Mit der Frage der ordnungsgemäßen Beratung eines Anlegers im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen. Konkret ging es um Fragen des Anlageziels, der Fungibilität, sowie des Haftungsrisikos als GbR-Gesellschafter:

Im Rahmen der von dem Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung müssen die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein1. Soll das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage dienen, kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft sein2. Andererseits rechtfertigt nicht schon allein der Umstand, dass die Kapitalanlage auch der ergänzenden Altersvorsorge hat dienen sollen, den Schluss, die Empfehlung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds stelle keine anlegergerechte Beratung dar3. Dies gilt insbesondere dann, wenn bereits eine ausreichende Absicherung für das Alter besteht und es gerade auch darum gehen soll, Steuern einzusparen; denn Letzteres ist regelmäßig nicht ohne Verlustrisiko zu erreichen4. Darüber hinaus handelt es sich bei einem geschlossenen Immobilienfonds um eine Art der Unternehmensbeteiligung, bei der das Risiko eines hohen oder vollständigen Kapitalverlusts gering ist, weil selbst bei unzureichendem Mietertrag jedenfalls der Sachwert des Immobilienvermögens normalerweise erhalten bleibt5. Dass ein Teil des Fondskapitals fremdfinanziert wird, macht die Fondsbeteiligung noch nicht zu einer „hochspekulativen“ Anlage, die für eine nur ergänzende Altersvorsorge von vorneherein als untauglich angesehen werden müsste6.
Ein Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten, dem er zur Eingehung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist7. Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt8. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt9.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs10 genügt es, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Veräußerung der Beteiligung mangels eines institutionalisierten Zweitmarkts praktischen Schwierigkeiten begegnen kann und die Beteiligungen langfristig ausgerichtet sein sollten. Soweit die Unterstützung bei etwaigen Verkaufswünschen angeboten wird, enthält dies (inzident) eine Bestätigung dafür, dass es keinen allgemein zugänglichen geregelten Zweitmarkt gibt.
Der Anleger muss über das persönliche Haftungsrisiko als GbR-Gesellschafter aufgeklärt werden. Allerdings gerichts muss der Anleger auf das Risiko einer etwaigen Haftung nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht ungefragt hingewiesen werden. Dieses Risiko verwirklicht sich nur, wenn die Geschäftsführung pflichtwidrig handelt. Das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei (zumal planmäßigen oder wiederholten) Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, kann als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden und bedarf grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage. Anders kann es nur liegen, wenn bestimmte Pflichtverletzungen aus strukturellen Gründen als sehr naheliegend einzustufen sind.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Dezember 2014 – III ZR 365/13
- s. etwa BGH, Urteile vom 24.04.2014 – III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075, 1078 Rn. 27; und vom 06.12 2012 – III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296, 297 Rn.20 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO; vom 06.12 2012 aaO Rn. 22; vom 08.07.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 157 f Rn. 18; vom 19.11.2009 – III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 120 Rn. 21; und vom 19.06.2008 – III ZR 159/07, BeckRS 2008, 13080 Rn. 6[↩]
- s. BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO Rn. 28; und vom 06.12 2012 aaO[↩]
- s. BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO; und vom 19.06.2008 aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO; und vom 08.07.2010 aaO mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 24.04.2014 aaO[↩]
- s. etwa BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO S. 1076 Rn. 14; vom 20.06.2013 – III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 7; und vom 19.11.2009 – III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 120 Rn.20[↩]
- BGH, Urteil vom 20.06.2013 aaO mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 20.06.2013 aaO Rn. 12 mwN[↩]
- vgl. für weitgehend inhaltsgleiche Belehrungen in Anlageprospekten BGH, Urteile vom 24.04.2014 aaO S. 1076 f Rn. 14; und vom 20.06.2013 aaO Rn. 13[↩]