Der Verkaufsprospekt beim Schiffsfonds – und die Frage der Risikostreuung

Aussagen im Verkaufsprospekt, nach denen durch die Verteilung der Investition auf verschiedene Charterer und Größenklassen eine „Risikostreuung“ eintreten würde, ist weder falsch noch zumindest irreführend. Insoweit liegt auch kein erheblicher Prospektfehler vor.

Der Verkaufsprospekt beim Schiffsfonds – und die Frage der Risikostreuung

Aussagen im Prospekt dürfen nicht isoliert, sondern müssen im Zusammenhang betrachtet werden.Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das der Prospekt dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt1.

Nach diesen Grundsätzen war für einen durchschnittlichen Anleger erkennbar, dass die Risikostreuung nicht alleine durch unterschiedliche Schiffsgrößen, sondern auch durch verschiedene Charterer und Anfangsbeschäftigungen mit unterschiedlich langen Laufzeiten, also durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren erfolgen sollte. Diese Faktoren decken unterschiedliche Bereiche ab. So bewirkt eine Verteilung auf mehrere Charterer, dass Vertragsverletzungen eines Vertragspartners nicht alle Schiffe betreffen, während unterschiedlich lange Charterlaufzeiten es verhindern sollen, dass bei möglicherweise schlechter Marktlage gleichzeitig für alle Schiffe neue Verträge abgeschlossen werden müssen. Dass bei der Darstellung der Schiffsgrößen auf Seite 6 die Aussage getroffen wird, dass sich die Investitionen auf verschiedene kleine und mittlere Größenklassen verteilen und dadurch eine Risikostreuung erreicht wird, verdeutlicht daher nur, dass bereits durch diesen Faktor eine Streuung bestimmter Risiken bewirkt werden kann. Die Aussage, dass allein die unterschiedlichen Größenklassen der Schiffe geeignet sind, „dem wirtschaftlichen Misserfolg der Anlage entgegenzuwirken“, stellt der hier streitgegenständliche Prospekt damit nicht auf.

Weiterlesen:
Emissionsprospekt - und die Aufklärungspflicht aus strukturellen Gründen

Auch wecken derartige Prospektangaben beim Anleger auch nicht die Erwartung, dass mit dem Erwerb von mehreren Schiffen unterschiedlicher Größenklassen eine negative Entwicklung der Charterrate bei einer Schiffsgröße durch eine positive Entwicklung bei einer anderen Schiffsgröße ausgeglichen wird. Bei der Darstellung der Ratenentwicklung auf Seite 38 des Prospekts wird darauf hingewiesen, dass der Chartermarkt seit Ende der 90er Jahre höhere Schwankungsbreiten aufgewiesen habe. Weiter führt der Prospekt aus, dass die zukünftige Entwicklung der Raten von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sei, insbesondere von der wirtschaftlichen Entwicklung in Asien und der damit verbundenen Nachfrage nach Containerschiffen sowie der Neubautätigkeit von Reedereien. Aufgrund dieser Informationen und der grafischen Darstellung der Entwicklung der Charterraten von Januar 1993 bis Juli 2005 auf Seite 39 des Prospekts konnte und musste der Anleger den Prospekt dahingehend verstehen, dass sich die Charterraten der Schiffsgrößen 1.000 T€, 1.700 T€ und 3.500 T€ mit unterschiedlicher Intensität ungefähr zeitgleich positiv oder negativ entwickeln. Damit wurde für den Anleger auch deutlich, dass eine Abschwächung des Welthandels oder eine weltweite Wirtschaftskrise Auswirkungen auf sämtliche Größenklassen haben kann, sich die Auswirkungen in der Schwere aber durchaus von Größenklasse zu Größenklasse unterscheiden können und die Wirkung der Risikostreuung darauf beschränkt ist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Mai 2021 – XI ZB 19/18

  1. BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2018 – XI ZB 3/16, BGHZ 220, 100 Rn. 40 mwN; und vom 23.02.2021 – XI ZB 29/19, n.n.v., Rn. 78[]
Weiterlesen:
Prospekthaftung der Gründungsgesellschafter