Aktuell hatte sich der Bundesgerichtshof mit Inhalt und Umfang des Forderungsrechts einer Anlagegesellschaft zu befassen, die als Versprechensempfänger gemäß § 335 BGB einen Mittelverwendungskontrolleur auf Schadensersatz wegen Verletzung des zugunsten von Anlegern geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrags in Anspruch nimmt. Schadensersatzansprüche der Gesellschafter einer insolventen Anlagegesellschaft gegen einen Mittelverwendungskontrolleur können vom Insolvenzverwalter der Anlagegesellschaft nicht gemäß § 92 Satz 1 InsO als Gesamtschaden geltend gemacht werden.

Der Insolvenzverwalter und die Schadensersatzansprüche der Anleger
Ein entsprechender Zahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte, den der Kläger als Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO geltend machen könnte, ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 335 BGB in Verbindung mit Schadensersatzansprüchen der Anleger nach § 280 Abs. 1 BGB. Denn die Anleger können als Dritte im Sinne von § 335 BGB von der Beklagten als Folge einer – unterstellten – Verletzung des Mittelverwendungskontrollvertrags nicht die Wiederauffüllung des Einzahlungskontos oder die Erstattung der von diesem Konto abgeflossenen Gelder an die Schuldnerin, sondern lediglich Ersatz des ihnen jeweils konkret entstandenen Vermögensschadens im Wege der Zahlung an sich selbst beanspruchen. Dementsprechend kann auch der Kläger gemäß § 335 BGB allenfalls Zahlung an die Anleger, nicht aber an sich selbst verlangen.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem zwischen der Schuldnerin und der Beklagten geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrag um einen Vertrag im Sinne des § 328 BGB zugunsten der Anleger, die der Schuldnerin (unmittelbar oder mittelbar über den Treuhandkommanditisten) als Kommanditisten beigetreten sind, handelt. Dies wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt. Der Mittelverwendungskontrollvertrag wurde laut seiner Präambel „zugunsten“ der noch einzuwerbenden Kommanditisten geschlossen. Er sollte die Anleger gegen bestimmte unwirtschaftliche oder gar missbräuchliche Maßnahmen der Schuldnerin beziehungsweise ihres geschäftsführenden Organs, der Komplementärin, schützen. Daraus hat das Berufungsgericht zutreffend auf eine Schutzfunktion des Vertrags zugunsten der als Kommanditisten beitretenden Anleger geschlossen. Daneben weist auch die Regelung im Mittelverwendungskontrollvertrag, wonach dieser nicht ohne die Zustimmung der Anleger, deren Einlagen sich noch auf dem Einzahlungskonto befinden, geändert werden kann, auf einen echten Vertrag zugunsten Dritter hin.
Die Beklagte schuldet den Anlegern jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die (teilweise) Wiederauffüllung des Einzahlungskontos der Schuldnerin oder eine entsprechende Zahlung an die Masse. Dabei kann dahinstehen, ob, wie das Berufungsgericht annimmt, die Beklagte die ihr aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag gegenüber den Anlegern obliegenden Pflichten verletzt hat. Denn etwaige hieraus resultierende Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB wären jedenfalls nicht auf Erstattung der vom Einzahlungskonto an die Schuldnerin freigegebenen Geldbeträge, sondern allein auf Ausgleich des individuellen Vermögensschadens des jeweiligen Anlegers durch Leistung an diesen gerichtet.
Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Gewahrt wird mithin das Herstellungsinteresse (Integritätsinteresse) des Geschädigten1. Das Berufungsgericht hat eine Pflichtverletzung der Beklagten darin gesehen, dass diese die auf dem Einzahlungskonto befindlichen Gelder unter Verletzung des Mittelverwendungskontrollvertrags freigegeben hat. Dementsprechend ist eine – unterstellte – Schadensersatzpflicht der Beklagten gegenüber den Anlegern nach § 249 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn die Kommanditeinlagen nicht vom Einzahlungskonto freigegeben worden wären. Diese Pflicht des Schädigers bezieht sich indes allein auf die Rechtsgüter und das Vermögen des jeweiligen Geschädigten. Nur auf diese Weise kann das durch § 249 Abs. 1 BGB geschützte Integritätsinteresse des Geschädigten gewahrt werden. Bei ihm und durch Leistung an ihn, nicht jedoch bei einem Dritten oder durch Leistung an den Dritten, ist der schadenfreie Zustand in tatsächlicher wie vermögensmäßiger Hinsicht herzustellen.
Die gesellschaftsrechtliche Stellung der Anleger als Kommanditisten der Schuldnerin ist durch die – unterstellte – Pflichtverletzung der Beklagten nicht berührt worden. Sie ist damit auch nicht Gegenstand des Herstellungsinteresses der Anleger. Sind jedoch die Einlagen der Kommanditisten unter Verletzung der Bestimmungen des Mittelverwendungskontrollvertrags durch die Freigabe der Beklagten von dem Einzahlungskonto abgeflossen, kann sich hierdurch der Wert der Kommanditbeteiligungen der Anleger verringert haben. Gegenstand des Herstellungsinteresses der Anleger ist damit der Wert ihrer (jeweiligen) Beteiligung und der durch seine etwaige Verringerung verursachte Vermögensschaden der Anleger.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Ermittlung und Bemessung eines nach §§ 249 ff BGB zu ersetzenden Vermögensschadens grundsätzlich von der Differenzhypothese auszugehen, also die nach dem haftungsbegründenden Ereignis eingetretene Vermögenslage mit derjenigen zu vergleichen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre2. Maßgebender Zeitpunkt für den Vermögensvergleich ist dabei im Schadensersatzprozess die letzte mündliche Tatsachenverhandlung3. Der von der Beklagten im Fall einer Pflichtverletzung zu ersetzende Schaden besteht mithin in der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des Kommanditanteils des jeweiligen Anlegers bei ausschließlich vertragsgemäß vorgenommenen Auszahlungen vom Einzahlungskonto und dem tatsächlichen Wert des Kommanditanteils infolge des – unterstellt – pflichtwidrig veranlassten Abflusses der Einlagen vom Einzahlungskonto im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht.
Bei der Bemessung des tatsächlichen Werts der Kommanditanteile im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die zwischenzeitlich eingetretene Insolvenz der Schuldnerin zu berücksichtigen. Die Anleger können aufgrund der – selbst im Anfechtungsfall – nicht rückwirkend zu beseitigenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung ihre Einlage nicht zurückfordern, sondern allein an einem etwaigen Überschuss nach Abschluss des Insolvenzverfahrens partizipieren (§ 199 Satz 2 InsO). Der Wert ihrer jeweiligen Beteiligung an der Schuldnerin entspricht damit der Höhe eines nach § 199 Satz 2 InsO zu erwartenden Überschusses. Angesichts der vom Kläger gemäß § 208 Abs. 1 InsO angezeigten Masseunzulänglichkeit ist davon auszugehen, dass die Anleger einen solchen Überschuss nicht zu erwarten haben, ihre Beteiligungen an der Schuldnerin mithin wertlos sind.
Bei der Bemessung des hypothetischen Werts der Kommanditanteile ist darauf abzustellen, wie sich die Fondsgesellschaft ohne die – unterstellte – Pflichtverletzung der Beklagten entwickelt hätte, sei es, dass sie hätte fortgeführt werden können, sei es, dass es – wie die Beklagte vorgetragen hat – auch in diesem Fall zur Insolvenz der Fondsgesellschaft gekommen wäre.
Die sich aus dem Vergleich des hypothetischen Werts mit dem tatsächlichen Wert der Kommanditanteile ergebende Differenz stellt den Schaden des (jeweiligen) Anlegers dar. Er ist in dem Vermögen des Anlegers entstanden. Nach den vorstehenden schadensrechtlichen Grundsätzen ist er allein durch Leistung an den Anleger auszugleichen.
Dem damit grundsätzlich auf Leistung an ihn selbst gerichteten Anspruch des Anlegers stehen weder schadensersatzrechtliche noch gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte entgegen oder solche, die sich aus der vertraglich festgelegten Drittbegünstigung ergeben.
Das Berufungsgericht hat den von ihm bestimmten Inhalt des Anspruchs der Kommanditisten auf Wiederauffüllung des Einzahlungskontos damit begründet, dass die Kommanditisten nicht besser gestellt werden sollten als sie ohne die Pflichtverletzung der Beklagten stünden. Sie hätten dann keinen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlage.
Indes werden bei einer Zahlung unmittelbar an die Kommanditisten diese nicht besser gestellt als ohne Pflichtverletzung der Beklagten. Der Anspruch des einzelnen Kommanditisten bemisst sich – wie ausgeführt – nach der Differenz des Werts seines Kommanditanteils mit und ohne (unterstellter) Pflichtverletzung der Beklagten. Damit wird ihm nicht seine Einlage zurückgewährt, sondern der in seinem Vermögen entstandene Schaden – nicht aus dem Vermögen der Fondsgesellschaft, sondern durch einen Dritten – ausgeglichen.
Demgegenüber führte der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts dann, wenn es sowohl auf der Grundlage der tatsächlichen wie auch der hypothetischen Vermögenslage der Schuldnerin nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nichts mehr zu verteilen gäbe, also im Vermögen der Anleger kein Schaden feststellbar wäre, zu einer unbilligen Schlechterstellung der Beklagten. Diese müsste im Ergebnis ausschließlich den im Vermögen der Schuldnerin feststellbaren Vermögensnachteil (zum Nutzen der Gesellschaftsgläubiger) ausgleichen, obwohl der Mittelverwendungskontrollvertrag gerade nicht die (Vermögens-)Interessen der Fondsgesellschaft, sondern die der Anleger schützen soll.
Andererseits könnte auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts eine nach Maßgabe der §§ 249 ff BGB nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung der Anleger eintreten; nämlich dann, wenn ohne das pflichtwidrige Verhalten des Mittelverwendungskontrolleurs nicht nur die Insolvenz des Fonds vermieden worden wäre, sondern dieser sich gewinnbringend entwickelt hätte. In diesem Falle würde es allgemeinen schadensersatzrechtlichen Grundsätzen widersprechen, die Höhe des zu ersetzenden Schadens summenmäßig auf den Betrag der pflichtwidrig freigegebenen Zahlungen zu begrenzen.
Soweit der Bundesgerichtshof im Bereich der Personenhandelsgesellschaften entschieden hat, bei Schädigung von Rechtsgütern oder des Vermögens der Gesellschaft könne Ausgleich des Schadens allein im Gesellschaftsvermögen, nicht aber beim einzelnen Gesellschafter verlangt werden4, hat dies für den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Denn Gegenstand der Entscheidungen war nicht die – hier zu beurteilende – Frage, welchen Inhalt ein eigenständiger individueller Schadensersatzanspruch des Gesellschafters bei einer zugleich erfolgten Schädigung der Gesellschaft hat, insbesondere ob sein Anspruch auf Leistung an ihn selbst oder an die Gesellschaft gerichtet ist. Vielmehr ging es in den Urteilen allein um die Anspruchsinhaberschaft. Der Bundesgerichtshof hat insofern klargestellt, dass bei einer handelsrechtlichen Gesamthand nur die Gesellschaft selbst ersatzberechtigt ist, weil die Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens im Rahmen des § 124 HGB und die damit verbundene eigene Anspruchsberechtigung und Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft einem eigenen Anspruch des Gesellschafters entgegenstehen5. Die Frage, ob ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen Schädigung der Schuldnerin alternativ den Anlegern oder der Schuldnerin zusteht, stellt sich im vorliegenden Verfahren jedoch nicht. Hier ist vielmehr zu entscheiden, worauf ein – allein streitgegenständlicher – (potenzieller) Schadensersatzanspruch der Anleger wegen Verletzung von ihnen gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten inhaltlich gerichtet ist.
Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatz für sogenannte „Reflexschäden“ bei Gesellschaftern vor allem von Kapitalgesellschaften ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht einem Gesellschafter ein Anspruch auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer Schädigung der Gesellschaft resultiert, grundsätzlich nicht zu.
Vielmehr kann er wegen der Grundsätze der Kapitalerhaltung, der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie des Gebots der Gleichbehandlung aller Gesellschafter auch aus einem eigenen Anspruch gegen den Ersatzpflichtigen in der Regel allein Leistung an die Gesellschaft verlangen6. Aus den Regelungen in § 117 Abs. 1 Satz 2 und § 317 Abs. 1 Satz 2 AktG, die jeweils einen eigenen Anspruch des Aktionärs wegen eines „Reflexschadens“ von vornherein ausschließen, um zu verhindern, dass der Aktionär der Gesellschaft zuvorkommt und dieser dadurch die Realisierung ihres Anspruchs erschwert7, hat der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit großen Teilen der Literatur den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken abgeleitet, dass generell, also auch bei Bestehen eines eigenen Schadensersatzanspruchs des Gesellschafters gegen den Schädiger, der Ausgleich solcher mittelbarer Schäden, die allein auf der Schädigung der Gesellschaft beruhen, in das Privatvermögen des Gesellschafters nicht in Betracht kommt8.
Zwar besteht auch vorliegend der potenzielle Schaden der Anleger allein in der Minderung ihres jeweiligen Beteiligungswerts an der Schuldnerin. Der Schutzweck des streitgegenständlichen Mittelverwendungskontrollvertrags schließt jedoch eine Anwendung der vorstehend dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze aus.
Der Mittelverwendungskontrollvertrag wurde, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im ausschließlichen Interesse der Anleger geschlossen. Er diente nicht dem Interesse der Schuldnerin, sondern dem Schutz des Interesses der Kommanditisten gegenüber der Schuldnerin und deren Komplementärin9. Da die Beklagte zur Kontrolle der Verwendung der Einlage jedes einzelnen beitretenden Kommanditisten berufen war, wurde ihre Schutzpflicht gegenüber jedem Anleger mit dessen Beitritt zur Schuldnerin begründet. Ziel der Kontrolle war es sicherzustellen, dass die vom jeweiligen Anleger eingebrachten Mittel im Rahmen des Investitionsplans verwendet wurden und auf diese Weise die im Fondsprospekt in Aussicht gestellte Chance auf eine entsprechende Werthaltigkeit seiner Beteiligung gewahrt wurde. Nur im Hinblick auf dieses Vermögensinteresse der vom Mittelverwendungskontrollvertrag begünstigten Anleger hatte sich die Beklagte um die Geschäfte der Schuldnerin zu kümmern. Nur zur Vermeidung einer potenziellen Entwertung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der begünstigten Anleger hatte die Beklagte gegebenenfalls eine Mittelverwendung zu verhindern, die auch die Schuldnerin selbst schädigen konnte. Gegenüber der Schuldnerin bestand die Kontrollpflicht der Beklagten indes nicht. Ein in Folge einer Verletzung der im Verhältnis zu den Kommanditisten bestehenden Schutzpflicht der Beklagten im Vermögen der Kommanditisten entstandener Schaden ist daher nicht lediglich ein „Reflexschaden“ eines zugleich im Vermögen der Schuldnerin entstandenen Schadens. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständig zu bewertenden und gegenüber den Kommanditisten auszugleichenden Schaden.
Könnte der geschädigte Anleger vorliegend in Anwendung der vom Bundesgerichtshof entwickelten gesellschaftsrechtlichen Grundsätze nur Leistung an die Gesellschaft fordern, so käme die Ersatzleistung vor allem – wenn nicht angesichts der Insolvenz und der vorrangigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger sogar ausschließlich – der Schuldnerin beziehungsweise ihren Gläubigern zugute. Damit würde der Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags weitgehend verfehlt. Denn durch ihn werden weder die Interessen der Schuldnerin noch die Interessen ihrer Gläubiger geschützt.
Im Fall der Verletzung von dem Mittelverwendungskontrolleur (ausschließlich) gegenüber den Anlegern obliegenden Kontrollpflichten ist der hierdurch im Vermögen der Anleger entstandene Schaden daher auch dann durch Leistung unmittelbar an die geschädigten Anleger auszugleichen, wenn in Folge der vertragswidrigen Mittelverwendung (durch das geschäftsführende Organ) zugleich auch ein Schaden im Vermögen der Fondsgesellschaft entstanden ist.
Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Mittelverwendungskontrollvertrags verbietet sich auch eine Auslegung des Vertrags dahin, dass die Schuldnerin (neben beziehungsweise zusätzlich zu den Anlegern) als Vertragspartnerin der Beklagten (Versprechensempfängerin) im Falle einer Pflichtverletzung der Beklagten Ersatz eigener Vermögensschäden verlangen kann10. Es verbleibt daher bei dem – sich bereits aus dem Wortlaut der Norm eindeutig ergebenden – Grundsatz, dass das neben das Recht des Dritten (Anleger) tretende eigene Forderungsrecht des Versprechensempfängers (Schuldnerin) gegen den Versprechenden (Mittelverwendungskontrolleur) ausschließlich auf Leistung an den Dritten geht, unbeschadet dessen, dass es vorliegend nicht um Primär- sondern um Sekundäransprüche geht11.
Der Insolvenzverwalter und die Schadensersatzansprüche der Gesellschafter
Die vom Berufungsgericht angenommene Verpflichtung der Beklagten, den Schaden der Anleger durch Erstattung der vom Einzahlungskonto abgeflossenen Gelder an die Masse auszugleichen, kann auch nicht auf eine Einziehungsbefugnis des Klägers gemäß oder entsprechend § 92 Satz 1 InsO gestützt werden.
Nach § 92 Satz 1 InsO können während der Dauer des Insolvenzverfahrens Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Gesamtschadens, also eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben, nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Als Insolvenzgläubiger sind in diesem Zusammenhang nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Meinung in der Literatur sowohl Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO als auch nachrangige Gläubiger im Sinne des § 39 InsO zu verstehen, also die persönlichen Gläubiger des Schuldners12. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Eine unmittelbar am Wortlaut der Norm orientierte Anwendung von § 92 Satz 1 InsO scheidet aus. Da die Anleger als Gesellschafter nicht Gläubiger der Schuldnerin sind, sondern sie als Personengesellschaft konstituieren, und da ihnen in der Insolvenz der Gesellschaft, wie aus § 199 Satz 2 InsO folgt, jeweils nur der nach Befriedigung aller Gläubiger verbleibende Überschuss anteilig zusteht, fallen sie nach dem Wortlaut der Norm nicht in deren persönlichen Anwendungsbereich.
Aber auch eine erweiternde Auslegung oder entsprechende Anwendung von § 92 Satz 1 InsO und des dort verwandten Begriffs des Insolvenzgläubigers auf Gesellschafter des Insolvenzschuldners und ihre Ansprüche kommt vorliegend nicht in Betracht. Sie ist – unabhängig von der Frage einer im Fall der Analogie erforderlichen Regelungslücke – durch Normzweck und Interessenlage nicht geboten13.
§ 92 InsO soll den ungestörten Ablauf des Insolvenzverfahrens sichern, indem der Wettlauf der Gläubiger um das pfändbare Vermögen des Ersatzpflichtigen ausgeschlossen wird. Zugleich soll die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger gewährleistet werden14. Darüber hinaus soll § 92 InsO auch dazu dienen, die Insolvenzmasse zugunsten aller Gläubiger zu vervollständigen15. Die Vorschrift hat jedoch nicht eine materielle Umverteilung zum Ziel; sie will insbesondere nicht durch eine Mehrung der Masse den Insolvenzgläubigern Vermögenswerte zukommen lassen, die ihnen – wie hier ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Gesellschafter gegen die beklagte Mittelverwendungskontrolleurin – nicht zustehen. Daher ist weitgehend anerkannt, dass der Insolvenzverwalter sogenannte „Teilgesamtschäden“ nur zugunsten der anspruchsberechtigten Gläubiger einziehen darf und insoweit eine Sondermasse zu bilden hat16. Keinesfalls könnte daher vorliegend wegen des von den Kommanditisten erlittenen Schadens – zum Vorteil vor allem auch der Insolvenzgläubiger (im Sinne von §§ 38, 39 InsO) – eine Wiederauffüllung des Einzahlungskontos in Höhe der von dort abgeflossenen Einlagen gefordert werden. Allenfalls käme die Geltendmachung von Schäden in der vorstehend definierten Höhe als Teilgesamtschaden unter Bildung einer Sondermasse zugunsten der geschädigten Kommanditisten in Betracht.
Ein Bedürfnis nach einer solchen Bündelung auch von Schadensersatzansprüchen der Gesellschafter gegen Dritte wegen einer Minderung des Werts ihrer Beteiligungen in der Hand des Insolvenzverwalters ist indes nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass gegebenenfalls auch hier ein „Wettlauf“ derjenigen Gesellschafter vermieden werden könnte, denen der Dritte (aus demselben Rechtsgrund) auf Schadensersatz haftet, begründet eine erweiternde Auslegung oder entsprechende Anwendung von § 92 Satz 1 InsO nicht. Ein „Wettlauf“ zwischen der Schuldnerin oder den Insolvenzgläubigern (im Sinne von §§ 38, 39 InsO) einerseits wegen einer gegebenenfalls durch die vertragswidrige Mittelverwendung zugleich erfolgten Schädigung des Gesellschaftsvermögens und den Kommanditisten andererseits wegen der von ihnen erlittenen Vermögensschäden ist ebenso wenig zu befürchten wie eine doppelte Inanspruchnahme des Schädigers. Denn die Beklagte als Mittelverwendungskontrolleurin haftet – wie ausgeführt – ausschließlich den Kommanditisten.
Zudem würde, da die realisierten Ansprüche, wie gesehen, der Insolvenzmasse nicht zugute kämen, der Funktionskreis des Insolvenzverwalters, dessen primäre Aufgabe die Mehrung und Verteilung der Masse zugunsten der Insolvenzgläubiger (im Sinne von §§ 38, 39 InsO) ist, ohne zwingenden Grund erheblich erweitert. Für die Interessen der Gesellschafter des Schuldners erklärt ihn das Gesetz nur ausnahmsweise für zuständig, so beispielsweise für die Herausgabe eines Überschusses gemäß § 199 Satz 2 InsO17. Eine Kompetenz zur der Herausgabe des Überschusses gleichsam vorgelagerten Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschafter entsprechend § 92 Satz 1 InsO ergibt sich hieraus jedoch nicht.
Der Insolvenzverwalter und der abgetretene Schadensersatzanspruch eines Gesellschafters/Anlegers
Die Klage ist schließlich auch nicht begründet, soweit sich der Insolvenzverwalter hilfsweise auf das abgetretene Recht eines an der Schuldnerin beteiligten Anlegers stützt.
Ein Anspruch mit dem vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Inhalt stand dem Zedenten gegen die beklagte Mittelverwendungskontrolleurin nicht zu. Wie dargelegt, konnte der Zedent ebenso wenig wie die übrigen vom Mittelverwendungskontrollvertrag begünstigten Anleger von der Beklagten Erstattung der vom Einzahlungskonto der Schuldnerin freigegebenen Gelder an die Schuldnerin beziehungsweise an den Insolvenzverwalter oder die Masse verlangen. Entsprechend konnte ein solcher Anspruch auch nicht an den Insolvenzverwalter abgetreten werden.
Die Klage aus abgetretenem Recht kann auch nicht teilweise, nämlich in Höhe des Teilbetrags Erfolg haben, welcher der vom Zedenten möglicherweise erlittenen Minderung des Werts seiner Beteiligung an der Schuldnerin entspricht. Ob ein solcher Anspruch von der vorgelegten Abtretungsvereinbarung umfasst ist, bedarf dabei keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist er vom Insolvenzverwalter prozessual nicht geltend gemacht worden und daher nicht streitgegenständlich.
Der Insolvenzverwalter hat, auch soweit er hilfsweise aus abgetretenem Recht vorgegangen ist, ausdrücklich nur einen Anspruch des Zedenten auf Erstattung der vom Einzahlungskonto freigegebenen Gelder an die Masse, also einen auf Zahlung an einen Dritten gerichteten Anspruch geltend gemacht. Dieses Klagebegehren unterscheidet sich schon in der Rechtsfolge von dem Anspruch, welcher dem Zedenten möglicherweise gegen die Beklagte zustehen könnte. Letzterer wäre auf Ersatz seiner, des Zedenten, Vermögenseinbuße in Höhe des Wertverlusts seiner Beteiligung durch Leistung an ihn persönlich gerichtet. Der klageweise geltend gemachte Anspruch hingegen geht auf Leistung an einen Dritten. Er bemisst sich zudem (nach Vorstellung des Insolvenzverwalters) nicht nach den Vermögensumständen des Zedenten, sondern nach denen der Schuldnerin (Wiederauffüllung des Einzahlungskontos), also wiederum eines Dritten. Insofern stellen die Ansprüche nicht lediglich zwei verschiedene Liquidationsformen eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs dar18 und ist der potenzielle Wertersatzanspruch des Zedenten in der Klageforderung nicht als „Minus“ enthalten. Vielmehr ist er aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen ein „Aliud“. Daran hat auch die (behauptete) Zession, die wegen § 399 1. Alt. BGB keine Inhaltsänderung zur Folge haben konnte, nichts geändert.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. März 2013 – III ZR 260/11
- Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb.2005, § 249 Rn. 210; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 325[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 06.05.2004 – III ZR 247/03, BGHReport 2004, 1159, 1161 und vom 11.05.2006 – III ZR 228/05, NJW-RR 2006, 1403 Rn. 9; BGH, Urteile vom 06.07.2000 – IX ZR 198/99, NJW 2001, 673, 674 und vom 07.11.2000 – VI ZR 400/99, NJW 2001, 1274[↩]
- BGH, Urteil vom 06.05.2004, aaO; MünchKomm-BGB/Oetker, aaO Rn. 312, 317 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 17.06.1953 – II ZR 205/52, BGHZ 10, 91, 100 und vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 194[↩]
- BGH aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 10.11.1986 – II ZR 140/85, NJW 1987, 1077, 1079; vom 29.06.1987 – II ZR 173/86, NJW 1988, 413, 414 und vom 11.07.1988 – II ZR 243/87, BGHZ 105, 121, 130 f[↩]
- vgl. BR-Drucks. 100/60a S. 147 zu § 113 AktGE[↩]
- vgl. Urteile vom 10.11.1986, vom 29.06.1987 und vom 11.07.1988, jeweils aaO; MünchKomm-BGB/Oetker aaO § 249 Rn. 288; MünchKomm-AktG/Spindler, 3. Aufl., § 93 Rn. 283 und § 117 Rn. 52[↩]
- zur Schutzrichtung eines zugunsten der Anleger von einer Fondsgesellschaft als Versprechensempfängerin geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrags vgl. auch BGH, Urteil vom 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn.19 f[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1984 – VI ZR 158/82, BGHZ 89, 263, 266 f[↩]
- vgl. Staudinger/Jagmann, BGB, Neubearb.2009, § 335 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Gottwald aaO § 335 Rn. 4[↩]
- vgl. Kreft/Kayser, InsO, 6. Aufl., § 92 Rn. 18; Jaeger/Müller, InsO, § 92 Rn.19; Wittkowski/Kruth in Nerlich/Römermann [2012], InsO, § 92 Rn. 10[↩]
- so Kiethe, ZIP 2005, 1535, 1538 für über reine Reflexschäden hinausgehende Schäden der Gesellschafter; Graf-Schlicker/Hofmann, InsO, 3. Aufl., § 92 Rn. 2; a.A. für reine Reflexschäden der Gesellschafter: Haas/Hossfeld in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 92 Rn. 497[↩]
- vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 139 zu § 103 InsOE; MünchKomm-InsO/Brandes aaO § 92 Rn. 1; Hammes in Hess, Insolvenzrecht, § 92 InsO Rn. 1; Jaeger/Müller aaO Rn. 3[↩]
- vgl. BT-Drucks. 12/2443 aaO; MünchKomm-InsO/Brandes aaO Rn. 2[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.2008 – IX ZB 199/05, NZI 2009, 108, 109 (zur parallelen Problematik bei § 93 InsO); MünchKomm-InsO/Brandes aaO Rn. 11; Wittkowski/Kruth aaO Rn. 5; Graf-Schlicker/Hofmann aaO Rn. 3[↩]
- Kreft/Depré aaO § 199 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Hintzen aaO § 199 Rn. 2; Westphal in Nerlich/Römermann aaO § 199 Rn. 7 ff[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 17.06.1992 – I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 23[↩]