Bearbeitungsentgelte bei Bauspardarlehen – und die Verjährung der Rückforderungsansprüche

Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB für Rückforderungsansprüche wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte begann auch bei Bauspardarlehen nach § 488 BGB mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen1.

Bearbeitungsentgelte bei Bauspardarlehen – und die Verjährung der Rückforderungsansprüche

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die angegriffene Klausel nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, handelt es sich bei dieser Klausel um eine Preisnebenabrede, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegt2 und entgegen der Ansicht der Bausparkasse dieser Inhaltskontrolle nicht standhält3.

Auf Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen hat die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB), die die Bausparkasse in zulässiger Weise in zweiter Instanz erhoben hat4, Erfolg.

Bereicherungsansprüche verjähren nach § 195 BGB in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 Abs. 1 Satz 1

Kenntnis von den diesen Anspruch begründenden Umständen hat, wer von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Ausnahmsweise kann aber Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn5.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen begann die dreijährige Verjährungsfrist nach Ablauf des 31.12.2011 zu laufen und hätte am 31.12 2014 geendet.

Der Rückzahlungsanspruch ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch „Einzug der Darlehensgebühr“ im Jahre 2010 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Einwand der Revision, die Gebühr werde nach dem Vertrag „dem Bauspardarlehen zugeschlagen“ und sei deshalb mit dem Bauspardarlehen zu tilgen, sodass es auf den Zeitpunkt der Entrichtung des jeweiligen Darlehensentgelts durch den Darlehensnehmer ankomme, hat keinen Erfolg. Er verkennt, dass nach dem von ihm angeführten § 9 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge die Darlehensgebühr bereits mit Beginn der Darlehensauszahlung fällig wird, was mit der Annahme einer Stundung im Sinne eines Hinausschiebens der Fälligkeit6 nicht zu vereinbaren ist. Wenn die Gebühr in der Folge rechnerisch „dem Bauspardarlehen zugeschlagen“ wird, führt dies lediglich zu deren gleichzeitiger Mitkreditierung, ändert aber nichts daran, dass bereits im Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens die Gebühr an die Bausparkasse geleistet worden und der Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers in vollem Umfang entstanden ist7.

Zwar erlangte der Darlehensnehmer nach unstreitigem Parteivortrag im Jahr 2010 Kenntnis vom Einzug der Darlehensgebühr durch die Bausparkasse. Die Verjährungsfrist begann aber erst nach dem Ende des Jahres 2011 zu laufen, weil dem Darlehensnehmer eine Klageerhebung erst in diesem Jahr zuzumuten war.

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Der Bundesgerichtshof hat für Ansprüche auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelt im Rahmen von Verbraucher-8 und Unternehmerdarlehensverträgen9 eine Klageerhebung im Jahre 2011 als zumutbar angesehen. Denn in diesem Jahr hatte sich eine gefestigte Auffassung der Oberlandesgerichte herausgebildet, wonach Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Abweichung von einer früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung unwirksam sind. Folglich war mit Ablauf dieses Jahres eine Rückforderungsklage für den Bankkunden zwar nicht risikofrei, aber zumutbar.

Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof zu Verbraucherund Unternehmerdarlehen aufgestellt hat, gelten auch für Darlehensgebühren bei Bauspardarlehen. Denn Bauspardarlehen unterliegen als Gelddarlehen in Form von Tilgungsdarlehen ebenfalls dem Pflichtenprogramm des § 488 Abs. 1 BGB. Keine der Besonderheiten eines Bausparvertrags begründen für das Bauspardarlehen eine Abweichung vom allgemeinen Darlehensrecht10. Deswegen musste ein rechtskundiger Dritter im Jahr 2011, als sich eine gefestigte Auffassung der Oberlandesgerichte zur Unwirksamkeit von Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehensverträgen gebildet hat, damit rechnen, dass davon auch Entgeltklauseln erfasst werden, die in Bauspardarlehen einbezogen worden sind.

Eine Klageerhebung war damit auch schon vor der BGH-Entscheidung vom 08.11.201611 zumutbar, in der die Wirksamkeit von Entgeltklauseln bei Bauspardarlehen höchstrichterlich geklärt wurde. Denn zumutbar ist die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs, sobald sie hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Rechtsverfolgung risikolos möglich ist12. Mit dem Risiko, dass erst eine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs Gewissheit über den Bestand und die Reichweite der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte entwickelten Grundsätze bringen konnte, waren Darlehensnehmer bei Bauspardarlehen nicht anders als bei allgemeinen Verbraucherdarlehen belastet. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB wäre daher am 31.12 2014 abgelaufen.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. März 2019 – XI ZR 95/17

  1. Fortführung von BGH, Urteil vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 44 ff.[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2016 – XI ZR 552/15, BGHZ 212, 363 Rn. 17 ff.[]
  3. vgl. BGH, Urteil aaO Rn. 31 ff.[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 23.06.2008 GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 9 ff.[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 86 mwN[]
  6. vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 271 Rn. 12[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 24[]
  8. BGH, Urteil vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 46[]
  9. BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 94 ff.[]
  10. vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.11.2016 – XI ZR 552/15, BGHZ 212, 363 Rn. 23 f., Rn. 36 f.[]
  11. BGH, Urteil vom 08.11.2016 – XI ZR 552/15, BGHZ 212, 363[]
  12. BGH, Urteile vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 56 mwN; und vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 85 und 100[]

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