Bei einem Filmfonds besteht das Hauptrisiko für den Anleger zumeist in der Abhängigkeit des wirtschaftlichen Erfolges vom erwarteten oder erhofften Geschmack des Kinopublikums. Ein Fondsprospekt kann fehlerhaft sein, wenn dieses Risiko verharmlost oder verschleiert wird, beispielsweise durch die unzutreffende Darstellung, ein Totalverlust sei nur bei einem kumulativen „Zusammentreffen mehrerer Risiken“ möglich.

Die Werbung im Prospekt eines Filmfonds mit dem angeblichen Erfolg eines gleichartigen Vorgängerfonds („Die Fortsetzung der Erfolgsstory“) ist fehlerhaft, wenn eine Aussage über einen wirtschaftlichen Erfolg des Vorgängerfonds zum Zeitpunkt der Werbung nicht möglich ist, weil sich der Erfolg oder Misserfolg auf Grund der speziellen Konzeption des Fonds erst einige Jahre später erkennen lässt. Ob der Vorgängerfonds in seiner Anfangsphase schon bekannte oder künstlerisch wertvolle Filme produziert hat, ist dabei ohne Bedeutung.
Eine „Modellrechnung“, in der die Erfolgszahlen der langjährigen Weltmarktführer zu Grunde gelegt werden (hier: Erfolgszahlen der sogenannten US-Major-Filmstudios), ist keine geeignete Grundlage zur Beschreibung der Marktchancen eines Marktneulings auf dem Filmmarkt (hier: des Filmfonds IMF 2).
Im Rahmen des Beratungsvertrages ist der Fondsvertrieb verpflichtet, die Interessen des von ihm beratenen Anlegers wahrzunehmen. Dabei hat der Berater insbesondere diejenigen Eigenschaften und Risiken des Filmfonds zu erläutern, die für die Entscheidung des Anlegers wesentliche Bedeutung haben können1.
Für den streitgegenständlichen Filmfonds bedeutete dies, dass der Berater vor allem zwei zentrale Punkte erläutern musste: Der Fonds konnte zum Zeitpunkt des Beitritts des Anlegers nicht auf bestimmte Filmproduktionen in der Vergangenheit bzw. auf bestimmte Filmrechte zurückgreifen. Vielmehr sollten die Spielfilme, deren Auswertung für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds maßgeblich sein sollte, erst mit dem eingeworbenen Eigenkapital und Fremdmitteln aus Zwischenfinanzierungen entwickelt und produziert werden. Damit hing die Sicherung des Anlagekapitals in besonderem Maße vom unternehmerischen Erfolg des Fonds ab. Das Hauptrisiko des Fonds bestand darin, bei den Filmproduktionen die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen2. Der zweite zentrale Punkt für die Entscheidung des Anlegers war die Einschätzung des für den Fonds maßgeblichen Filmmarkts. Wesentlicher Teil der an den Interessen des Anlegers orientierten Beratung musste daher eine korrekte und zutreffende Beschreibung des für den Erfolg des Fonds maßgeblichen Filmmarkts sein, soweit sich dieser Markt zum Zeitpunkt des Beitritts für die Anlageberatungsgesellschaft einschätzen ließ.
Die Anlageberatungsgesellschaft war nicht gehindert, sich bei ihren Beratungsleistungen auf den Emissionsprospekt des Fondsherausgebers zu stützen. Allerdings durfte die Anlageberatungsgesellschaft werbende Darstellungen des Prospekts in der Beratung insoweit nicht übernehmen, als diese Darstellungen für den Anleger in wesentlichen Punkten ein unzutreffendes Bild vermittelten. Die Anlageberatungsgesellschaft war dabei – anders als ein Vermittler – nicht nur zu einer Plausibilitätsprüfung des Prospekts verpflichtet. Vielmehr musste sie, soweit ihr dies möglich war, den Prospekt mit „kritischem Sachverstand“ prüfen, und den Anleger auf für sie erkennbare Fehler im Prospekt hinweisen, oder den Anleger zumindest darüber aufklären, dass bestimmte, wesentliche Darstellungen im Prospekt keine gesicherte Grundlage hatten.3
Erhebliche Fehler des vorgelegten Emissionsprospekts führen im vorliegenden Fall zur Feststellung eines Beratungsfehlers. Denn es ist davon auszugehen, dass der Anleger auf der Grundlage des Prospekts beraten wurde. Daher haben sich die Prospektfehler in entsprechenden Beratungsfehlern fortgesetzt, für welche die Anlageberatungsgesellschaft verantwortlich ist.
Der Prospekt weist einen wesentlichen Fehler auf, weil das Risiko eines Totalverlustes bei unternehmerischem Misserfolg verharmlost wird.
Das Risiko eines Verlustes des Anlagevermögens ist bei einem Filmfonds anders einzuschätzen als bei anderen Anlagearten, insbesondere auch anders als bei einem Immobilienfonds. Bei einem Immobilienfonds gibt es in der Regel einen Sachwert, der dem Anlagekapital gegenübersteht, nämlich die vorhandenen Immobilien, während der Filmfonds IMF 2 kein Sachvermögen erwerben sollte, sondern allein vom Auswertungserfolg der noch zu entwickelnden und zu produzierenden Spielfilme abhängig sein sollte. Der Erfolg des Fonds einerseits bzw. ein möglicher Verlust des Anlagekapitals andererseits war nach der Konzeption des Fonds mithin hauptsächlich davon abhängig, inwieweit es gelingen würde, bei den Filmproduktionen den Publikumsgeschmack zu treffen4.
Der Prospekt eines Filmfonds muss dieses besondere Risiko in angemessener Weise darstellen. Dabei kann es nicht ausreichen, dass – nur – an irgendeiner Stelle der Begriff „Risiko des Totalausfalls“ gebraucht wird. Denn eine solche Begriffsbildung ist für sich allein wenig aussagekräftig, da ein „Totalausfall“ grundsätzlich auch bei einer (im Hinblick auf die Risiken nicht vergleichbaren) festverzinslichen Anleihe einer deutschen Großbank in Betracht kommt, nämlich dann, wenn die Bank in Insolvenz geraten sollte. Entscheidend ist vielmehr, dass der Prospekt hinsichtlich des konkreten Totalausfallrisikos bei dem Filmfonds ein zutreffendes Bild vermittelt. Dabei kommt es auf den Gesamteindruck an, der sich einem verständigen Anleger bei einer Lektüre des Prospekts vermittelt. Bei der Beurteilung des Prospekts ist zwar zu erwarten, dass ein Anleger den Prospekt eingehend und sorgfältig liest. Besondere wirtschaftliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen des Anlegers mit einer bestimmten Fondskonstruktion können hierbei jedoch nicht unterstellt werden5.
Diesen Anforderungen wird die Darstellung des Verlustrisikos im Prospekt nicht gerecht. Es kommt zwar das Wort „Totalverlust“ an mehreren Stellen vor. Die Darstellung ist in einem entscheidenden Punkt jedoch unzutreffend und verharmlosend. Der Prospekt weist auf einen möglichen Totalverlust nur mit der Einschränkung hin, dass ein solcher bei einem kumulativen Zusammentreffen mehrerer Risiken möglich wäre:
- „…dass jede Beteiligung an der Medienindustrie Risiken beinhaltet, die im schlechtesten Falle, wenn verschiedene Risiken zusammenfallen (worst case), sogar zum Totalverlust der investierten Mittel führen können.“
- „…um eine unternehmerische Beteiligung handelt, bei der im Extremfall, d. h. wenn mehrere Risiken zusammenfallen (worst case) der Totalverlust des Beteiligungsbetrags eintreten kann.“
- „… dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken das Risiko des Totalverlustes der Beteiligung besteht (worst case).“
Diese Darstellung ist unzutreffend. Denn bereits die Realisierung eines einzigen Risikos, nämlich des sogenannten „Auswertungsrisikos“, kann nach der Konstruktion des Fonds zum vollständigen oder nahezu vollständigen Verlust des Anlagekapitals führen. Die Bedeutung dieses Hauptrisikos, nämlich die Abhängigkeit des Fondserfolges vom erwarteten oder erhofften Publikumsgeschmack2 wird verharmlost bzw. verschleiert6.
Entscheidend für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit ist der Gesamteindruck, der sich aus dem Prospekt ergibt. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Textstellen im Prospekt, die jeweils für sich allein nicht unbedingt als Fehler angesehen werden können, die jedoch im Gesamtzusammenhang den Eindruck einer Verharmlosung des Totalverlust-Risikos verstärken. Durch eine Reihe weiterer Details im Prospekt verstärkt sich für einen Anleger der Eindruck, das Risiko eines Totalausfalls sei eher theoretischer Natur, und daher für eine Entscheidung des Anlageinteressenten kaum relevant:
- Auf Seite 74 des Prospekts werden die „Chancen und Risiken aus der Filmauswertung“ beschrieben. Dabei heißt es zwar, „Das wesentliche Risiko in der Auswertung von Filmen liegt in der Publikumsakzeptanz“, was in einer Randnotiz durch die Umformulierung „ein wesentliches Risiko …“ noch etwas relativiert wird. Dass genau dieses Risiko für sich allein zum Verlust des Anlagekapitals führen kann, wird in dem betreffenden Prospektabschnitt nicht erwähnt. Vielmehr werden in diesem Abschnitt vorrangig Maßnahmen zur Sicherung eines Erfolgs geschildert („… Abnahme- und Vertriebsverträge …“, „Partner für den Weltvertrieb …“, „… Abnahmegarantiezahlungen und Rückflüsse …“, „… Vereinbarungen mit diesen Partnern …“, „… bestmögliches know-how …“, „… Werbe- und Marketingmaßnahmen …“ etc.).
- Auf Seite 8 des Prospekts wird hervorgehoben, dass der Fonds mehrere Filme „zur Risikostreuung“ produzieren soll. Es fehlt in diesem Zusammenhang ein Hinweis auf das Hauptrisiko (Publikumsgeschmack).
- Ebenfalls auf Seite 8 heißt es, es könne bei der Filmproduktion „eine gewisse Vermögensgefährdung“ entstehen, „wenn außergewöhnliche Ereignisse eintreten…, wie z. B. Krieg, Bürgerkrieg, Aufstände …“. Der Begriff „Vermögensgefährdung“ bedeutet eine Relativierung des Totalverlustrisikos.
- Die Ausführungen auf Seite 22 beginnen mit der Überschrift „Die Minimum-Vertriebsgarantie“. Die Überschrift suggeriert ein Sicherheitselement für den Anleger. Dieses ist jedoch für das Eigenkapital nicht vorhanden. Denn mit der „Minimum-Vertriebsgarantie“ sollte bei den beabsichtigten Spielfilmproduktionen nur das zur Zwischenfinanzierung aufgenommene Fremdkapital abgesichert werden, nicht jedoch das von den Anlegern eingesetzte Anlagekapital.
- Sicherheit wird auf Seite 23 durch die Überschriften „Das US-Major-Filmstudio“ und „Weltvertrieb und Abnahmegarantien“ nahe gelegt. Das Risiko des Publikumsgeschmacks wird durch die unter diesen Überschriften abgehandelten Gesichtspunkte jedoch kaum vermindert.
- Eine wesentliche Rolle spielt auf Seite 33 die Darstellung der „Sicherungskette der IMF 2“, womit „Treuhänderische Mittel-Verwendungskontrolle“, „Minimumverleih-Garantie“, „Treuhandverwaltung der Erlöse“, „Weltvertrieb“, „US-Major-Filmstudio“ und „Completion-Bond“ gemeint sind. Die „Sicherungskette“, einschließlich der bildlichen Darstellung der Kette im Prospekt, schwächt die anderweitig erteilten Risikohinweise ab, die Ausführungen in der textlichen Erläuterung der „Sicherungskette“ verstärken gleichzeitig den Eindruck einer nahezu „geschlossenen Sicherungskette“. Der Hinweis auf eine „gewisse Unsicherheit“ korrespondiert nicht mit dem weiter vorhandenen Hauptrisiko.
- Im Abschnitt „Die Modellrechnung“ werden unterschiedliche Szenarien der wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds erläutert, einschließlich einem Berechnungsbeispiel „Flop“. Auch das Berechnungsbeispiel „Flop“ führt im Prospekt jedoch immer noch zu einer Mindestrendite nach sechs Jahren von insgesamt 33 %, und nicht zu einem Verlust von Anlagekapital. Damit wird der (ohnehin verharmlosende, siehe oben) Hinweis auf einen möglichen „Totalverlust“ an anderen Stellen des Prospekts konterkariert.
- Auf Seite 72 des Prospekts heißt es zu den „Chancen und Risiken aus der Filmproduktion“, diese seien „grundsätzlich … durch Abschluss von entsprechenden Versicherungen begrenzt …“. Auch wenn der Abschluss dieser Versicherungen bei einer Filmproduktion sinnvoll und vernünftig sein mag, wird nicht deutlich, dass es dabei nicht um eine Begrenzung des Risikos geht, das einen möglichen Verlust des Anlagekapitals betrifft.
Der Prospekt hebt zwar an verschiedenen Stellen den unternehmerischen Charakter der Beteiligung hervor, der mit verschiedenen Risiken verbunden sei. Diese Hinweise sind nach Auffassung des Oberlandesgerichts jedoch nicht ausreichend, den fehlerhaften Gesamteindruck einer Verharmlosung des Hauptrisikos zu korrigieren. Im Einzelnen:
- Auf Seite 8 des Prospekts ist im Text von „außergewöhnlich hohen Chancen auf Rückflüsse und Ausschüttungen“ die Rede, denen „entsprechend hohe Risiken gegenüber stehen“. Im Folgenden werden zwar verschiedene Risiken dargestellt. Dabei wird jedoch das Hauptrisiko des „Publikumsgeschmacks“ weder dargestellt noch hervorgehoben.
- Auf Seite 8 des Prospekts ist zwar von einer „unternehmerischen Beteiligung an diesem hochinteressanten Wachstumsmarkt“ die Rede. Es fehlt jedoch die erforderliche Konkretisierung, was die „unternehmerische Beteiligung“ im Hinblick auf das Hauptrisiko für den Anleger bedeuten kann.
- Im Abschnitt „Die Modellrechnung“ wird zwar hervorgehoben, „dass die tatsächlichen Ergebnisse von den im Modell dargestellten Werten abweichen werden“, und dass der Erfolg eines Spielfilms entscheidend von der Akzeptanz des Publikums abhängt. Es wird auch betont, es seien keine „Garantien für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft aus dem abgebildeten Prognosemodell“ möglich. Mit diesen Formulierungen wird das Ausmaß der Unsicherheiten bei den Annahmen für die Modellrechnung im Prospekt jedoch nicht deutlich. Vielmehr suggeriert die Darstellung verschiedener Szenarien in der „Modellrechnung“ für den Anlageinteressenten eher, dass sich die zu erwartenden Ergebnisse des Fonds bei realistischer Betrachtung voraussichtlich in der Bandbreite der verschiedenen Szenarien bewegen werden. Der Hinweis auf „Unsicherheiten“ in der Modellrechnung ist mithin nicht geeignet, die Mängel bei der Darstellung des Hauptrisikos zu beseitigen.
- Auf Seite 71 ff. des Prospekts werden zwar Risiken und Unwägbarkeiten dargestellt, einschließlich eines Hinweises auf die Abhängigkeit „von der Akzeptanz eines Filmes beim Publikum“. Die möglichen Konsequenzen dieser Risiken werden jedoch für einen Anlegerinteressenten nicht deutlich. Denn im selben Abschnitt „Chancen und Risiken“ findet sich der unzutreffende Hinweis, dass das Risiko eines Totalverlustes der Beteiligung (nur) „im Extremfall, beim Zusammentreffen mehrerer Risiken“ bestehe
Fazit: Die Relativierung des Hauptrisikos (Publikumsgeschmack) im Prospekt (Risiko nur im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken) ist fehlerhaft. Verschiedene andere verharmlosende Formulierungen verstärken den fehlerhaften Gesamteindruck. Die teilweise vorhandenen Hinweise auf Risiken und den unternehmerischen Charakter der Beteiligung sind im Gesamtzusammenhang des Prospekts nicht geeignet, den Fehler bei der Beschreibung des Hauptrisikos zu beseitigen.
Soweit in verschiedenen Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte die Risikobeschreibung im streitgegenständlichen Prospekt nicht beanstandet wurde7, folgt das Oberlandesgericht Karlsruhe diesen abweichenden Entscheidungen nicht. Diese Gerichtsentscheidungen berücksichtigen nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zum einen zu wenig, dass ein bloßer Hinweis auf den Begriff „Risiko des Totalverlustes“ nicht ausreichend ist.8 Denn dieser Begriff für sich allein passt auch auf das gänzlich verschiedene Risiko beispielsweise bei einer festverzinslichen Anleihe einer deutschen Großbank. Zum anderen fehlt in den von der Anlageberatungsgesellschaft zitierten Entscheidungen nach Auffassung des Oberlandesgerichts eine ausreichende Würdigung des Gesamteindrucks des Prospekts.9
Ein weiterer wesentlicher Fehler des Prospekts liegt in unzutreffenden Ausführungen zu dem für einen Erfolg des Fonds maßgeblichen Filmmarkt. Zu Recht weist der Anleger darauf hin, dass auf der Basis des Prospekts für einen Anlageinteressenten ein zu positiver Eindruck von den Marktchancen des Fonds entstehen muss.
Der Anleger hat im Rechtsstreit eine fehlerhafte Darstellung der Marktchancen des Fonds als Prospektfehler gerügt. Aufgrund dieser Rüge ist die Darstellung der Marktchancen im Prospekt vom Oberlandesgericht zu prüfen. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Argumente die Parteien für eine zutreffende oder nicht zutreffende Darstellung der Marktchancen im Prospekt anführen. Denn maßgeblich ist in jedem Fall der vom Oberlandesgericht zu prüfende Gesamteindruck, den der Prospekt zu den Marktchancen vermittelt.
Die Frage der Marktchancen für den Fonds war beim IMF 2 für jeden Anlageinteressenten erkennbar von herausragender Bedeutung, da das gesamte Fondskonzept auf dem von der Fondsinitiatorin angenommenen Markchancen beruhte. Dementsprechend nimmt die Darstellung der Marktchancen im Prospekt einen breiten Raum ein, insbesondere in den Abschnitten „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“, „Der Medien- und Filmmarkt“ und „Die Modellrechnung“. Auch für die Beschreibung der Marktchancen müssen die Angaben in einem Prospekt in den wesentlichen Punkten zutreffend und vollständig sein, wobei es auf den Gesamteindruck ankommt, den ein Anlageinteressent bei sorgfältiger Lektüre des Prospekts gewinnt.
Die Beschreibung des „Marktes“ muss sich an den Voraussetzungen für einen möglichen Erfolg des IMF 2 orientieren. Denn für einen Anlageinteressenten kann es nicht auf die Beschreibung eines beliebigen Filmmarkts ankommen, wenn und soweit dieser Markt für die beabsichtigte Tätigkeit des Fonds nicht relevant ist. Maßgeblich kann vielmehr nur derjenige Markt oder Teilmarkt des Filmgeschäfts sein, auf dem sich der Fonds nach seiner Konzeption bewegen soll. Für die Entscheidung eines Anlageinteressenten kommt es auf diejenigen Marktumstände an, die für den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Fonds IMF 2 relevant sein können. Hiervon ausgehend sind im Prospekt zwei erhebliche Fehler bei der Beschreibung der Marktchancen festzustellen.
Im Prospekt wird zur Beschreibung der Marktchancen auf einen Erfolg hingewiesen, den der von der selben Initiatorin aufgelegte Vorgängerfonds IMF 1 gehabt habe. Die Darstellung dieses „Erfolges“ spielt im Prospekt eine erhebliche Rolle. Der Prospekt beginnt bereits auf Seite 3 mit der Überschrift: „Die Erfolgsstory setzt sich fort“, womit auf den Fonds IMF 1 Bezug genommen wird. Der Vorgängerfonds IMF 1 wird sodann auf Seite 10 und 11 unter Hinweis auf sieben Spielfilmproduktionen dieses Fonds dargestellt, und zwar unter der fettgedruckten Überschrift „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“.
Der Fonds IMF 1 wurde im Jahr 1997 aufgelegt und zum 31.12.1999 geschlossen. Das Volumen des Anlagekapitals für diesen Fonds betrug ca.200 Millionen DM. Im Text der Darstellung finden sich zwar keine Erfolgszahlen zu dem Fonds IMF 1, sondern lediglich Hinweise auf die durchgeführten Produktionen und die beteiligten Regisseure, Produzenten und Darsteller, unter denen viele bekannte Namen bzw. Stars seien. Entscheidend für das Verständnis eines Anlageinteressenten ist in diesem Zusammenhang die Überschrift „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“, die einen wirtschaftlichen Erfolg suggeriert. Denn bei einem Filmfonds kommt es für den Anleger nicht auf einen künstlerischen Erfolg, sondern allein auf einen wirtschaftlichen Erfolg an10. Die Darstellung der „Erfolgsstory“ des IMF 1 ist für einen Anlageinteressenten mithin ein wesentlicher oder entscheidender Gesichtspunkt zur Beurteilung der Marktchancen des IMF 2. Wenn der Vorgängerfonds IMF 1 auf dem Filmmarkt wirtschaftlich erfolgreich war, dann liegt für einen Leser des Prospekts der Schluss nahe, dass der nach dem gleichen Konzept von der selben Initiatorin konzipierte Nachfolgefonds IMF 2 ähnliche Chancen auf dem Filmmarkt hat.11
Die Darstellung des Erfolges des Vorgängerfonds IMF 1 im Prospekt war unzutreffend. Denn im Jahr 2000 gab es keinen wirtschaftlichen Erfolg dieses Fonds. Der Fonds IMF 1 war gleichartig konstruiert wie der streitgegenständliche Fonds IMF 2. Mithin war im Jahr 2000 (ein Jahr nach Schließung des Fonds) nicht absehbar, ob der Fonds wirtschaftlich erfolgreich sein würde. Vielmehr wäre dies erst sehr viel später, nach Beendigung der Auswertungsphase des Filmfonds, feststellbar gewesen. Im Jahr 2000 hatte ausweislich des Prospekts die Auswertung der produzierten Spielfilme des IMF gerade erst begonnen. Gleichzeitig war offen, inwieweit aus den Erlösen des IMF weitere (erfolgreiche oder verlustträchtige) Filme produziert werden sollten. Da die Darstellung des angeblichen wirtschaftlichen Erfolgs des Vorgänger-Fonds IMF1 keine sachliche Grundlage hatte, ist der Prospekt in diesem Punkt fehlerhaft.
Der abweichenden Beurteilung in einigen Entscheidungen des Oberlandesgerichts München12 kann das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht folgen. Entgegen der Auffassung des OLG München vermittelt der Prospekt in diesem Punkt aus den oben dargestellten Gründen keineswegs den Eindruck einer unverbindlichen „werbenden Anpreisung“; vielmehr wird „die Fortsetzung der Erfolgsstory“ im Prospekt als ein Hauptargument für die angeblich hervorragende Marktsituation für die IMF2 genannt. Die Bedeutung der angeblichen „Erfolgsstory“ des Vorgänger-Fonds für den Anleger hat auch die Anlageberatungsgesellschaft eingeräumt. Da für einen Fonds-Anleger der künstlerische Wert eines Films uninteressant ist, kann sich die „Erfolgsbilanz“ nur auf einen angeblichen wirtschaftlichen Erfolg beziehen.
In den zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München wird teilweise darauf hingewiesen, der Vorgänger-Fonds IMF1 habe tatsächlich einen gewissen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, weil zum Zeitpunkt der Prospektierung des IMF 2 für den Vorgänger-Fonds bereits „ein erhebliches Fonds-Volumen“ generiert worden sei13. Diese Beurteilung hält das Oberlandesgericht für nicht zutreffend. Denn die „Generierung eines erheblichen Fonds-Volumens“ hat nichts mit einem wirtschaftlichen Erfolg des Fonds zu tun; sondern daraus ergibt sich lediglich, dass Berater und Vermittler beim Verkauf der Fonds-Anteile sehr erfolgreich waren.
Die für einen möglichen Erfolg des IMF 2 relevante Marktsituation ist im Prospekt in einem weiteren wesentlichen Punkt unzutreffend bzw. unvollständig dargestellt. Die Fondsinitiatorin hat zur Beschreibung des für die Aussichten des Fonds relevanten Filmmarkts eine Modellrechnung verwendet, deren Darstellung und Erläuterung im Prospekt breiten Raum einnimmt. Diese Modellrechnung ist, soweit die verwendeten Zahlen die Verhältnisse auf dem aktuellen Filmmarkt wiedergeben sollen, unzutreffend bzw. hat zumindest keine nachvollziehbare Grundlage. Von dem für den Fonds relevanten Filmmarkt wird durch die Zahlen in der Modellrechnung ein unzutreffendes – zu positives – Bild vermittelt.
Entscheidend für die Modellrechnung – und die damit vermittelte Marktbeschreibung – sind die in die Berechnung eingesetzten Auswertungserlöse aus Filmproduktionen. Denn von diesen angenommenen bzw. prognostizierten Erlösen musste der gesamte Erfolg des Fonds abhängen. Die für die Erlöse eingesetzten Zahlen werden im Prospekt als quasi objektive Zahlen der Vergangenheit dargestellt, die den relevanten Markt wiederspiegeln sollen. Nach den Angaben im Prospekt hat ein „Fachmann mit langjähriger Erfahrung“ die Kosten und Erlöse aller Spielfilme des Jahres 1998 ermittelt, bei denen das Produktionsbudget zwischen US-Dollar 15.000.000, 00 und US-Dollar 65.000.000, 00 lag, und die im Jahr 1998 von den sogenannten US-Major-Filmstudios vertrieben wurden. Bei den danach für das Jahr 1998 insgesamt erfassten 73 Spielfilmen habe der Fachmann die statistischen Mittelwerte für die Auswertungserlöse ermittelt. Diese Mittelwerte der Erlöse seien als „Auswertungserlöse“ in die Modellrechnung für die zukünftige Entwicklung des IMF 2 eingesetzt worden.
Mit dieser Darstellung im Prospekt wird der Eindruck vermittelt, die von dem „Fachmann“ für das Jahr 1998 ermittelten Auswertungserlöse seien repräsentativ für den Markt, in welchem der Fonds Spielfilme produzieren und vertreiben werde. Die herangezogenen Zahlen seien eine geeignete Grundlage für eine Prognose, da der IMF 2 grundsätzlich mit gleichen Erlösen und mit gleichen Chancen rechnen könne, wie die für das Jahr 1998 ausgewerteten Spielfilme. Entscheidend für den Anlageinteressenten ist die damit vermittelte Aussage des Prospekts, dass die herangezogenen (objektiv ermittelten) Zahlen aus dem Jahr 1998 für die zukünftige Tätigkeit des Fonds voraussichtlich repräsentativ seien, da sich der Fonds auf dem mit den Zahlen wiedergegebenen Markt bewegen werde.
Die Aussage des Prospekts (Auswertungserlöse als Kennzahlen des für den Fonds relevanten Marktes) ergibt sich aus dem Zusammenhang der Darstellung der Modellrechnung im Prospekt. Die Heranziehung der von dem „Fachmann“ für 1998 ermittelten Zahlen im Rahmen der Modellrechnung ergibt für Anlageinteressenten nur dann einen Sinn, wenn die Zahlen für die zukünftige Tätigkeit des Fonds vergleichbar sind. Die behauptete Vergleichbarkeit wird durch verschiedene Hinweise im Prospekt unterstützt und verstärkt. Die Berücksichtigung von Produktionen aus dem Jahr 1998 mit einem Budget zwischen US-Dollar 15.000.000, 00 und US-Dollar 65.000.000, 00 entspricht den Planungen für den IMF 2, der Spielfilme mit ähnlichen Kosten produzieren sollte. Der Hinweis auf Spielfilme, die von den sogenannten US-Major-Filmstudios vertrieben wurden, korrespondiert mit der Darstellung im Prospekt, wonach die Produktionen des IMF 2 zwar nicht von den US-Major-Filmstudios produziert, von diesen jedoch in den Vertrieb bzw. in den Verleih übernommen werden sollten. Durch den Hinweis auf den beabsichtigten Vertrieb der vom Fonds IMF 2 produzierten Spielfilme durch US-Major-Studios wird die Vergleichbarkeit des für den Fonds relevanten Filmmarkts mit den in der Modellrechnung eingesetzten Zahlen aus dem Jahr 1998 betont.
Weitere Formulierungen im Prospekt verstärken den Eindruck, dass unter Marktgesichtspunkten vergleichbare Zahlen für die Auswertungserlöse ermittelt wurden. („Das Modell beruht auf statistischen Mittelwerten …“, „… realistischen Annahmen …“, „Das Modell zeigt in jedem Fall richtungsweisende Resultate für eine mögliche Entwicklung des IMF 2 auf, wenn eine entsprechende Anzahl von Filmen zugrunde gelegt wird.“) Auch der Hinweis im Prospekt, dass das Modell „eigens in Los Angeles von einem Fachmann mit langjähriger Erfahrung entwickelt wurde“, suggeriert für den Leser, dass die angesetzten „Auswertungserlöse“ den für den Fonds maßgeblichen Filmmarkt realistisch wiederspiegeln. Dementsprechend hat auch ein von der Anlageberatungsgesellschaft auszugsweise zitierter Prospektprüfungsbericht die Darstellung im Prospekt dahingehend verstanden, dass die angesetzten Kinoeinspielergebnisse aus einer „repräsentativen Grundgesamtheit von Spielfilmproduktionen“ abgeleitet wurden. „Repräsentativ“ kann dabei nur eine statistische Vergleichbarkeit im Hinblick auf die beabsichtigten Produktionen des IMF 2 meinen.
Diese Darstellung ist nicht zutreffend bzw. hat zumindest keine erkennbare sachliche Grundlage. Die im Prospekt angesetzten Auswertungserlöse können aus verschiedenen Gründen einer Erfolgsprognose für den Fonds nicht zugrunde gelegt werden. Denn der Markt, in welchem die Zahlen für das Jahr 1998 ermittelt wurden, ist mit dem für den Fonds relevanten Filmmarkt aus mehreren Gründen nicht vergleichbar. Die angesetzten Zahlen vermitteln dem Anlageinteressenten eine Marktsituation, die für den Fonds nicht gegeben war.
Die im Prospekt angesetzten durchschnittlichen Auswertungserlöse können für einen möglichen Erfolg des IMF 2 aus der Sicht ex ante im Jahr 2000 schon deshalb nicht relevant sein, weil es sich bei dem Fonds um einen Neuling auf dem Filmmarkt gehandelt hat. Weder die Fondsgesellschaft noch die Initiatorin, die DCM AG, hatten im Jahr 2000 Erfahrung mit der Entwicklung und Produktion von wirtschaftlich erfolgreichen Spielfilmen. Der Vorgängerfonds IMF 1 konnte eine solche Erfahrung nicht vermitteln, da im Jahr 2000 noch keine Erkenntnisse über einen möglichen wirtschaftlichen Erfolg dieses Fonds vorlagen. Die im Prospekt wiedergegebenen Durchschnittszahlen der Erlöse von Spielfilmen im Jahr 1998 beruhen hingegen nicht auf den Erfolgen von (anderen) Marktneulingen, sondern auf den gesamten Ergebnissen des Vertriebs der US-Major-Studios in diesem Jahr, also zwangsläufig vorrangig auf den wirtschaftlichen Zahlen von Marktteilnehmern mit einer langen Erfahrung auf dem Filmmarkt. Die Durchschnittszahlen eines bereits lange existierenden Marktes sind jedoch kaum geeignet, um die Chancen eines neu gegründeten Unternehmens auf diesem Markt realistisch wiederzugeben.
Die Situation des IMF 2 bei der Anwerbung von Anlagegeldern ist vergleichbar mit einem neu gegründeten Unternehmen, das zur Finanzierung Bankkredite benötigt. Ein Existenzgründer muss in einer solchen Situation der Bank unter anderem eine Rentabilitätsvorschau für z. B. drei Jahre vorlegen. Dabei wird eine kreditgebende Bank – wenn nicht besondere Umstände vorliegen – kaum eine Modellrechnung des Existenzgründers akzeptieren, in der dieser für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg Durchschnittserlöse aller bereits am Markt existierenden Unternehmen zugrunde legt. Prognosezahlen für einen Marktneuling – wie für den IMF 2 im vorliegenden Fall – müssen in der Regel vielmehr berücksichtigen, dass ein Marktneuling weder über die Erfahrung noch über die geschäftlichen Beziehungen verfügt, die für den wirtschaftlichen Erfolg der bereits langjährig vorhandenen Marktteilnehmer bestimmend sind. Keine Bank würde für eine Kreditvergabe an eine Existenzgründerin (wie den IMF 2) eine „Modellrechnung“ akzeptieren, wenn die Existenzgründerin ihre voraussichtlichen Gewinne auf der Basis von Zahlen der bereits vorhandenen Weltmarktführer (US-Major-Filmstudios) schätzen würde.
Ein weiterer Gesichtspunkt steht einer Relevanz der im Prospekt wiedergegebenen Durchschnittserlöse entgegen: Im Prospekt wird im Kapitel „Chancen und Risiken“ auf Seite 75 auf das „Schlüsselpersonenrisiko“ hingewiesen. Damit ist gemeint, dass der unternehmerische Erfolg eines Filmfonds maßgeblich von den für die Filmprojektentwicklung und -produktion verantwortlichen „Schlüsselpersonen“ abhängt. Als Schlüsselpersonen werden genannt Moritz Bormann, Geschäftsführer/Manager des für die Filmprojektentwicklung verantwortlichen Vertragspartners des Fonds, sowie Nigel Sinclair und Guy East, die Verantwortung bei der Intermedia, die als Vertragspartner für den Vertrieb der vom Fonds produzierten Spielfilme zuständig sein sollte, trugen. Weder aus dem Prospekt noch aus dem schriftsätzlichen Sachvortrag der Anlageberatungsgesellschaft ergibt sich, dass wirtschaftliche Erfahrung und wirtschaftliche Erfolge dieser Schlüsselpersonen mit Erfahrung und Erfolgen von Managern der US-Major-Studios vergleichbar wären. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der Darstellung des Anlageberatungsgesellschaftvertreters im Schriftsatz vom 11.03.2014, II 895 ff.
Die für mögliche Marktchancen der Fondsgesellschaft herangezogenen Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Spielfilme, die von den sogenannten US-Major-Studios vertrieben wurden. Die Heranziehung von Zahlen der US-Major-Filmstudios steht in mehrfacher Hinsicht einer Relevanz für die Marktaussichten des IMF 2 entgegen. Denn der Markt der US-Major-Studios ist nicht mit dem Markt des IMF 2 identisch.
Zwar wird im Prospekt an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass die sogenannten US-Major-Filmstudios auch beim Vertrieb der vom Fonds produzierten Spielfilme eine Rolle spielen sollen. Jedoch war bei der Konzeption des Fonds ein Vertrieb durch die bekannten US-Major-Studios keineswegs gesichert. Zudem sollte die Auswertung der zu produzierenden Spielfilme (nur) mit einer „Verleihzusage“ eines Major-Studios für Nordamerika verbunden sein, und nicht mit einer „Vertriebszusage“, insbesondere auch nicht mit eine Minimum-Vertriebsgarantie eines Major-Studios. Es ist daher nicht ersichtlich, und gehörte jedenfalls nicht zur Konzeption des Fonds, dass ein Major-Filmstudio in Nordamerika irgendein wirtschaftliches Risiko beim Vertrieb der vom IMF 2 produzierten Filme übernehmen würde. Eine unklare „Einbindung von US-Major-Filmstudios“14 ändert daran nichts.
Dieser Umstand lässt es nicht zu, Auswertungserlöse der US-Major-Studios aus dem Jahr 1998 für Spielfilme heranzuziehen, bei denen die nordamerikanischen Studios im Zweifel bereit waren, selbst wirtschaftliche Risiken des Erfolges ganz oder teilweise zu übernehmen. Die Marktchancen einer Auswertung von Spielfilmen des IMF 2 lassen sich nicht vergleichen mit den Auswertungserlösen, die im Jahr 1998 bekannte und erfahrene US-Filmstudios beim Vertrieb von Filmen erzielt haben.
In diesem Zusammenhang ist auf einen weiteren Gesichtspunkt hinzuweisen: Da in die im Prospekt angegebenen Auswertungserlöse sämtliche Zahlen aus dem Vertrieb der US-Major-Studios eingeflossen sind, müssen in diesen Zahlen insbesondere die eigenen Produktionen der US-Studios enthalten sein. Denn bei den „Studios“ in den USA handelt es sich um Produktionsgesellschaften. Die von bekannten und langjährig erfahrenen US-Studios produzierten Spielfilme können, was den wirtschaftlichen Erfolg betrifft, jedoch kaum ein Maßstab sein, wenn es um den möglichen Erfolg eines neugegründeten Filmfonds geht, der keine nennenswerte Erfahrung bei der Produktion von Spielfilmen vorweisen kann. Eine Vergleichbarkeit wird insbesondere nicht dadurch hergestellt, dass die vom Fonds produzierten Filme von den US-Studios (nur) in den Verleih übernommen werden sollten.
Die Einwendungen der Anlageberatungsgesellschaft gegen diese Beurteilung des Oberlandesgerichts haben keinen Erfolg. Die Anlageberatungsgesellschaft hat eingeräumt, dass die Zahlen in der Modellrechnung auf Filmen beruhen, die von den US-Major-Studios produziert wurden. Bei den US-Major-Studios handelt es sich – wie allgemein bekannt – um Filmproduktionsgesellschaften (vgl. die Begriffe „Filmstudio“ und „Filmproduktionsgesellschaft“ auf Wikipedia). Das bedeutet, dass bei den der Modellrechnung zugrunde gelegten Zahlen das unternehmerische Risiko von den US-Major-Studios (Filmproduktionsgesellschaften) getragen wurde, und dass die wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen von den Managern dieser US-Studios getroffen wurden.
Damit ist die Konzeption des IMF 2 nicht vergleichbar. Das wirtschaftliche Risiko von Entwicklung, Produktion und Vertrieb der vorgesehenen Filme sollte nach der Konzeption des IMF2 allein vom Fonds getragen werden, und nicht von US-Major-Studios. Die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen sollten von den Managern des Fonds und nicht von erfahrenen Managern der US-Studios getroffen werden. US-Major-Studios sollten nach der Konzeption des Fonds bestimmte zu vergütende Dienstleistungen (Verleih) übernehmen, ohne in irgendeiner Weise für den wirtschaftlichen Erfolg der Filme einzustehen. Dass ein US-Major-Studio beim Vertrieb eines bestimmten Filmes des IMF 2 wirtschaftliche Risiken übernehmen würde, war zwar nicht ausgeschlossen, im Fondskonzept jedoch nicht vorgesehen und nicht garantiert.
Die dargestellte wirtschaftliche Problematik des IMF 2 – keine Übernahme der unternehmerischen Risiken durch US-Major-Studios – ergibt sich unmittelbar aus den im Prospekt enthaltenen Verträgen (Gesellschaftsvertrag, Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrollvertrag). Abweichende vertragliche Vereinbarungen mit den US-Major-Filmstudios – zum Zeitpunkt des Fonds-Beitritts des Anlegers – sind von der Anlageberatungsgesellschaft nicht dargetan. Da die Feststellungen des Oberlandesgerichts auf den Prospekt und dem beigefügten Vertragsunterlagen beruhen, war die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Maßgeblichkeit der Modellrechnung für die Marktchancen des Fonds nicht erforderlich.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der missverständliche Hinweis der Anlageberatungsgesellschaft im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.06.2014, „Produzent“ eines Filmes sei stets eine natürliche Person und nicht eine Filmproduktionsgesellschaft. Es ist zwar zutreffend, dass der Herstellungsprozess bei einem Film oft von einer bestimmten natürlichen Person gesteuert wird, die dann als „Produzent“ bezeichnet wird (vgl. die Ausführungen zum Begriff „Filmproduzent“ auf Wikipedia). Dies ändert allerdings nichts an der maßgeblichen Rolle der US-Major-Studios als Filmproduktionsgesellschaften für die der Modellrechnung zugrunde liegenden Zahlen. Letzteres ergibt sich aus dem unstreitigen Sachverhalt und aus Allgemeinwissen über die US-Major-Studios.
Da die Beschreibung der für den Fonds maßgeblichen Marktchancen im Prospekt aus den oben genannten Gründen in erheblichen Punkten unzutreffend ist, bzw. ein zu positives Bild suggeriert, kommt es auf weitere Fragen im Zusammenhang mit dem Filmmarkt nicht an. Es kann insbesondere dahinstehen, ob und inwieweit die Anlageberatungsgesellschaft bereits im November 2000 bei der Beratung des Anlegers eine generelle Verschlechterung des Filmmarkts kannte oder hätte vorhersehen können.
Frühere Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe, die ein anderes Bild zu vermitteln scheinen, befassen sich nicht mit dem streitgegenständlichen Fonds15.
Soweit das Oberlandesgericht München in mehreren Entscheidungen die Modellrechnung im streitgegenständlichen Prospekt des IMF 2 nicht beanstandet hat, fehlt in diesen Entscheidungen nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe eine Auseinandersetzung mit den Umständen, aus denen sich die mangelnde Relevanz der Modellrechnung für die Marktsituation des IMF 2 ergibt.
Die Anlageberatungsgesellschaft hat den Anleger in der Beratung unstreitig nicht auf die dargestellten Prospektfehler hingewiesen. Sie hat auch nicht, was geboten gewesen wäre, erläutert, dass wesentliche Darstellungen zu den Marktchancen des Fonds im Prospekt keine nachvollziehbare Grundlage haben (Erfolgsstory des Vorgängerfonds IMF 1 und Auswertungserlöse in der Modellrechnung). Bei einer Prüfung des Prospekts mit dem erforderlichen kritischen Sachverstand, die über eine bloße Plausibilitätsprüfung hinausgehen muss, hätten der Anlageberatungsgesellschaft die vom Oberlandesgericht festgestellten Prospektfehler auffallen müssen. Bei dem Hauptrisiko des Fonds (möglicher Totalausfall, wenn der Publikumsgeschmack verfehlt wird) und bei den Darstellungen zu den Marktchancen des Fonds (Erfolgsgeschichte des Vorgängerfonds und Grundlagen der Modellrechnung) handelt es sich erkennbar um zentrale Fragen der Fondskonstruktion, die für jeden Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung waren. Die vom Oberlandesgericht dargestellten wirtschaftlichen Zusammenhänge werden erkennbar, wenn man die entsprechenden Teile des Prospekts mit einem kritischen Blick und gewissen wirtschaftlichen Grundkenntnissen prüft.
Die fehlerhafte Beratung war ursächlich für den Schaden des Anlegers. Denn der Anleger hat auf Grund der Beratung die für ihn nachteilige Entscheidung zum Fondsbeitritt getroffen. Da der Anleger in verschiedenen für seine Anlageentscheidung wesentlichen Punkten unzulänglich beraten und aufgeklärt wurde, wird die Kausalität der Pflichtverletzungen für seinen Schaden vermutet16. Für die Kausalität kann dahinstehen, ob der Anleger den Prospekt erhalten hat, oder ob auf Grund der oben dargestellten Vermutung lediglich davon auszugehen ist, dass die Beratung auf der Grundlage des Prospekts erfolgt ist.
Der Schadensersatzanspruch des Anlegers wird nicht durch ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) gemindert. Denn bei einer Anlageberatung kann der Anleger grundsätzlich auf die Sachkompetenz des Beraters vertrauen, und ist in der Regel nicht verpflichtet, die Angaben und Empfehlungen des Beraters einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Besondere Umstände, auf Grund derer sich ausnahmsweise ein Mitverschulden des Anlegers ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind die dargestellten Prospektfehler nicht aus den vom Anleger am 22.11.2000 unterzeichneten Erklärungen ersichtlich (Beitrittserklärung, „Gesprächsnotiz“ und „Beratungsprotokoll“).
Da die Voraussetzungen für eine Haftung der Anlageberatungsgesellschaft dem Grunde nach vorliegen, kommt es auf die weiteren vom Anleger geltend gemachten Beratungsmängel nicht an. Es kann insbesondere dahinstehen, ob und inwieweit die Beratung anlegergerecht war. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich zusätzliche Fehler aus bestimmten mündlichen Erklärungen des Beraters ergeben.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18. Juni 2014 – 9 U 114/11
- vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 14/10, RdNr. 10, 11; BGH, Urteil vom 01.12.2011 – III ZR 56/11, RdNr. 10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 14/10, RdNr. 11[↩][↩]
- vgl. zu den Anforderungen an die Pflichten eines Anlageberaters bei der Prüfung eines Emissionsprospekts BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 14/10, RdNr. 10; BGH, Urteil vom 01.12.2011 – III ZR 56/11, RdNr. 10[↩]
- vgl. zu diesem Risiko bei einem Filmfonds BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 14/10; vgl. zum besonderen Risiko bei einem Filmfonds auch BGH, Urteil vom 27.10.2009 – XI ZR 338/08, RdNr. 28[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 75/10, RdNr. 13; Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Auflage 2009, § 69, RdNr. 48 ff.[↩]
- ebenso bei einem identischen oder weitgehend übereinstimmenden Prospekt OLG Naumburg, VersR 2013, 361[↩]
- vgl. z. B. OLG Köln, Urteil vom 04.09.2012 – 24 U 65/11, RdNr. 27 ff.; OLG München, Urteil vom 13.08.2012 – 20 U 4655/11; OLG München, Beschluss vom 23.09.2013 – 21 U 2272/13; OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13; OLG München, Beschluss vom 13.11.2013 – 23 U 3936/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.08.2013 – 13 U 94/11[↩]
- vgl. auch die Entscheidung des 4. Senats des OLG Karlsruhe vom 31.01.2014 – 4 U 29/13, die zu einem anderen Prospekt ergangen ist (IMF 3), der möglicherweise ähnlich gestaltet ist wie der Prospekt des streitgegenständlichen Fonds IMF 2.[↩]
- vgl. zur Gesamtwürdigung eines identischen oder nahezu gleichlautenden Prospekts des IMF 2 auch OLG Naumburg, VersR 2013, 361; ob der 5. Zivilsenat des OLG Naumburg in einer Entscheidung vom 04.06.2014 den selben Prospekt anders würdigt, kann dahinstehen.[↩]
- vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei einem anderen Filmfonds OLG München, Urteil vom 07.06.2010 – 21 U 2404/09, RdNr. 28[↩]
- vgl. im Übrigen zum Hinweis auf frühere Erfolge der für den Fonds maßgeblichen Personen im Prospekt eines Filmfonds OLG München, Urteil vom 07.06.2010 – 21 U 2404/09[↩]
- vgl. insbesondere OLG München, Beschluss vom 23.09.2013 – 21 U 2272/13; OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13[↩]
- OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13[↩]
- vgl. OLG München, Beschluss vom 29.10.2013 – 18 U 2642/13[↩]
- vgl. beispielsweise OLG Karlsruhe – 4. Zivilsenat –, Urteil vom 31.01.2014 – 4 U 29/13; und OLG Karlsruhe – 17. Zivilsenat –, Beschluss vom 25.04.2014 – 17 U 188/13, die jeweils den IMF 3 betreffen[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007 – II ZR 21/06, RdNr. 16; BGH, NJW 2010, 3292, 3294[↩]