Schadensersatzpflicht von Bankvorständen

In einem aktuellen Urteil hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Klage der Corealcredit Bank (Klägerin) auf Schadensersatz gegen ehemalige Vorstandsmitglieder (Beklagte) wegen angeblicher Pflichtverstöße durch Zinsgeschäfte auch in der Berufung eine Absage erteilt.

Schadensersatzpflicht von Bankvorständen

Die Beklagten des jetzt vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Falls waren Mitglieder des Vorstands der Klägerin, nachdem diese durch die Fusion zweier Vorgängerinstitute Anfang 2001 entstanden war. Die Dienstverträge der Beklagten wurden in den Jahren 2002 bis 2003 einvernehmlich aufgehoben. In den Jahren 2001/2002 entschieden die Beklagten, dass für die Klägerin – neben deren originären Hypothekenbankgeschäft – auch derivative Zinsgeschäfte vorgenommen werden sollten, u.a. Zinsswap-Geschäfte und Forward Rate Agreements. Diese Geschäfte überstiegen nach Bezugsbeträgen das Volumen des Bilanzgeschäfts erheblich, ohne dass für drohende Verluste Rückstellungen gebildet worden waren.

Mit der Klage hat die Klägerin von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von über 250 Mio. € wegen des negativen Ergebnisses von 52 vorzeitig aufgelösten Derivategeschäften verlangt sowie die Feststellung, dass die Beklagten zudem für 147 weitere, noch nicht beendete Geschäfte schadensersatzpflichtig seien. Das Landgericht Frankfurt am Main hatte die Klage abgewiesen1. Hiergegen hatte die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt. Sie sieht in dem Handeln ihrer ehemaligen Vorstandsmitglieder eindeutige Pflichtverstöße, da die von ihnen abgeschlossenen Derivategeschäfte unzulässig gewesen seien.

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Dieser Auffassung folgt das Oberlandesgericht Frankfurt jedoch nicht, sondern stellte vielmehr fest, dass der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zusteht:

Die Klage scheitere bereits daran, entschied das OLG Frankfurt, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, überhaupt einen Schaden darzulegen, der durch die Entscheidungen der Beklagten verursacht worden sei. Der Abschluss eines Derivategeschäfts selbst könne noch nicht als Vermögensminderung zum Nachteil der Klägerin begriffen werden. Derivategeschäfte seien – jedenfalls als Hilfsgeschäfte – auch nicht grundsätzlich verboten (wird ausgeführt). Zu einem Schaden durch diese Geschäfte könne es nur dann gekommen sein, wenn sich die Vermögenslage der Klägerin im Vergleich zur hypothetischen Situation ohne Abschluss dieser Geschäfte besser dargestellt hätte.

Bei diesem Vergleich könne nicht isoliert auf das negative Ergebnis eines einzelnen Geschäfts abgestellt werden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten nicht über den Abschluss von Einzelgeschäften, sondern ganzer Pakete entschieden hätten, von denen einzelne auch Vermögensvorteile einbrachten. Die Klägerin hätte deshalb für jeden einzelnen Beschluss der Vorstände – nicht nur zu den Geschäften mit negativem Ergebnis – vortragen müssen, zu welchem Ergebnis er geführt habe. Erst wenn sich bei einer Saldierung aller Geschäfte eines Paketes ein negatives Ergebnis ergeben hätte, wäre ein Schaden möglich.
Selbst dann aber wäre ein Schaden noch nicht gegeben. Es müsse nämlich berücksichtigt werden, dass die Klägerin für das sich aus mehreren Einzelgeschäften ergebende Gesamtrisiko Sicherungsgeschäfte abgeschlossen habe (sog. „Makro-Hedging“). Ein Schaden durch die beanstandeten Anlageentscheidungen der Beklagten könne deshalb nur dann vorliegen, wenn sich die Gesamtvermögensposition der Klägerin bei Berücksichtigung aller Geschäfte verschlechtert hätte. Dies habe die Klägerin indes nicht dargelegt.

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22. März 2011 – 5 U 29/06

  1. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.1.1006 – 3/9 O 143/04[]