Kapitalanleger-Musterverfahren – und das nicht mehr entscheidungserhebliche Feststellungsziel

Der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss wird hinsichtlich eines Feststellungsziels gegenstandslos, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist1.

Kapitalanleger-Musterverfahren – und das nicht mehr entscheidungserhebliche Feststellungsziel

Das ist im hier entschiedenen Fall für das Feststellungsziel, mit dem geltend gemacht wird, die Musterbeklagten hätten diese Prospektfehler bei sachkundiger und sorgfältiger Prüfung erkennen können und hinsichtlich dieser Prospektfehler schuldhaft gehandelt, sowie für das Feststellungsziel, wonach die Durchführung vorgerichtlicher Güteverfahren nicht rechtsmissbräuchlich gewesen sei, der Fall. Der Vorlagebeschluss ist dahin auszulegen, dass die Prospektfehler ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen2. Da eine solche Haftung in Bezug auf die Musterbeklagten aus Rechtsgründen nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu Prospektfehlern und zum Verschulden nicht mehr an.

Die Frage, ob die vorgerichtliche Durchführung von Güteverfahren im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 4a BGB rechtsmissbräuchlich war, bezieht sich ebenfalls ausschließlich auf eine Prospekthaftung der Musterbeklagten im weiteren Sinne, an der es hier fehlt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. April 2022 – XI ZB 32/19

  1. BGH, Beschlüsse vom 22.11.2016 – XI ZB 9/13, BGHZ 213, 65 Rn. 106; vom 19.09.2017 – XI ZB 17/15, BGHZ 216, 37 Rn. 49; vom 23.10.2018 – XI ZB 3/16, BGHZ 220, 100 Rn. 61; vom 06.10.2020 – XI ZB 28/19, WM 2020, 2411 Rn. 54; und vom 11.01.2022 – XI ZB 1/21 25[]
  2. vgl. BGH, Beschlüsse vom 19.09.2017 – XI ZB 17/15, BGHZ 216, 37 Rn. 54; vom 12.10.2021 – XI ZB 26/19, WM 2021, 2386 Rn. 28; und vom 11.01.2022 – XI ZB 1/21 26[]
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