Die Verfassungsfeindlichkeit einer politischen Partei stellt keinen Grund für einen Ausschluss vom parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz dar.

Die einem Kreditinstitut bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung obliegenden allgemeinen Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz gebieten bei einem nicht rechtsfähigen Verein als Vertragspartner nicht die Überprüfung der Angaben anhand der Gründungsdokumente.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG sollen alle Parteien gleichbehandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt. Die Norm konkretisiert die in Art. 21 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Chancengleichheit der Parteien. Der Anspruch steht demjenigen Teilverband zu, auf dessen Ebene der öffentlich-rechtliche Träger bereits die Leistungen gewährt.
Die Voraussetzungen des parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruchs sind nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu beurteilen. In der Revisionsinstanz ist dabei das Recht anzuwenden, das das Berufungsgericht anzuwenden hätte, wenn es zu diesem Zeitpunkt entschiede. Zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderungen sind für das Revisionsgericht in dem Umfang beachtlich, in dem sie das Berufungsgericht zu berücksichtigen hätte1.
Nach der das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 560 ZPO bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts ist der Sparkasse im Wege der Beleihung nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Berliner Sparkasse und die Umwandlung der Landesbank Berlin – Girozentrale – in eine Aktiengesellschaft (Berliner Sparkassengesetz – SpkG) vom 28.06.20052 die Trägerschaft der Berliner Sparkasse, bei der es sich gemäß § 3 Abs. 1 SpkG um eine öffentlich-rechtliche Sparkasse in der Rechtsform einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts handelt, übertragen. Die Errichtung eines Girokontos ist Teil des öffentlichen Auftrags der Sparkassen zur Daseinsvorsorge im Bereich der geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen, der sich nicht auf das Führen von Sparkonten natürlicher Personen beschränkt. Im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG ist hiernach die Beklagte Trägerin öffentlicher Gewalt, da der Begriff funktional zu verstehen ist und auch Beliehene erfasst3, und die Errichtung eines Girokontos bei der Berliner Sparkasse eine „andere öffentliche Leistung“.
Nach den für das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz führt die Beklagte bei der Berliner Sparkasse für den Kreisverband Treptow-Köpenick der Partei Bündnis 90/Die Grünen ein Girokonto. Das Berufungsgericht hat daher rechtsfehlerfrei die Beklagte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG verpflichtet, auch für den Kläger ein Girokonto bei der Berliner Sparkasse zu eröffnen und zu führen. Sie darf den Kläger insbesondere nicht auf die Benutzung eines anderweitig eingerichteten Kontos oder auf die Möglichkeit verweisen, bei einem privaten Kreditinstitut ein Konto zu eröffnen4.
Es verstößt gegen das Gebot der förmlichen Gleichbehandlung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG, wenn die öffentliche Leistung – hier die Kontoeröffnung – bei einer Partei oder einem Gebietsverband aus Gründen ausgeschlossen ist, die für andere Parteien nicht zu einem Ausschluss führen würden5. Ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Ausschlussgrund ergibt sich jedoch weder aus der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsfeindlichkeit der NPD (1) noch aus den von der Sparkasse bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung zu erfüllenden allgemeinen Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz (2).
Das Bundesverfassungsgericht hat die NPD nicht verboten, obwohl diese Partei mit ihren Zielen die Grundprinzipien missachtet, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar sind. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist das für ein Verbot erforderliche Tatbestandsmerkmal des „darauf Ausgehens“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG a.F. nicht erfüllt6. Für solche; vom Gesetzgeber als verfassungsfeindlich bezeichnete Parteien7 kommt gemäß Art. 21 Abs. 3 GG in der seit dem 20.07.2017 geltenden Fassung8 als Sanktionsmöglichkeit der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung in Betracht. Im Übrigen aber bleibt es bei dem Grundsatz, dass ein darüber hinausgehendes administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei schlechthin ausgeschlossen ist, mag diese sich gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch noch so feindlich verhalten; weitergehende Sanktionsmöglichkeiten gegenüber solchen Parteien sind dem verfassungsändernden Gesetzgeber vorbehalten9. Eine verfassungsfeindliche Partei darf zwar politisch bekämpft werden, aber auch sie soll – abgesehen von dem nunmehr möglichen Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung – in ihrer politischen Aktivität von jeder Behinderung frei sein, sodass sich die Verwaltung nicht hierauf berufen kann10.
Gemessen hieran rechtfertigt die Verfassungsfeindlichkeit der NPD nicht den Ausschluss von dem parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch. Die auf diesen Grund gestützte Verweigerung der Eröffnung des Girokontos führt zu einer unzulässigen Behinderung der politischen Aktivität der NPD, weil sie insbesondere das bargeldlose Einziehen von Mitgliedsbeiträgen und die Teilnahme des Klägers am geschäftlichen Rechtsverkehr beeinträchtigt.
Aus Anlass der Kontoeröffnung ist der Sparkasse die Erfüllung der ihr obliegenden allgemeinen Sorgfaltspflichten nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.06.201711, zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 10.07.201812, möglich. Hiervon ist das Berufungsgericht, wenn auch noch auf der Grundlage der bis zum 25.06.2017 geltenden Fassung des Geldwäschegesetzes, rechtsfehlerfrei ausgegangen.
Die Berliner Sparkasse ist als Kreditinstitut im Sinne von § 1 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 GwG verpflichtet, bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung mit neuen Vertragspartnern die gesetzlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen, insbesondere den Vertragspartner und gegebenenfalls die für ihn auftretende Person nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 GwG und des § 12 Abs. 1 und 2 GwG zu identifizieren (s. auch § 1 Abs. 3 GwG) sowie zu prüfen, ob die für den Vertragspartner auftretende Person hierzu berechtigt ist.
Soll – wie hier – ein nicht rechtsfähiger Verein selbst Vertragspartner werden, gebietet die in § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 GwG normierte Pflicht zur Identifikation zum einen, dass von dem nicht rechtsfähigen Verein die in § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG genannten Angaben (der Name, die Rechtsform, die Anschrift des Sitzes und die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans) und von dessen zur Vertretung berechtigtem Vorstandsmitglied die in § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG aufgeführten Angaben (Vor- und Nachname, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Wohnanschrift) erhoben werden. Zum anderen bedarf es nach § 12 Abs. 1 GwG allein der Verifikation der von der vertretungsberechtigten Person erhobenen Angaben durch Vorlage etwa eines gültigen amtlichen Ausweises (Satz 1 Nr. 1), nicht aber der Verifikation der Angaben zum nicht rechtsfähigen Verein. Denn anders als § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG bezieht sich die Überprüfungspflicht des § 12 Abs. 2 GwG nur auf Angaben über juristische Personen. Nach dem Wortlaut und dem gesetzessystematischen Zusammenhang schließt das Geldwäschegesetz eine Prüfung der zum nicht rechtsfähigen Verein erhobenen Angaben, die in keinem Register geführt sind, anhand der Gründungsdokumente und darüber hinaus auch der inhaltlichen Richtigkeit der in den Gründungsdokumenten enthaltenen Angaben aus.
Sinn und Zweck der Identifikationspflicht gebieten bei einem nicht rechtsfähigen Verein keine weitergehende Überprüfungspflicht. Die Pflicht zur Identifizierung bezweckt den Wegfall der Anonymität und soll sicherstellen, dass es den Ermittlungsbehörden im Falle von Anhaltspunkten für Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsaktivitäten anhand der Identität der betreffenden Person möglich ist, der sog. „Papierspur“ zu folgen und dadurch gegebenenfalls Täter überführen zu können13. Bei einem nicht rechtsfähigen Verein wird diesem Sinn und Zweck jedoch hinreichend Rechnung getragen, wenn das Kreditinstitut die Identität derjenigen Person anhand geeigneter Dokumente verifiziert, die zur Vertretung des nicht rechtsfähigen Vereins berechtigt ist. Deren Identität dient bei Auftreten eines nicht rechtsfähigen Vereins im Rechtsverkehr als Ausgangspunkt für die Ermittlung der Täterschaft. Mehr verlangt in diesem Zusammenhang die Identifizierungspflicht bei einem nicht rechtsfähigen Verein nicht, zumal § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG die zusätzliche Prüfung gebietet, ob die für den Vertragspartner auftretende Person hierzu berechtigt ist.
Die Berliner Sparkasse der Sparkasse kann die für die Feststellung der Identität des Klägers sowie seiner vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder erforderlichen Angaben erheben und die Angaben zu den Vorstandsmitgliedern etwa mittels der amtlichen Ausweispapiere überprüfen. Zur Kontrolle ihrer Vertretungsberechtigung kann sie die Vorlage des Protokolls der Mitgliederversammlung verlangen, aus der sich die Wahl des aktuellen Vorstands ergibt.
Die von der Sparkasse erhobene Verfahrensrüge, mit der sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend macht, greift nicht durch. Der Vorwurf der Sparkasse, das Berufungsgericht habe ihr auf die fehlende Authentizität und Richtigkeit der vom Kläger vorgelegten Unterlagen gestütztes Bestreiten, dass eine Gründungsversammlung stattgefunden habe, bei seiner Entscheidungsfindung nicht beachtet bzw. lediglich als eine Rüge von Formfehlern und Satzungsverstößen gewertet, ist nicht begründet.
Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft14.
Im vorliegenden Streitfall hat das Berufungsgericht das Bestreiten der Gründungsversammlung der Sparkasse zur Kenntnis genommen. Es hat sich mit diesem Vorbringen in den Entscheidungsgründen auch insoweit auseinandergesetzt, als es mit der Formulierung „letztlich“ zu erkennen gegeben hat, dass die Annahme der Sparkasse, es habe keine Gründungsversammlung stattgefunden, nur auf einer Schlussfolgerung aufgrund der von ihr geltend gemachten Unstimmigkeiten beruht. Da jedoch nach der für die Beurteilung eines Gehörsverstoßes maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz eine Prüfung satzungsrechtlicher Verstöße nicht in Betracht kam und damit der beklagtenseits gezogenen Schlussfolgerung die Grundlage entzogen war, musste das Berufungsgericht dem Bestreiten der Gründungsversammlung nicht weiter in den Entscheidungsgründen nachgehen. In der Sache wendet sich die Beklagte gegen die berufungsgerichtliche Würdigung ihres Vorbringens. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme einer Gehörsverletzung.
Aufgrund dessen kann das Gericht offenlassen, ob die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs überhaupt Erfolg haben kann, wenn sie sich auf Vorbringen zu Prozesstatsachen bezieht, deren Feststellung dem Rechtsmittelgericht selbst obliegt und dadurch der geltend gemachte Gehörsverstoß in der Rechtsmittelinstanz jedenfalls geheilt wird.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 2018 – 6 C 2.17
- stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24.06.2004 – 2 C 45.03, BVerwGE 121, 140, 144 m.w.N.[↩]
- GVBl.2005, 346[↩]
- vgl. Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl.2011, § 5 PartG Rn. 4[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.2014 – 2 BvR 1006/14, NVwZ 2014, 1572 Rn. 11 m.w.N.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.03.2007 – 2 BvR 447/07 – BVerfGK 10, 363, 364[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 Rn. 633 ff., 845, 896 ff.[↩]
- vgl. BT-Drs. 18/12357 S. 2, 4 und 6 sowie BT-Drs. 18/12358[↩]
- BGBl. I S. 2346[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 a.a.O. Rn. 527, 625; BVerwG, Urteil vom 27.06.2018 – 10 CN 1.17 [ECLI:?DE:?BVerwG:?2018:?270618U10CN1.17.0], NVwZ 2018, 1656 Rn. 40, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen[↩]
- vgl. zu diesem Grundsatz: BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 a.a.O. Rn. 526; BGH, Urteil vom 11.03.2003 – XI ZR 403/01 – BGHZ 154, 146, 151[↩]
- BGBl. I S. 1822[↩]
- BGBl. I S. 1102[↩]
- BT-Drs. 16/9038 S. 33[↩]
- stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 27.01.2015 – 6 B 43.14 [ECLI:?DE:?BVerwG:?2015:?270115B6B43.14.0], Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 25[↩]