Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass § 3 Abs. 3 Satz 3 IHK-Gesetz die Freistellung vom Kammerbeitrag wegen geringen Ertrages oder Gewinnes denjenigen Kammermitgliedern vorbehält, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind.

Nach § 3 Abs. 2 IHK-Gesetz werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufgebracht. Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, sind diese Mitgliedsbeiträge Beiträge im rechtlichen Sinne. Sie sollen der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens dienen und müssen entsprechend bemessen werden. Dabei sind insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu beachten1.
Nach dem Äquivalenzprinzip darf die Höhe der Beiträge nicht außer Verhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen. Der Vorteil, den das Mitglied aus der Kammertätigkeit zieht, besteht insbesondere darin, dass die Kammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben erfüllt, insbesondere das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrnimmt, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft wirkt und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend berücksichtigt (§ 1 Abs. 1 IHK-Gesetz). Dieser Vorteil kommt allen Mitgliedern zugute2. Das gilt unabhängig von deren wirtschaftlicher Leistungskraft. Deshalb ist die Beitragspflicht auch ertragsschwacher Betriebe jedenfalls gerechtfertigt.
Auch die Höhe der Beiträge muss sich grundsätzlich nach dem Vorteil bemessen, der dem einzelnen Mitglied aus der Kammertätigkeit erwächst. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern die Annahme des Gesetzgebers für rechtsfehlerfrei gehalten, dass eine direkte Relation zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Kammermitglieds und dem Gewicht seines Vorteils aus der Kammertätigkeit bestehe, weshalb die Bemessung der Beiträge unmittelbar an Indikatoren für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfen darf3. Daraus ergibt sich, dass ertragsschwache Unternehmen von einer Beitragspflicht weitgehend oder ganz verschont werden dürfen.
Dem trägt § 3 Abs. 3 IHK-Gesetz Rechnung. Nach seinem Satz 1 erhebt die Industrie- und Handelskammer die Mitgliedsbeiträge als Grundbeiträge und als Umlagen. Die Grundbeiträge sind ein in aller Regel geringer Sockelbetrag – im vorliegenden Falle von 50 bis 204 € jährlich, während die Umlagen in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betriebes – hier in Höhe von zunächst 0,42 %, später von 0,34 % des Gewerbeertrages – erhoben werden und ein Vielfaches des Grundbeitrages ausmachen können. Der Grundbeitrag findet hierbei seine Rechtfertigung in dem allen Kammermitgliedern zukommenden Vorteil, der in der Kammervertretung als solcher besteht. Die Kammer kann ihn deshalb in der Art einer einheitlichen Grundlast von allen Mitgliedern ohne Rücksicht auf deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erheben. Zwar erlaubt § 3 Abs. 3 Satz 2 IHK-Gesetz den Kammern, auch den Grundbeitrag unter anderem nach der Leistungskraft des Unternehmens zu staffeln; doch ist sie hierzu nicht verpflichtet. Will die Kammer den Grundbeitrag staffeln, kann sie nach dieser Vorschrift zwar an die unterschiedliche Leistungskraft der Kammerzugehörigen anknüpfen. Im Hinblick auf den Zweck und die Eigenart des Grundbeitrages stehen der Kammer aber auch dann in weitem Maße Pauschalierungen und Typisierungen offen4.
Die von der Klägerin bezeichnete Frage betrifft praktisch allein den Grundbeitrag; denn die Kammermitglieder, die sie im Blick hat, erzielen nur einen geringen oder gar keinen Gewerbeertrag und werden daher in aller Regel von vornherein nicht zur Umlage herangezogen.
Nach § 3 Abs. 3 Satz 3 IHK-Gesetz werden Mitglieder, deren Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 5.200 € nicht übersteigt, von jeder Beitragspflicht freigestellt, sofern sie nicht in das Handelsregister eingetragen sind. Diese vollständige Beitragsbefreiung nicht auch in das Handelsregister eingetragenen Gewerbebetrieben zu eröffnen, ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung Kleingewerbetreibende privilegieren, um so die Beitragserhebung noch stärker an der Leistungskraft der kammerzugehörigen Unternehmen auszurichten5. Dies stellt einen sachlichen Grund für die Privilegierung dar und rechtfertigt es, den typisierend begünstigten Personenkreis von der Beitragspflicht vollständig freizustellen, zumal dieser Personenkreis ohne die Privilegierung zumeist ohnehin nur zum Grundbeitrag herangezogen würde, das Ausmaß der Begünstigung also regelmäßig gering ist.
Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den begünstigten Personenkreis der Kleingewerbetreibenden auf diejenigen Unternehmen begrenzt hat, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Diese typisierende gesetzliche Regelung knüpft an ein von der Rechtsordnung, nämlich vom Handelsrecht vorgezeichnetes Kriterium an und ist zur Bezeichnung derjenigen Gruppe von Gewerbetreibenden, denen die völlige Beitragsfreiheit zukommen soll, nicht völlig ungeeignet. Angesichts der gewählten Typisierung noch verbleibende Ungenauigkeiten und Vergröberungen können umso mehr hingenommen werden, als deren wirtschaftliches Ausmaß gering bleibt; denn die völlige Beitragsfreistellung bewirkt in aller Regel lediglich die Ersparnis des Grundbeitrages, während der betroffene Personenkreis von der – wirtschaftlich stärker ins Gewicht fallenden – Umlage ohnehin nicht betroffen ist.
Auch ist es, so das Bundesverwaltungsgericht, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass in die Privilegierung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 IHK-Gesetz auch sogenannte Istkaufleute nach § 1 HGB einbezogen werden, wenn sie nicht ins Handelsregister eingetragen sind, während sogenannten Formkaufleuten nach § 6 Abs. 2 HGB die Privilegierung bei gleicher – geringer – Ertragslage vorenthalten wird.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – 8 B 38.11
- BVerwG, Urteil vom 26.06.1990 – 1 C 45.87, Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 9 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.06.1990 a.a.O.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.06.1990 a.a.O. [↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 – 1 C 15.99, Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 29 S. 4[↩]
- BT-Drucks 13/9378 S. 4[↩]