Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds

Bei der Rückabwicklung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr ihres Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind. Das gilt auch für die aus den Anschaffungskosten hergeleiteten Absetzungen für Abnutzung (AfA).

Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aufgrund typisierender Betrachtungsweise (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf die steuerlichen Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds erlangt hat, im Rahmen des nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB geltend gemachten Schadensersatzes grundsätzlich aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist1. Soweit die Schadensersatzleistung als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert2, sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen3. Dafür reicht noch nicht die Absenkung des Einkommensteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 %4.

Im vorliegende vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist die Schadensersatzleistung, die die Kläger erstreben, im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten steuerbar:

Das ergibt sich zwar nicht aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach unterliegt bei einer Anlageform, an der der Anleger als Mitunternehmer beteiligt ist, der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer5. Die Kläger erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft. Sie haben mit der Anlage vielmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

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Eine Besteuerung der von den Klägern angestrebten Schadensersatzleistung ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Zehn-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verstrichen ist.

Diese Vorschrift setzt voraus, dass ein Grundstück oder ein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt, veräußert wird. Der Gewinn aus einem solchen Geschäft ist als Spekulationsgewinn nur dann steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Diese Voraussetzung wäre hier nicht erfüllt. Die Kläger sind im Oktober 1997 dem Fonds beigetreten und haben ihre Klage im Januar 2010 erhoben, was frühestens als „Veräußerung“ verstanden werden könnte.

Die Rückabwicklung eines Beteiligungserwerbs an einem geschlossenen Immobilienfonds ist indes keine Veräußerung eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts im Sinne des § 23 EStG. Ein derartiges Geschäft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten „marktoffenbaren Vorgang“, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar6.

Auch eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG7 kommt hier nicht in Betracht.

Es fehlt schon an einer Regelungslücke. Ziel des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist es, Spekulationsgewinne zu besteuern, was nach einer zehnjährigen Frist nicht mehr als angemessen erscheint. Im vorliegenden Zusammenhang geht es dagegen nicht um ein Spekulationsgeschäft, sondern um die Frage, ob eine Schadensersatzleistung nach Ablauf von zehn Jahren steuerlich begünstigt werden soll, indem sie nicht mehr der Einkommensteuer unterworfen wird. Eine solche Sichtweise hätte im wirtschaftlichen Ergebnis zur Folge, dass allein der zum Schadensersatz verpflichtete „Täter“ durch die Anrechnung von Steuervorteilen einen Nutzen hätte.

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Die in Form von Werbungskosten erzielten Steuervorteile im Rahmen einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds unterliegen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Einkommensteuer.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr ihres Zuflusses (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) steuerpflichtige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind8, hier also der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts zwischen denselben Personen erfolgt, zwischen denen auch der Beteiligungsvertrag zustande gekommen ist9. Ebenso wenig bedeutsam ist wie die Revision selbst einräumt , ob es um die Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs oder um die Rückabwicklung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geht.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Finanzierungskosten10, sondern auch für die aus den Anschaffungskosten hergeleiteten Absetzungen für Abnutzung – AfA11. Auch die Anschaffungskosten sind – wie die Revisionserwiderung zutreffend bemerkt – der Sache nach Werbungskosten, die nur nicht im Zeitpunkt ihres Abflusses angesetzt werden können, sondern ratierlich als AfA gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG geltend zu machen sind12. Soweit sie als AfA steuerlich berücksichtigt worden sind, der Anleger also entsprechende Steuervorteile erlangt hat, ist die Schadensersatzleistung bei der Einkunftsart, bei der diese Werbungskosten geltend gemacht worden sind, hier also bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, zu versteuern12.

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Aus der Entscheidung des III. Zivilsenats vom 17. November 2005 ergibt sich nichts Gegenteiliges. In jenem Fall stand aufgrund des Vortrags des Anlegers nicht fest, dass Anschaffungskosten als AfA geltend gemacht worden waren13. Im vorliegenden Fall nimmt das Berufungsgericht dagegen an, dass die Kläger die AfA steuerlich geltend gemacht haben. Die Revision zieht das nicht in Zweifel.

Unerheblich ist, ob der Fonds Sonderabschreibungen nach §§ 1, 4 FördG in Anspruch genommen hat14, was allerdings voraussetzen würde, dass die Immobilie zum Betriebsvermögen des Fonds gehört15. Zwar heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG, bei Personengesellschaften trete an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft. Das betrifft aber nur die einheitliche Ausübung des zu der Sonderabschreibung führenden Wahlrechts und ändert nichts daran, dass die steuerlichen Auswirkungen auf der Ebene der Gesellschaft letztlich die Gesellschafter treffen. Das wird auch in dem Prospekt des Fonds erwähnt.

Ob die Kläger den Schadensersatzbetrag tatsächlich versteuern, ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob die Höhe der geschuldeten Steuer den Steuervorteilen entspricht. Lediglich bei ganz außergewöhnlichen Steuervorteilen wäre eine andere Betrachtungsweise angezeigt. Dafür tragen die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast16. Dass sie dahingehenden Vortrag gehalten hätten, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Dezember 2012 – II ZR 259/11

  1. siehe nur BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff.; Urteil vom 31.05.2010 – II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.[]
  2. BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 49[]
  3. BGH, Urteil vom 23.04.2012 II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43 f.; Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36; Urteil vom 31.05.2010 – II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.[]
  4. BGH, Urteil vom 31.05.2010 – II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 28 ff.[]
  5. BGH, Urteil vom 17.11.2005 – III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 8, 10[]
  6. BFH, NJW 2006, 3743 Rn. 13; BGH, Urteil vom 17.11.2005 – III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 16; für den Erwerb einer Immobilie ebenso BGH, Urteil vom 30.11.2007 – V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 12; Urteil vom 19.06.2008 – VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 11[]
  7. dafür Weber-Grellet, DB 2007, 2740, 2742; s. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 15.07.2009 9 U 164/07; OLG Frankfurt, Urteile vom 18.11.2011 – 19 U 68/11; vom 19.03.2012 – 23 U 167/10 und 23 U 5/11 – jetzt: II ZR 133/12 und II ZR 129/12; vom 02.05.2012 – 23 U 39/09[]
  8. BFH, BFH/NV 2005, 188 Rn.19; DB 2002, 1083 Rn. 14; BFHE 190, 442; BFH/NV 1995, 499 Rn. 14; BFHE 171, 183; BGH, Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 154/10, WM 2012, 1790 Rn. 11, 16; Urteil vom 01.03.2011 – XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13; Urteil vom 19.06.2008 – VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 8, 11; Urteil vom 30.11.2007 – V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 12; Podewils, DStR 2009, 752, 754 f.; Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 31. Aufl., § 21 Rn. 65 „Rückabwicklung“ und „Schadensersatz“; Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 31. Aufl., § 9 Rn. 65 f.; a.A. Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753 ff.[]
  9. BGH, Urteil vom 01.03.2011 – XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 123[]
  10. BGH, Urteil vom 01.03.2011 – XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 13[]
  11. BGH, Urteil vom 19.06.2008 – VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 8[]
  12. Weber-Grellet, DB 2007, 2740, 2742[][]
  13. BGH, Urteil vom 17.11.2005 – III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Rn. 13; darauf hinweisend BGH, Urteil vom 30.11.2007 – V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 13[]
  14. OLG Hamm, Urteil vom 14.10.2009 – 8 U 12/09[]
  15. BFH, BFH/NV 2007, 2097 Rn. 12[]
  16. vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 75/10, ZIP 2012, 1342 Rn. 43; Urteil vom 01.03.2011 – XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 ff.; Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; Urteil vom 31.05.2010 – II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.[]
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