wortlaut und Normzweck allein auf die Handelsvertretereigenschaft „Einfirmenvertreter“) ab2.

Wenn dem so ist, dann ist dem Consultant nach den Regelungen des Consultant-Vertrages die Tätigkeit für weitere Unternehmer untersagt. Denn der Handelsvertreter kann sein Gewerbe schwerlich zugleich haupt- und nebenberuflich ausüben.

Handelsvertreter, die für mehrere Unternehmen tätig werden, sind grundsätzlich gegenüber jedem dieser Unternehmer Handelsvertreter im Hauptberuf. Der Annahme, ein solcher Handelsvertreter sei für den einen Unternehmer Handelsvertreter im Hauptberuf, für den anderen aber nur Handelsvertreter im Nebenberuf, widerspricht die Erkenntnis, dass der Handelsvertreterberuf inhaltlich ein selbständiger Beruf ist und der Handelsvertreter in dieser Stellung grundsätzlich für mehrere Unternehmer tätig werden kann. Da der Handelsvertreter Kaufmann ist (§ 1 HGB), handelt er im Betrieb seines Handelsgewerbes und damit grundsätzlich hauptberuflich, wenn er einen zusätzlichen Handelsvertretervertrag mit einem anderen Unternehmer eingeht3. Die Frage, ob die ggf. weitere Tätigkeit des Consultant eine gemäß § 2 Nr. 1 des Consultant-Vertrags erlaubte Nebentätigkeit ist, stellt sich nur dann, wenn dieser zwei unterschiedliche Berufe ausübt, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Existenz des Consultant voneinander unabhängig sind4.

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Wenn dem Consultant also eine nebenberufliche Tätigkeit erlaubt sein soll, so ist damit eine andere berufliche Tätigkeit gemeint, die zudem nach Zeit, Umfang und Ertrag erkennbar weniger gewichtig sein muss als die Handelsvertretertätigkeit für die Klägerin. Hingegen ist ihm eine weitere Tätigkeit als Handelsvertreter für ein anderes Unternehmen untersagt.

Nach § 5 Abs. 3 ArbGG ist die Verdienstgrenze von monatlich 1.000,00 Euro im Durchschnitt der letzten 6 Monate des Vertragsverhältnisses auch dann maßgebend, wenn der Handelsvertreter in diesen Monaten nicht gearbeitet und nichts verdient hat. Dass der Handelsvertreter möglicherweise versucht, durch Untätigbleiben den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen „zu beeinflussen“, steht dem nicht entgegen. Zum einen sind die Rechtswege zu den ordentlichen Gerichten und den Gerichten für Arbeitssachen gleichwertig, so dass es allein darum geht, durch die Anwendung des § 5 Abs. 3 ArbGG den gesetzlichen Richter (Art. 101 GG) zu bestimmen. Dieser muss aber eindeutig feststellbar sein. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, abweichend vom Wortlaut des § 5 Abs. 3 ArbGG auf einen Zeitpunkt abzustellen, der häufig wegen streitigen Vortrags zur noch geleisteten Arbeit schwer feststellbar ist. Zum anderen kann der Unternehmer das Vertragsverhältnis zum Handelsvertreter kündigen, wenn dieser grob gegen seine Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag verstößt, indem er die Vermittlungstätigkeit einstellt5.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 19 W 77/12

  1. vgl. Baumbach /Hopt, HGB, 35. Aufl., § 92 a Rn. 3 m.w.N.[]
  2. vgl. OLGR Köln 2005, 309[]
  3. vgl. Baumbach /Hopt, HGB, a.a.O., § 92 b Rn. 2; MünchKomm-HGB/von Hoyningen-Huene, HGB, 3. Aufl., § 92 b Rn. 10[]
  4. vgl. BGH NJW-RR 2007, 1286[]
  5. BAGE 113, 308[]
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