Der Schiedsvertrag des ausländischen Brokerunternehmens

Zur Formnichtigkeit einer Schiedsklausel in einem Vertrag zwischen einem ausländischen Broker und einem inländischen Verbraucher, der die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zum Gegenstand hat, hat jetzt der Bundesgerichtshof Stellung genommen:

Der Schiedsvertrag des ausländischen Brokerunternehmens

Zunächst hat der Bundesgerichtshof die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage gegen das ausländische Brokerunternehmen bejaht: Nach dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vortrag der Kläger ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß der hier anwendbaren Regelung des § 32 ZPO gegeben1.

Der Geltendmachung eines Anspruchs wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung steht auch die durch die Beklagte erhobene Einrede des Schiedsvertrages nicht entgegen, entschied der Bundesgerichtshof sodann:

Einem der beiden Kläger fehlt bereits die subjektive Schiedsfähigkeit, weil er kein Kaufmann ist, so dass die in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel, auf welche das beklagte Brokerunternehmen sich stützt, nach § 37h WpHG unverbindlich ist2.

Ob der andere Kläger Kaufmann ist, hat das Berufungsgericht offen gelassen, so dass nach dem revisionsrechtlich vom Bundesgerichtshof zu unterstellenden Vortrag der Beklagten § 37h WpHG in Bezug auf ihn der Verbindlichkeit der Schiedsklausel nicht entgegensteht. In Bezug auf das im Jahr 2001 begründete Rechtsverhältnis des Klägers ist der am 1. Juli 2002 in Kraft getretene § 37h WpHG zeitlich noch nicht anwendbar.

Im Verhältnis zu den Klägern nach Ansicht ist die Schiedsklausel gleichwohl deswegen unwirksam, weil sie formungültig ist.

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Wie der Bundesgerichtshof bereits zu einer vergleichbaren von der Beklagten verwendeten Schiedsklausel entschieden und im einzelnen begründet hat, wahrt sie die Schriftform des Art. II UNÜ nicht3.

Schließlich genügt die Schiedsklausel auch nicht den Formvorschrif-ten des deutschen Rechts (§ 1031 Abs. 5 ZPO), dessen Anwendung hier über den Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII UNÜ) eröffnet ist.

Zustandekommen und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bemessen sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Kollisionsfall nach den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts4. Die danach im Streitfall zeitlich noch anwendbaren Art. 27 ff. EGBGB aF5 führen in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem für die Schiedsvereinbarung keine Rechtswahl getroffen ist, zur Geltung des Sachrechts des Staates, in dem der Anleger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Schiedsklauseln in Verbraucherverträgen im Sinne von Art. 29 EGBGB aF enthalten sind6.

Danach ist deutsches Recht anzuwenden, da die Kläger ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und es sich bei den Kontoführungsverträgen, in denen die Schiedsklausel enthalten ist, um Verbraucherverträge handelt. Die Kläger haben ausdrücklich vorgetragen, dass sie die streitgegenständlichen Geschäfte zu privaten Zwecken und damit als Verbraucher getätigt haben. Demgegenüber haben die in der Einredesituation für das wirksame Zustandekommen der Schiedsvereinbarung darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten7 keine die Verbrauchereigenschaft der Kläger entgegenstehenden Umstände dargelegt. Der allgemeine Hinweis auf eine „selbstständige“ Tätigkeit dieser Kläger bzw. der Tätigkeit des Klägers zu 2) als Bauingenieur stehen eine Verbrauchereigenschaft schon deswegen nicht entgegen, weil Bank- und Börsengeschäfte, die der Pflege des eigenen Vermögens dienen, grundsätzlich nicht als berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gelten8.

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Art. 29 (Abs. 1 – 3) EGBGB aF ist vorliegend nicht durch Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB aF ausgeschlossen. Die Beklagte hatte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt Geldleistungen – etwaige Gewinne bzw., wie im Fall der Kläger zu 2) und zu 3) geschehen, bei Vertragsende auf dem Transaktionskonto vorhandene Anlagegelder – in den gewöhnlichen Aufenthaltsstaat der Anleger zu übermitteln, so dass es sich bei dem Kontoführungsvertrag nicht um einen ganz in einem anderen Staat als dem gewöhnlichen Aufenthaltsstaat der Kläger abzuwickelnden Dienstleistungsvertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB aF handelt9.

Da Verträge deutscher Verbraucher vorliegen, sind aufgrund der beson-deren Kollisionsnorm des Art. 29 Abs. 3 Satz 2 EGBGB aF10, die Formvorschriften des deutschen Rechts maßgeblich. Die Voraussetzungen der danach auf Schiedsabreden anwendbaren strengen – den Verbraucherschutz betonenden – Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO sind nicht erfüllt. Die Urkunden, in der sich die Schiedsabreden befinden, enthalten auch andere Vereinbarungen, die sich nicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren beziehen, und sind auch nicht eigenhändig von beiden Vertragsparteien unterzeichnet worden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.01.2011 – XI ZR 350/08

  1. vgl. BGH, Urteile vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 18 f.; vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 17; und – XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 17[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 20 f.; und vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 21 f., jeweils mwN[]
  3. vgl. BGH, Urteile vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 25 ff.; und – XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 19 ff., jeweils mwN[]
  4. BGH, Urteile vom 28.11.1963 – VII ZR 112/62, BGHZ 40, 320, 322 f.; vom 29.02.1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384, 386; vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 30; und – XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 26[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2005 – III ZB 18/05, WM 2005, 2201, 2203[]
  6. vgl. BGH, Urteile vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 35; und – XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 29[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 22[]
  8. vgl. BGH, Urteile vom 23.10.2001 – XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86; und vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 34; OLG Frankfurt, WM 2009, 718, 719; Reithmann/Martiny/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 2351; Staudinger/Magnus, BGB [2002], Art. 29 EGBGB Rn. 33[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2010 – XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 36 mwN[]
  10. vgl. dazu PWW/Remien, BGB, 5. Aufl., ex Art. 29 EGBGB Rn. 24 mwN[]
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