Schufa-Eintrag trotz Ratenzahlungsvereinbarung – oder: der Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzaufsicht

Eine getroffene Ratenzahlungsvereinbarung führt zur Rechtswidrigkeit einer Eintragung bei einer Wirtschaftsauskunftei (hier: Schufa) und begründet einen Anspruch des Betroffenen gegen den (hier:) Hessischen Landesbeauftragten für den  Datenschutz und die Informationsfreiheit auf Einschreiten gegen diese unberechtigte Datenverarbeitung durch die Schufa.

Schufa-Eintrag trotz Ratenzahlungsvereinbarung – oder: der Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzaufsicht

Der Schuldner hat einen Anspruch auf aufsichtsbehördliches Einschreiten nach Art. 77 Abs. 1, 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 lit. a), 58 DS-GVO des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gegen die Schufa Holding AG (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

Nach Art. 77 Abs. 1 DS-GVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedsstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt. Nach Art. 57 Abs. 1 lit. a) DS-GVO muss jede Aufsichtsbehörde die Anwendung der DS-GVO überwachen und durchsetzen. Art. 58 DS-GVO regelt die Befugnisse der Aufsichtsbehörde1.

Der Schuldner hatte sich gemäß Art. 77 DS-GVO an die Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gewandt, um die Löschung der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten zu erreichen.

Die materiellen Anspruchsvoraussetzungen liegen vor.

Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ausübung des Einschreitermessens des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit besteht in Konstellationen wie der vorliegenden, wenn die Datenverarbeitung rechtswidrig ist und die rechtswidrig gespeicherten Daten zu löschen sind (Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO).

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Die Datenverarbeitung ist rechtswidrig, wenn sie nicht durch einen Erlaubnistatbestand nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 DS-GVO gedeckt ist.

Insoweit hat die Kammer bereits erhebliche Zweifel daran, dass Rechtsdienstleister im Rahmen von Inkassodienstleistungen Einmeldungen an die Schufa Holding AG ohne gesonderte Beauftragung durch ihren Auftraggeber vornehmen dürfen. Sowohl nach § 11 BDSG a.F., wie auch nach dem nunmehrigen Art. 28 DS-GVO hat im Rahmen der Auftragsverarbeitung die Datenverarbeitung nur im Rahmen der Weisung des Auftraggebers zu erfolgen, mithin dürften auf Grundlage des Auftragsverarbeitungsvertrags nur auf dokumentierte Weisung des Verantwortlichen personenbezogene Daten für andere Zwecke als ursprünglich angegeben erfolgen.

Eine entsprechende Beauftragung zur Meldung ergibt sich nicht automatisch im Rahmen einer Beauftragung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz, die, anders als Art. 28 DS-GVO durch die Dokumentationspflicht implizit verlangt, auch mündlich erfolgen kann. Insoweit beinhaltet eine Rechtsdienstleistung keine Berechtigung des Rechtsdienstleisters, Daten an einen Dritten zu übermitteln. Auch lässt das Rechtsdienstleistungsgesetz eine Zweckänderung der Daten nicht automatisch zu. Es handelt sich um eine Problematik, welche die Kammer bereits in mehreren Verfahren – ohne, dass es darauf ankam – angesprochen hatte. Mithin bestehen vorliegend bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Einmeldung durch die Inkasso-Unternehmerin nach § 28 a BDSG a.F. überhaupt zulässig war.

Soweit die Inkasso-Unternehmerin im Schreiben vom 23.01.2018 an den Schuldner den Hinweis aufgenommen hat, dass man sich vorbehalte, eine Datenspeicherung bei der CRIF Bürgel GmbH – Niederlassung München – und bei der SCHUFA Holding AG vorzunehmen, ergibt sich hieraus nichts anderes. Der Hinweis kann sich nur auf Forderungen beziehen, über die man selbst als Forderungsinhaber verfügt, nicht jedoch auf Forderungen, die im Rahmen der Rechtsdienstleistung für Dritte eingefordert werden. Denn die Inkassodienstleistung umfasst insoweit nur die Einziehung einer fremden oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderung, § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz. Dass eine Beauftragung der Inkasso-Unternehmerin über die reine Rechtsdienstleistung hinaus erfolgt ist, wurde nicht kundgetan.

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§ 28a Abs. 1 BDSG a.F., der auf die vorliegende Speicherung in zeitlicher Hinsicht Anwendung findet, vermittelt keine Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Schufa Holding AG

Aufgrund welcher Ziffer von § 28a Abs. 1 BDSG a.F. die Datenübermittlung der Inkasso-Unternehmerin an die Schufa Holding AG erfolgte, ist nicht dokumentiert. In Betracht kämen § 28a Abs. 1 Nr. 4 oder 5 BDSG a.F.

Beide Varianten sind indes nicht erfüllt, denn es fehlt bereits an der nach § 28a Abs. 1 S. 1 BDSG erforderlichen Fälligkeit der geschuldeten Leistung im Zeitpunkt der Eintragung.

Durch die Kündigung wurde zwar zunächst der Rückzahlungsanspruch der kreditgebenden Bank fällig.

Durch Stundungsvereinbarung haben der Schuldner und die Bank allerdings die Fälligkeit der Rückzahlungsforderung beseitigt. Ein bloßer unverbindlicher Zahlungsaufschub (pactum de non petendo) liegt hingegen nicht vor.

Ob eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Schuldner und der Gläugiberin im Sinne zwei übereinstimmender Willenserklärungen mit Rechtsbindungswillen zustande gekommen ist, ist durch Betrachtung der Gesamtumstände und Auslegung von Erklärungen der Beteiligten zu ermitteln.

Die Inkasso-Unternehmerin als Vertreterin der Bank im Rahmen der Abwicklung der streitigen Forderung hat dem Schuldner am 14.02.2018 das Angebot einer Ratenzahlung gemacht, das erkennbar auf den Abschluss eines Vertrages ausgerichtet war und nicht nur ein einseitiger Verzicht auf die weitere Verfolgung der Gesamtsumme darstellt. So heißt es in Ziff. 3 des Antrags: „Die jeweilige noch verbleibende Gesamtrestforderung ist zur Zahlung sofort fällig, wenn der Schuldner mit einer Rate ganz oder teilweise länger als 5 Tage in Rückstand ist“. Diese Regelung ergibt nur Sinn, wenn die Fälligkeit ansonsten aufgehoben ist. Im Falle eines einseitigen Verzichts auf Geltendmachung im Sinne eines pactum de non petendo ohne Einfluss auf die weiterhin bestehende Fälligkeit bedarf es nämlich gerade keiner Regelung der Fälligkeit der Restforderung bei erneutem Verzug des Schuldners.

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Mit der in der Folge zunächst unstreitig vertragsgemäßen Leistung bis zur Schwelle der Überzahlung hat der Schuldner den Antrag der Inkasso-Unternehmerin jedenfalls konkludent angenommen und zwar deutlich vor der Einmeldung durch die Inkasso-Unternehmerin Dem entspricht die Formulierung im Schreiben der Inkasso-Unternehmerin vom 12.12.2018, in dem auf die „geschlossene Vereinbarung/Teilzahlungsvergleich“ Bezug genommen wird.

Unschädlich ist, dass der so vereinbarte Zahlungsaufschub aller Voraussicht nach wegen Verstoßes gegen die Schriftform (§ 506 Abs. 1 i.V.m. § 492 Abs. 1, 494 BGB) nichtig ist. Es ist anerkannt, dass der Darlehensgeber – hier die Bank – sich nicht auf die Formnichtigkeit berufen kann, weil sie bzw. ihre Vertreterin es selbst in der Hand hat, Verbraucherschutzbestimmungen einzuhalten2. Die Bank und damit letztlich auch die Schufa Holding AG müssen die Stundung der Forderung daher auch dann akzeptieren, wenn die Ratenzahlungsabrede zwar unwirksam ist, der Schuldner aber gleichwohl darauf leistet. Eben das ist hier der Fall.

Mithin hat die Inkasso-Unternehmerin entsprechend dem geschlossenen gerichtlichen Vergleich die Schufa Holding AG nach Art.19 DS-GVO darauf hingewiesen, dass die Einmeldung und damit die Eintragung fehlerhaft ist. Insoweit teilte die Inkasso-Unternehmerin der Schufa aufgrund des Vergleiches mit dem Schuldner mit, dass die Einmeldung rechtsfehlerhaft sei. Sinn und Zweck dieser Mitteilung war, das „Recht auf Vergessen“ sicherzustellen und zu gewährleisten. Jede unrechtmäßige Datenverarbeitung begründet bereits aufgrund der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 5 Abs. 1 lit. a, d DS-GVO) zusätzliche Löschungsansprüche der betroffenen Person. Bei der Mitteilung der Inkasso-Unternehmerin an die Schufa Holding AG kam diese ihrer Nachberichtspflicht nach, bei der die betroffene Person darauf vertrauen muss, dass der Empfänger der Mitteilung seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommt und ihrerseits die betroffenen Rechte gewährt. Dieser Umsetzungspflicht ist die Schufa Holding AG nicht nachgekommen.

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Mithin steht der Schufa auch kein eigenständiger Beurteilungsspielraum zu, welcher sie ermächtigen würde, die Einmeldevoraussetzungen selbst zu bestimmen. Erst Recht kommt es dabei auf die sogenannten Codes of Conduct, die „Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018“ des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ nicht an. Auch nicht darauf, dass die Kammer erhebliche Bedenken hat, ob die Verhaltensregeln mit Art. 40 DS-GVO vereinbar sind3.

Ein Abstellen des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit allein auf Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. b) und f) DS-GVO i.V.m. § 31 BDSG n.F. i.V.m. den Verhaltensregeln der Auskunfteien führt insoweit zu einem vollständigen Ermessensausfall des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Vorliegend sind vielmehr die Voraussetzungen zur Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. a) und d) DS-GVO gegeben. Bereits die Frage der rechtmäßigen Einspeicherung der streitgegenständlichen Daten durch einen Rechtsdienstleister wirft berechtigte Zweifel an der Zulässigkeit der Datenweitergabe im Rahmen einer Auftragsverarbeitung an die Schufa Holding AG auf. Spätestens jedoch nach Vorlage des zivilgerichtlichen Vergleichs ergibt sich zwingend, dass die ursprünglich zu Recht oder zu Unrecht gespeicherten Daten, die von der Inkasso-Unternehmerin stammen, bei der Schufa nicht mehr rechtmäßig gespeichert werden.

Die Schufa Holding AG kann sich insoweit auch nicht zu einer „Neuen Herrin“ der Daten erklären, wenn die Datenübermittlung rechtswidrig war bzw. rechtswidrig geworden ist. Insoweit steht es der Schufa nach der DS-GVO nicht zu, diese Daten für eigene Zwecke weiterzuverarbeiten.

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Hätte der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sein Ermessen im Sinne der DS-GVO selbst ausgeführt, wäre er zu keinem anderen Ergebnis gekommen.

Verwaltungsgericht Wiesbaden, Beschluss vom 27. September 2021 – 6 K 549/21.WI

  1. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 14.06.2021 – C-645/19[]
  2. vgl. MünchKomm-BGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl.2019, § 492 Rn. 23[]
  3. siehe dazu  OLG Schleswig, Urteil vom 02.07.2021 – 17 U 15/21, Rn. 65 ff.[]

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