Für die Annahme, dass zwischen den Parteien kein bloß zweigliedriges Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist, sondern der Anleger einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger anfänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung finden1, kommt es allein auf die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen an und ist es nicht erforderlich, dass im Gesellschaftsvertrag das Wort „mehrgliedrig“ ausdrücklich aufgeführt wird2.

Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft schließt aber einen Anspruch des Anlegers auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihm – nach seinem Vorbringen – durch pflichtwidriges Verhalten der für die Publikumsgesellschaft handelnden Personen im Zusammenhang mit seinem Beitritt zur Gesellschaft entstanden sind, nicht von vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft beteiligt hat, das stille Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel durch sofort wirksame Kündigung beenden und unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften) Gesellschaftsverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet ist3.
Da in der Erklärung eines Gesellschafters, seinen Beitritt mit rückwirkender Kraft beseitigen zu wollen, in der Regel sein Wille zum Ausdruck kommt, die Bindung an die Gesellschaft und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger Wirkung zu beenden4, kann auch im vorliegenden Fall bereits in der Klageerhebung eine Kündigung des (stillen) Gesellschaftsverhältnisses durch den Anleger gesehen werden. Dass der Anleger seinen Schadensersatzanspruch nicht unter Anrechnung eines etwaigen Abfindungsguthabens berechnet hat, rechtfertigt eine (vollständige) Abweisung der Klage nicht, weil der Geschädigte nicht ohne weiteres an eine von ihm ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden ist5 und dem Anleger daher Gelegenheit gegeben werden muss, sein Klagevorbringen an die in den Vorinstanzen nicht erörterten rechtlichen Vorgaben der BGH-Entscheidungen vom 19.11.2013 anzupassen.
Ob und in welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesellschafter bestehen und aus dem Vermögen der Publikumsgesellschaft befriedigt werden können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Publikumsgesellschaft darlegen und beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch des Anlegers gegenüber darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zumindest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre selbst für den Fall des Bestehens eines solchen Hindernisses das auf Zahlung eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren des Anlegers dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gegeben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Publikumsgesellschaft im Zeitpunkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht ausreichte, einer Feststellung seines Bestehens nicht entgegen.
, Urteil vom 27. Januar 2015 – II ZR 349/13
- vgl. BGH, Urteil vom 16.12 2014 – II ZR 376/13 Rn. 11 f. unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19.11.2013 – II ZR 320/12 14 ff.[↩]
- wie es in BGH, Beschluss vom 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 18 der Fall war[↩]
- BGH, Urteil vom 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 28 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.12 1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338, 344 f.; Urteil vom 16.12 2002 – II ZR 109/01, BGHZ 153, 214, 223[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2011 – VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 4 mwN[↩]