Die unterschiedslos auf sämtliche Buchungen bezogene Bestimmung in dem Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank „Preis pro Buchungsposten 0, 35 €“ ist nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig und nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber Verbrauchern unwirksam, weil sie zu deren Nachteil von § 675y BGB abweicht.

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen grundsätzlich weder bloß deklaratorische Klauseln noch solche, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig sind aber Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen1. Weiter kontrollfähig sind Klauseln, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt2. Dies gilt auch dann, wenn die Entgeltklausel in einem Regelwerk enthalten ist, das wie hier das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt3.
Die beschriebene Gebührenklausel enthält von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen in diesem Sinne.
Die Klausel ist so auszulegen, dass sie auch Buchungen bepreist, die bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags anfallen.
Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Bundesgerichtshof selbst vornehmen kann4. Dabei ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen. Sie ist so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird5. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht zu bleiben haben Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind6.
Die beanstandete Klausel ist nach Maßgabe dieser Grundsätze so zu verstehen, dass sie ein Entgelt für sämtliche bei der Führung eines Zahlungskontos anfallenden Buchungen bestimmt. Indem sie sämtliche Buchungen bepreist, beansprucht sie ein Entgelt u.a. für Buchungen im Zuge der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags und Buchungen, mittels derer das Zahlungskonto nach solchen Buchungen wieder auf den sachlich richtigen Stand gebracht wird. Zwar gilt bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Grundsatz, dass sich eine nach ihrem Regelungsbereich nicht zu beanstandende Klausel nach dem realen oder hypothetischen Willen des Verwenders nicht auf völlig atypische Regelungssituationen bezieht, in denen sie als kontrollfähig und nach der Wertung des Gesetzes potentiell als unangemessen zu qualifizieren wäre7. Indessen geht es hier nicht darum, Ausnahmefälle, auf die die Klausel ersichtlich nicht zugeschnitten ist oder in denen die Berufung auf die Klausel schlechthin treuwidrig wäre, als von ihr nicht erfasst anzusehen. Vielmehr legt ihr Wortlaut die Erstreckung der Klausel auf Buchungen in dem oben genannten Sinne nahe.
Mit der Bepreisung solcher Buchungen weicht die Beklagte von § 675y Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB ab. Wird ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt, hat der Zahlungsdienstleister keinen Anspruch auf ein Entgelt8. Die Beklagte verlangt dagegen 0, 35 €. Außerdem wälzt sie mittels der vom Kläger beanstandeten Klausel Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden ab. Die Beklagte hat von Gesetzes wegen in Fällen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags das Zahlungskonto wieder auf den sachlich richtigen Stand zu bringen. Indem sie für solche Berichtigungsbuchungen ein Entgelt verlangt, die von Gesetzes wegen unentgeltlich vorzunehmen sind, setzt sie die von ihr formulierte Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aus.
Für die Frage der Kontrollfähigkeit ist dagegen ohne Bedeutung, dass nach Art. 4 Nr. 3 i.V.m. Anhang Nr. 1 und 2 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG9, § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, selbst Zahlungsdienste sind10. Innerhalb der vom Kläger beanstandeten Klausel sind Barzahlungen kein charakterisierendes Merkmal der Preisgestaltung der Beklagten. Die von der Beklagten verwandte Allgemeine Geschäftsbedingung kann der Inhaltskontrolle entsprechend nicht mit dem Argument entzogen werden, sie bepreise lediglich eine Hauptleistung nach § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB.
Die beanstandete Postengebühren-Klausel ist nicht nur kontrollfähig, sondern nach Maßgabe des § 307 BGB auch unwirksam.
Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen ihn zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB11. Von den Vorgaben des § 675y BGB darf nach § 675e Abs. 1 BGB nicht zum Nachteil eines Verbrauchers als Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden. Solche Verbrauchern nachteilige Abweichungen enthält die vom Kläger beanstandete Klausel. Ob sie sonst noch gegen (halb)zwingendes Recht oder gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt, weil der „Preisaushang“ einzelne Zahlungsdienste in weiteren Abschnitten gesondert behandelt, ohne klarzustellen, in welchem Verhältnis die dort zur Entgeltlichkeit getroffenen Regelungen zu dem „Preis pro Buchungsposten“ stehen, muss der Bundesgerichtshof nicht entscheiden.
Die inhaltlich sowie ihrer sprachlichen Fassung nach nicht teilbare Klausel kann mit der Folge, dass das Ergebnis des Berufungsgerichts wenigstens teilweise Bestand hätte, auch nicht in Anwendung des Rechtsgedankens des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB teilweise aufrechterhalten werden. Dem widerstritte das in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion12, das auch im Falle der Unvereinbarkeit einer Entgeltklausel mit gesetzlichen Vorgaben gilt13.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Januar 2015 – XI ZR 174/13
- BGH, Urteil vom 17.12 2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 Rn. 12[↩]
- BGH, Urteile vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16; vom 07.12 2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 26; vom 07.06.2011 – XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn.19; vom 22.05.2012 – XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 Rn. 10; und vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 13 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 18.05.1999 – XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 383; und vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 13 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15; und vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 26[↩]
- BGH, Urteile vom 07.12 2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 29; vom 07.06.2011 – XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 21; und vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 16 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 11; vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 16; und vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25[↩]
- vgl. Lindacher/Hau in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 305c Rn. 120; Erman/Roloff, BGB, 14. Aufl., § 305c Rn. 22 mwN[↩]
- vgl. Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl., § 675y Rn.20 f.; MünchKomm-BGB/Casper, 6. Aufl., § 675y Rn. 37; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb.2012, § 675y Rn.19[↩]
- ABl. EU 2007 Nr. L 319 S. 1[↩]
- vgl. Batereau, WuB – IV C. § 307 BGB 10.13; Erman/Graf von Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675f Rn. 16, 44; Graf von Westphalen, FS Kaissis, 2012, S. 1057, 1060; Fornasier, WM 2013, 205, 208 f.; für Bareinzahlungen Kropf/Habl, BKR 2013, 103; für Barauszahlungen Frey/Meier/Titsch/Walz/Mehringer, Neues Zahlungsverkehrsrecht, 2010, S. 26 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 17.12 2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 Rn. 10; BGH, Urteil vom 06.05.1992 – VIII ZR 129/91, BGHZ 118, 194, 198; Urteil vom 25.09.2002 – VIII ZR 253/99, BGHZ 152, 121, 133; Urteil vom 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn.20, 42[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2012 – XI ZR 145/12 63 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.12 2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 Rn. 27[↩]