HRE – Kapitalerhöhung

Durch den Beschluss der Hauptversammlung der HRE über die Kapitalerhöhung sind die Aktionäre weder enteignet worden noch liegt eine unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentumsgrundrechts der Aktionäre vor.

HRE – Kapitalerhöhung

Das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz selbst ist weder ein nach dem Grundgesetz unzulässiges Einzelfallgesetz noch hat es automatisch zum Ausschluss des Bezugsrechts geführt. Auch die mit dem Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz ermöglichte Verkürzung der Einberufungsfrist stellt keine Grundrechtsverletzung dar.

Mit dieser Begründung hat das Landgericht München I die Anfechtungsklagen mehrere HRE-Aktionäre betreffend den Beschluss der Hauptversammlung der HRE vom 2. Juni 2009 über eine Kapitalerhöhung gegen Bezugrechtsausschluss abgewiesen. Der HRE drohte in den Jahren 2008 und 2009 mehrfach der finanzielle Kollaps. Daran änderte sich auch nichts, als der Bund und einige Privatbanken die Liquidität der HRE zwischenzeitlich mehrmals durch Finanzhilfen in Milliardenhöhe gesichert hatten. Deshalb beschloss der Bund schließlich, die HRE zu übernehmen. Durch das Angebot, den HRE-Aktionären die Aktien für je 1,39 € abzukaufen, konnte jedoch lediglich eine Aktienbeteiligung von ca. 47% erworben werden. Zum Erwerb der gesamten Bank musste allerdings eine Aktienbeteiligung von mindestens 90% erworben werden, um dann auch noch die restlichen Aktionäre hinausdrängen zu können (sog. Squeeze out). Die Wirksamkeit des Squeeze-Out-Beschlusses, der später gefasst wurde, war nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Mit dem Beschluss der Hauptversammlung sollte das Grundkapital der HRE um bis zu 5,6 Mrd. € erhöht werden können, wobei die Aktionäre vom Bezug der im Zuge dessen neu ausgegebenen Aktien ausgeschlossen wurden. Einige Aktionäre griffen den Beschluss über die Kapitalerhöhung mit Anfechtungsklagen an. Sie sahen sich durch die Kapitalerhöhung enteignet. Moniert wurde aber auch, dass der Gesetzgeber im Jahr 2009 mit dem sogenannten Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz die gesetzliche Frist zur Einberufung einer Hauptversammlung von mindestens 30 Tagen auf mindestens einen Tag verkürzt hatte, damit im Notfall – wie etwa bei der HRE – schnell gehandelt werden konnte. Die HRE machte bei der Einberufung der Hauptversammlung von dieser Möglichkeit der Verkürzung Gebrauch. Durch diese Verkürzung der Einberufungsfrist sahen die Kläger ihre Mitwirkungs- und Teilnahmerechte als Aktionäre verletzt.

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Nach Auffassung des Landgerichts München I ist es im Zusammenhang mit dem angegriffenen Hauptversammlungsbeschluss zu keiner Verletzung von Grundrechten gekommen. Es liegt danach weder eine Enteignung noch eine unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentumsgrundrechts der Aktionäre vor. Das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz selbst sei weder ein nach dem Grundgesetz unzulässiges Einzelfallgesetz noch habe es automatisch zum Ausschluss des Bezugsrechts geführt. Dafür sei vielmehr der Beschluss der Hauptversammlung nötig gewesen; dabei handele es sich jedoch um einen privatrechtlichen Akt und nicht um einen staatlichen Eingriff.

Auch die mit dem Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz ermöglichte Verkürzung der Einberufungsfrist stelle keine Grundrechtsverletzung dar. Die erheblichen Auswirkungen der Finanzmarktkrise und das daraus erwachsende Erfordernis einer raschen Reaktion lasse die Verkürzung der Einberufungsfrist im Lichte der Vorgaben des Grundgesetzes nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Insoweit müsse auch berücksichtigt werden, dass das Erfordernis einer raschen Beschlussfassung im Einzelfall auch der Abwendung einer Insolvenz dienen könne. Durch die gesetzliche Verkürzung der Einberufungsfrist sei auch nicht gegen europäisches Recht verstoßen worden. Nach der EU-Richtlinie betreffend die Ausübung von Aktionärsrechten1 muss die Einberufungsfrist für eine Hauptversammlung mindestens 21 Tage betragen, damit sich die Aktionäre ausreichend vorbereiten können. Eine Gesetzesverletzung liege insofern hier nicht vor, weil die maßgebliche Umsetzungsfrist im Zeitpunkt der Hauptversammlung noch nicht abgelaufen war, zumal diese Frist von 21 Tagen auch gewahrt wurde.

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Zuletzt konnte das Gericht auch hinsichtlich der Vorbereitung der Hauptversammlung und der dort erfolgten Beschlussfassung keinen Verstoß gegen das Aktiengesetz feststellen.

Landgericht München I, Urteil vom 1. März – 5 HK O 12377/09

  1. EU-Richtlinie 2007/36/EG[]