Prüfungs- und Aufklärungspflichten eines Treuhandkommanditisten

Ein Treuhandkommanditist ist verpflichtet, die Anleger über alle wesentlichen Punkte, insbesondere regelwidrige Auffälligkeiten der Anlage, aufzuklären, die ihm bekannt sind oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein müssen und die für die von den Anlegern zu übernehmenden mittelbaren Beteiligungen von Bedeutung sind1.

Prüfungs- und Aufklärungspflichten eines Treuhandkommanditisten

Von einem Treuhandkommanditisten kann jedenfalls erwartet werden, dass er den bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er dies mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich richtig und vollständig sind.

Eine Treuhandkommanditistin muss die Anlageinteressenten darüber informieren, dass die angebotene Kapitalanlage entgegen den – zudem durch die Firma der Fondsgesellschaft untermauerten – Prospektangaben weder als spezieller Altersvorsorgefonds noch als ideale Form der Altersvorsorge konzipiert war und gegenüber sonstigen (geschlossenen) Immobilienfonds keine zusätzlichen Sicherungsinstrumente aufwies. Andernfalls verletezt sie die ihr als Treuhandkommanditistin obliegenden vorvertraglichen Aufklärungspflichten.

Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB. Abgesehen von dem Sonderfall des § 311 Abs. 3 BGB, in dem auch ein Dritter haften kann, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, trifft die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will. Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter. Denn der Aufnahmevertrag wird bei einer Personengesellschaft zwischen dem neu eintretenden Gesellschafter und den Altgesellschaftern geschlossen2. Beteiligt sich der Anleger – wie hier – mittelbar über einen Treuhandkommanditisten an einer Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer Publikums-KG, schließt regelmäßig nur der Treuhandkommanditist den Gesellschafts- beziehungsweise Aufnahmevertrag. Der Anleger selbst begründet durch Vertragsschluss mit dem Treuhandkommanditisten ein Treuhandverhältnis, aus dem sich vorvertragliche Aufklärungspflichten ergeben können.

Zu den Pflichten eines Treuhandkommanditisten gehört es, die Interessen der Treugeber (Anleger) sachverständig wahrzunehmen und alles Erforderliche zu tun, um deren Beteiligung und ihren wirtschaftlichen Wert zu erhalten und zu mehren, und demgemäß alles zu unterlassen, was dieses Ziel gefährden könnte. Der Treuhandkommanditist ist deshalb gehalten, sich die Kenntnis über die rechtlichen und wirtschaftlichen, insbesondere finanziellen, Grundlagen der Gesellschaft zu verschaffen. Die Beitrittsinteressenten können erwarten, vor Abschluss des Treuhandvertrags über Tatsachen, die für die Beurteilung des Treuguts wesentlich sind, unterrichtet zu werden3. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem die Verpflichtung des Treuhandkommanditisten anerkannt, die Anleger über alle wesentlichen Punkte, insbesondere regelwidrige Auffälligkeiten der Anlage, aufzuklären, die ihm bekannt sind oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein müssen und die für die von den Anlegern zu übernehmenden mittelbaren Beteiligungen von Bedeutung sind4.

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In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Interessenten statt einer mündlichen Aufklärung ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und vollständig zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann5. Vollzieht sich der Beitritt des Treugebers – wie im vorliegenden Fall – in der Weise, dass er mit dem Treuhandkommanditisten einen Treuhandvertrag schließt und diesen bereits in der Beitrittserklärung bevollmächtigt, alle zur Durchführung des rechtswirksamen Erwerbs der mittelbaren Kommanditbeteiligung erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, trifft den Treuhänder im Rahmen der Anbahnung dieses Treuhandverhältnisses – unabhängig von der Einschaltung Dritter für den Vertrieb der Anlage – eine eigene Pflicht, unrichtige Prospektangaben von sich aus richtig zu stellen6.

Einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht war die Treuhandkommanditistin auch nicht deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt der Anleger setzte sowohl das Zustandekommen eines Treuhandvertrags mit der Treuhandkommanditistin als auch die Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin voraus. Ohne die rechtsgeschäftliche Einbindung der Treuhandkommanditistin war somit ein Beitritt nicht möglich7.

Zu Recht hat das Landgericht die Fehlerhaftigkeit des bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekts bejaht, weil dieser zum einen widersprüchlich ist und zum anderen einem durchschnittlichen Anleger den unzutreffenden Eindruck vermittelt, dass es sich bei der angebotenen Beteiligung um eine speziell für den Zweck der Altersvorsorge konzipierte Kapitalanlage handele.

Nach der Bundesgerichtshofsrechtsprechung ist zwar eine unternehmerische Beteiligung mit Totalverlustrisiko für eine ergänzende Altersvorsorge nicht schlechthin oder generell ungeeignet8. Insbesondere dann, wenn bereits eine Absicherung für das Alter besteht (z.B. gesetzliche Rente, Immobilien) und bei der Kapitalanlage die Altersvorsorge nicht im Vordergrund steht, weil in erster Linie Steuern gespart werden sollen, kann auch ein geschlossener Immobilienfonds zur ergänzenden Altersvorsorge tauglich sein9. Wird jedoch eine sichere Anlage für Zwecke der Altersvorsorge gewünscht, so kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein10. Angesichts des Umstands, dass im vorliegenden Fall eine typische unternehmerische Beteiligung (mit Totalverlustrisiko) angeboten wurde, stellt es eine gezielte Desinformation des künftigen Anlegers dar, einen solchen (gewöhnlichen) Immobilienfonds, bei dem nicht nur keine besonderen Sicherungsmechanismen vorgesehen sind, sondern zusätzliche Risiken in Form einer Blind-Pool-Investition bestehen, als speziellen Altersvorsorgefonds und ideale Form der Altersvorsorge zu bezeichnen. Der irreführende Eindruck wird durch § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags noch verstärkt, indem als vorrangiger Gesellschaftszweck die Altersvorsorge der Gesellschafter genannt wird. Die Treuhandkommanditistin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Fonds durchaus zur ergänzenden Altersvorsorge geeignet sei. Der Umstand einer bloß ergänzenden Altersvorsorge wird lediglich im Vorwort zu dem Prospekt erwähnt, während im Prospekt selbst die „ideale Form der Altersvorsorge“ und das „innovative Sicherungskonzept“ zum Zwecke der Altersvorsorge betont werden, ohne dass zwischen einer Eignung der Anlage zur Altersvorsorge oder lediglich zur ergänzenden Altersvorsorge differenziert wird.

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Die für sich genommen zutreffenden Risikohinweise in dem Prospekt, es liege eine unternehmerische Investition mit Totalverlustrisiko vor, vermögen nichts daran zu ändern, dass dem verständigen Anleger der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, es handele sich um ein speziell zum Zwecke der Altersvorsorge entwickeltes Produkt, und das Fondskonzept trage dem im Vordergrund stehenden Interesse des Anlegers am Erhalt des investierten Kapitals durch eine entsprechende Gestaltung umfassend Rechnung.

Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt11. Eine Gesamtschau des Prospekts, wie sie dem Urteil des Landgerichts zugrunde liegt, ergibt, dass die warnende Wirkung der Risikohinweise durch die plakative Bezeichnung als „Altersvorsorgefonds“, wofür eine innere Rechtfertigung nicht einmal ansatzweise erkennbar ist, und die mehrfachen Hinweise auf die besondere Eignung des Fonds zur Altersversorgung gezielt entwertet werden. Dem verständigen Anleger erschließt sich nicht, dass bei der angebotenen Beteiligung der Kapitalerhalt und die sichere Altersvorsorge nicht im Vordergrund stehen. Dementsprechend sind andere Bundesgerichtshofe des Oberlandesgerichts München in vom Bundesgerichtshof bestätigten, zu demselben Fonds ergangenen Entscheidungen davon ausgegangen, dass der Emissionsprospekt widersprüchlich und bewusst irreführend ist12.

Der irreführende Prospektinhalt ist gegenüber den Anlegern durch den als Anlageberater eingeschalteten Zeugen L. nicht richtig gestellt worden13. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Zeuge die Prospektangaben nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr hat er die Risikoberatung allein anhand des Emissionsprospekts durchgeführt, indem er die im Prospekt enthaltenen Angaben mit den Anlegern „erörtert“ hat. Wie bereits ausgeführt, wurden diese – bei isolierter Betrachtung – nicht zu beanstandenden Risikohinweise indes durch den übrigen Prospektinhalt („ideale Form der Altersversorgung“) stark relativiert und die Risiken der Anlage gezielt verschleiert. Insoweit ist die gebotene Richtigstellung unterblieben. Der Umstand, dass diesbezüglich die einzelnen Gesprächsinhalte nicht mehr näher aufgeklärt werden konnten, wirkt sich zu Lasten der Treuhandkommanditistin aus, die für die rechtzeitige Berichtigung etwaiger Prospektfehler beweispflichtig ist14.

Die Treuhandkommanditistin hat die ihr obliegenden Aufklärungspflichten verletzt. Die Unrichtigkeit des Prospekts war für die Treuhandkommanditistin, die die Anlageinteressenten insbesondere über regelwidrige Auffälligkeiten aufzuklären hatte, bereits bei einer bloßen Plausibilitätsprüfung, wozu sie jedenfalls verpflichtet war, ohne weiteres erkennbar. Von einem Treuhandkommanditisten kann erwartet werden, dass er den bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er dies mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich richtig und vollständig sind15. Auch wenn die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen, hätten die im vorliegenden Fall gegebenen Ungereimtheiten und inneren Widersprüche des Emissionsprospekts der Treuhandkommanditistin auffallen müssen. Die Treuhandkommanditistin kannte als Treuhandkommanditistin den Prospektinhalt und die Fondsstruktur. Ihr war somit bekannt, dass es sich bei der Kapitalanlage um eine unternehmerische Beteiligung handelte, bei der das Risiko eines teilweisen oder vollständigen Verlusts des eingesetzten Kapitals bestand. Zugleich durfte sie die Augen nicht davor verschließen, dass der Fonds in dem Prospekt als ideale Form der Altersvorsorge dargestellt und als spezieller Altersvorsorgefonds angeboten wird. Bei der gebotenen Gesamtschau der Prospektangaben waren diese Ungereimtheiten evident. Davon hätte die Treuhandkommanditistin die Treugeber in Kenntnis setzen müssen.

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Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob sich aus der Gesellschafterstellung eines Treuhandkommanditisten, der keine eigenen Anteile an der Fondsgesellschaft hält, ein weiterreichender Pflichtenkatalog ergibt16.

Dass die Treuhandkommanditistin ihre Pflichtverletzung zu vertreten hat, wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie sich entlasten könnte. Unter Berücksichtigung des Sachvortrags in den Vorinstanzen und des Vorbringens der Parteien im Revisionsrechtszug ist weitere Aufklärung nicht zu erwarten, so dass der Bundesgerichtshof eine insoweit abschließende Würdigung selbst vornehmen kann.

Die Haftung der Treuhandkommanditistin ist auch nicht durch § 15 Abs. 2 und 3 des Treuhandvertrags ausgeschlossen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 sollen der Treuhandkommanditistin keine weitergehenden Prüfungspflichten obliegen. § 15 Abs. 3 Satz 1 enthält die Erklärung, dass die Treuhandkommanditistin an der Konzeption und Erstellung des Emissionsprospekts nicht mitgewirkt und dessen Aussagen nicht auf ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten überprüft hat. In § 15 Abs. 3 Satz 2 erkennt der Treugeber an, dass die Treuhandkommanditistin zu einer solchen Überprüfung nicht verpflichtet sei.

Die Klausel unterliegt als formularmäßige Haftungsfreizeichnung der AGBrechtlichen Kontrolle. Da es sich nicht um eine gesellschaftsrechtliche Regelung handelt, ist die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig17. Entgegen der Auffassung der Treuhandkommanditistin kann der Treuhandkommanditist seine Aufklärungsverpflichtung nicht durch eine im Treuhandvertrag enthaltene „Verwahrungserklärung“ ausschließen. Derartige Klauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Eine Haftungsfreizeichnung mittels „Verwahrungserklärung“ widerspricht diametral der Aufgabe des Treuhänders, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, und benachteiligt die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen18.

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Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es jedenfalls am Zurechnungszusammenhang zwischen einem der Treuhandkommanditistin anzulastenden Aufklärungsfehler und der Zeichnungsentscheidung fehle, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Insbesondere ist verkannt worden, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, ob die Anleger den Emissionsprospekt rechtzeitig erhalten und gelesen haben. Demgegenüber hat das Landgericht die Kausalität des Aufklärungsmangels für die Anlageentscheidung der Anleger zutreffend bejaht.

Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung. Es ist grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers, die Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften19. Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der Prospekt – wie hier – entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den Anlagevermittlern/beratern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt wird. Es kommt dann – was das Berufungsgericht verkannt hat – nicht darauf an, ob der Prospekt dem Anlageinteressenten übergeben worden ist oder ob er den Prospekt in allen Einzelheiten zur Kenntnis genommen hat20. Da sich im Streitfall die Aufklärungspflicht für die Treuhandkommanditistin als Treuhandkommanditistin aus der Fehlerhaftigkeit des bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekts ergibt, ist nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Anleger den Prospekt insbesondere hinsichtlich der Risikohinweise überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Vielmehr ist unter solchen Umständen die Frage zu stellen, wie sich die Anleger verhalten hätten, wenn sie die notwendige Aufklärung erhalten hätten. Auch hierbei kommt ihnen eine Kausalitätsvermutung zugute21. Dafür, dass die Kausalitätsvermutung entkräftet sein könnte, ist nichts ersichtlich. Denn die Anleger haben nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Sicherstellung ihrer Altersversorgung sowie die Finanzierung etwaiger Pflegefälle angestrebt und wollten deshalb eine sichere Anlage. Danach liegt es sogar ausgesprochen nahe, dass sie bei richtiger Aufklärung über den irreführenden Prospektinhalt von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätten.

Soweit das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass die Anleger den Emissionsprospekt nicht gelesen haben, den Schluss zieht, dass sie auf die im Prospekt dargestellten Risiken keinen Wert gelegt hätten, ist dies rechtsfehlerhaft. Mit dieser Begründung kann die Kausalität der unterbliebenen Aufklärung über den widersprüchlichen und irreführenden Prospektinhalt nicht verneint werden. Denn der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder vermittlers in Anspruch nimmt, misst den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch – zumal wie hier auf der Grundlage des Emissionsprospekts – unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund22. Unterlässt der Anleger eine „Kontrolle“ des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies nur auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin23. Darüber hinaus übersieht das Berufungsgericht, dass sich die Kausalitätsfrage – wie unter a)) ausgeführt – dahin stellt, wie sich die Dinge entwickelt hätten, wenn die Anleger in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wären24. Auf die bloße Lektüre des Prospekts durfte schon deshalb nicht abgestellt werden, weil diese nicht zu einer zutreffenden Unterrichtung der Anleger über den wahren Charakter der Anlage geführt hätte. Sie wären vielmehr in ihrer irrigen Vorstellung, einen speziellen Altersvorsorgefonds zu erwerben, bestärkt worden.

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Nach alledem kann dahinstehen, ob die Rüge der Revision zutrifft, die in den Beitrittserklärungen und Beratungsprotokollen enthaltenen Bestätigungsvermerke über den Erhalt des Emissionsprospekts seien gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b)) BGB unwirksam.

Die Anleger können verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie die Anlageentscheidung nicht getroffen25. Sie haben deshalb Anspruch auf Rückzahlung des aufgewendeten Anlagebetrags nebst Agio Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Beteiligungen sowie auf Feststellung der Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. März 2017 – III ZR 489/16

  1. Bestätigung der BGH, Urteile vom 13.07.2006 – III ZR 361/04, NJW-RR 2007, 406; vom 29.05.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129; vom 06.11.2008 – III ZR 231/07, NJW-RR 2009, 329; vom 12.02.2009 – III ZR 90/08, NJW-RR 2009, 613; vom 23.07.2009 – III ZR 323/07, BeckRS 2009, 22724; vom 22.04.2010 – III ZR 318/08, WM 2010, 1017; vom 15.07.2010 – III ZR 321/08, WM 2010, 1537; und vom 12.12 2013 – III ZR 404/12, WM 2014, 118[]
  2. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rn. 26 f mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 24.05.1982 – – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141, 144 f[]
  4. BGH, Urteile vom 13.07.2006 – III ZR 361/04, NJW-RR 2007, 406 Rn. 9; vom 29.05.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 Rn. 8; vom 06.11.2008 – III ZR 231/07, NJW-RR 2009, 329 Rn. 4; vom 12.02.2009 – III ZR 90/08, NJW-RR 2009, 613 Rn. 8; vom 23.07.2009 – III ZR 323/07, BeckRS 2009, 22724 Rn. 6; vom 22.04.2010 – III ZR 318/08, WM 2010, 1017 Rn. 7; vom 15.07.2010 – III ZR 321/08, WM 2010, 1537 Rn. 9; und vom 12.12 2013 – III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 11; BGH, Beschluss vom 26.11.2015 – III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464 Rn. 16; BGH, Urteile vom 24.05.1982 aaO S. 144; und vom 14.01.2002 – II ZR 40/00, NJW 2002, 1711 Rn. 13[]
  5. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 12.12 2013 aaO Rn. 12; und vom 24.04.2014 – III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9; jeweils mwN[]
  6. BGH, Urteil vom 13.07.2007 aaO[]
  7. BGH, Urteile vom 29.05.2008; vom 12.02.2009; vom 23.07.2009; und vom 22.04.2010; jeweils aaO[]
  8. BGH, Urteil vom 06.12 2012 – III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296 Rn. 22[]
  9. BGH, Urteil vom 24.04.2014 aaO Rn. 28[]
  10. BGH, Urteile vom 06.12 2012 aaO; und vom 24.04.2014 aaO Rn. 27[]
  11. BGH, Urteile vom 20.06.2013 – III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 12; vom 11.12 2014 – III ZR 365/13, NJW-RR 2015, 732 Rn. 18; und vom 16.02.2016 – III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn.19; jeweils mwN[]
  12. OLG München, Urteile vom 08.04.2015 – 15 U 2919/14; und vom 24.06.2015 – 15 U 375/15; die Nichtzulassungsbeschwerden der Treuhandkommanditistin hat der Bundesgerichtshof mit Beschlüssen vom 01.09.2016 – III ZR 464/15 und – III ZR 463/15 zurückgewiesen[]
  13. vgl. BGH, Beschluss vom 17.09.2009 – XI ZR 264/08, BeckRS 2009, 26985 Rn. 5[]
  14. vgl. BGH, Beschluss vom 17.09.2009 aaO[]
  15. s. BGH, Urteile vom 12.02.2004 – III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116; und vom 22.03.2007 – III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 4 zum Maßstab bei der Plausibilitätsüberprüfung eines Anlageprospekts durch einen Anlagevermittler[]
  16. s. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rn. 29; dort wurde diese Frage ebenfalls offen gelassen[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rn. 41[]
  18. BGH, Urteile vom 14.01.2002 – II ZR 41/00, NJW-RR 2002, 915; und vom 09.07.2013 aaO Rn. 42 mwN; s. auch BGH, Urteil vom 13.07.2006 – III ZR 361/04, NJW-RR 2007, 406 Rn. 9; anders, aber unzutreffend OLG München, WM 2002, 689, 692[]
  19. z.B. BGH, Urteile vom 09.02.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 22 ff; vom 08.07.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn.20; und vom 14.04.2011 – III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 13[]
  20. BGH, Urteil vom 23.07.2009 – III ZR 306/07, BeckRS 2009, 22376 Rn. 7[]
  21. BGH, Urteil aaO Rn. 8[]
  22. BGH, Urteile vom 08.07.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 33; vom 22.07.2010 – III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn.19 sowie – III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 15; und vom 14.04.2011 – III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 7[]
  23. BGH, Urteil vom 22.07.2010 aaO[]
  24. BGH, Urteile vom 09.02.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 18; und vom 23.07.2009 – III ZR 306/07 7[]
  25. z.B. BGH, Urteil vom 26.09.1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 220 f[]
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