Die fehlgeschlagene Kapitalanlage – und der Prospektfehler

In Kapitalanlagefällen kann der Tatbestand des § 826 BGB dadurch verwirklicht werden, dass ein Prospektverantwortlicher Anlageinteressenten mittels eines fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts zum Abschluss eines Vertrages veranlasst, den sie sonst nicht geschlossen hätten1. Erforderlich ist allerdings, dass das Verhalten des Prospektverantwortlichen als sittenwidrig zu werten ist und er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Beides ist getrennt festzustellen2.

Die fehlgeschlagene Kapitalanlage – und der Prospektfehler
  • Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genügt die Verwendung eines objektiv unrichtigen Prospekts regelmäßig noch nicht3. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit hinzutreten; besondere Umstände müssen das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen4. Das Vorstandsmitglied einer Kapitalgesellschaft kann eine darauf angelegte bewusste Täuschung etwa durch Aufstellung und Veröffentlichung eines (grob) fehlerhaften Jahresabschlusses oder Zwischenabschlusses begehen, und zwar unabhängig davon, ob der Abschluss später Bestandteil eines Wertpapierprospekts geworden ist oder noch werden soll.
  • Der gemäß § 826 BGB erforderliche Schädigungsvorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt beziehungsweise vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt5.
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Februar 2023 – III ZR 117/20

  1. stRspr, zB BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 12 mwN[]
  2. BGH aaO[]
  3. BGH aaO Rn. 21[]
  4. BGH aaO Rn. 16 mwN[]
  5. BGH aaO Rn. 25 mwN[]