Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts1.

Prognosen sind nach den bei ihrer Erstellung gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen2.
Der Prospekt darf eine optimistische Erwartung der Prognose einer zukünftigen Entwicklung zugrunde legen, solange die die Erwartung rechtfertigenden Tatsachen sorgfältig ermittelt sind und die darauf gestützte Prognose der künftigen Entwicklung aus damaliger Sicht vertretbar ist3.
Nach diesen Maßgaben stellte im hier entschiedenen Fall der Prospekt die künftige Konkurrenzsituation im Marktsegment des Anlageobjekts vertretbar dar. Die Fondsimmobilie war unstreitig als „Grade A“-Immobilie, also als Immobilie mit einem sehr hohen Standard, einzustufen. Die Marktverhältnisse sind in Bezug auf das Segment der „Grade A“-Immobilien in dem Prospekt nicht unrichtig oder unvollständig dargestellt. Auf der Grundlage einer rechtlich nicht zu beanstandenden sorgfältigen tatrichterlichen Würdigung des L. Office Policy Review vom August 2006 und der Berichte der Firma S. aus dem Sommer 2005 und dem Frühjahr 2006 ist das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angaben im Prospekt, es seien zukünftig eine steigende Nachfrage nach Büroflächen, eine sinkende Leerstandsrate und in den Jahren 2006 und 2007 nur eine spekulative Neubautätigkeit im Umfang von 315.000 m² zu erwarten, vertretbar waren.
Auch ergibt sich aus dem Prospekt deutlich, dass die Ausführungen auf das Marktsegment der „Grade A“Immobilien zugeschnitten sind. So wird die Leerstandsrate sowohl allgemein als auch in Bezug auf Objekte mit „Grade A“-Qualität angegeben. Die Höhe und Entwicklung der sogenannten „headline rent“ wird bezogen auf „Grade A“-Immobilien dargestellt. Für das Jahr 2005 wird eine Gesamtvermietungsleistung von 489.000 m² angegeben und darüber informiert, dass 70% der Vermietungsleistung auf „Grade A“-Büroimmobilien entfielen. Es ist auch ein Schaubild zur „sinkende[n] Verfügbarkeit von Büroflächen in der C. L. (Prognose)“ enthalten, bei dem sich der Darstellung für den Zeitraum von 1992 bis 2004 das Flächenmaß sowohl für die „Grade A“-Büroflächen als auch für die „Grade B“-Büroflächen entnehmen lässt. Dies illustriert sowohl die Nachfrage nach „Grade A“-Büroflächen als auch den Umfang derartiger Flächen. Vor diesem Hintergrund waren die von den Rechtsbeschwerden geforderten Angaben über die mögliche Zahl der Nachfrager für „Grade A“-Immobilien und das Flächenverhältnis zwischen „Grade A“-Büroflächen und Büroflächen allgemein in der L. City nicht erforderlich.
Der Prospekt enthält zudem – was nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 VermVerkProspV in der vom 01.07.2005 bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung (im Folgenden aF) erforderlich ist – auf die Fondsimmobilie bezogene Angaben, wobei unter anderem ausdrücklich angegeben wird, dass es sich um ein Objekt mit „Grade A“Qualität handelt. Auf Seite 23 ist ausgeführt, dass das Objekt im Rahmen von zwölf Mietverträgen „vollständig vermietet“ sei und zur Zeit Gesamtmieteinnahmen von 11.287.350 GBP pro Jahr erziele. Auf Seite 8 wird als Hauptmieterin die I. Ltd benannt, deren Mietvertrag am 28.09.2016 endet und 91, 3% der Gesamtjahresmiete ausmacht. Auf Seite 101 ff. werden die abgeschlossenen Mietverträge ausführlich dargestellt.
Soweit von den Anlegern nun vertreten wird, dass die Darstellung der Konkurrenzsituation sich nicht nur auf „Grade A“-Immobilien habe beschränken dürfen, sondern das zu erwartende Gesamtangebot an Büroflächen und den Gesamtmarkt hätte umfassen müssen, ergibt sich daraus keine Unvertretbarkeit der Prognose. Da die Prognose nur auf ihre Vertretbarkeit hin zu untersuchen ist, kommt dem Emittenten bei der Auswahl des Prognoseverfahrens und der Informationen, die ihr zu Grunde gelegt werden, ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt4. Der hohe Standard einer Immobilie ist wie die Lage ein für die Bewertung maßgebender Umstand, weil er sich auf den Vermietungserfolg auswirkt5. Auch in den Berichten der Firma S. wird mit diesen Kategorien gearbeitet. Dass der Prospekt die Prognose auf „Grade A“-Immobilien in der C. L. bezieht, ist daher nicht zu beanstanden.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. März 2021 – XI ZB 3/18
- BGH, Urteil vom 12.07.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 865; BGH, Urteil vom 27.10.2009 – XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn.19; BGH, Beschluss vom 06.10.2020 – XI ZB 28/19, WM 2020, 2411 Rn. 44[↩]
- BGH, Urteile vom 12.07.1982 aaO; und vom 18.07.2008 – V ZR 71/07, WM 2008, 1798 Rn. 11; BGH, Urteil vom 27.10.2009 aaO; BGH, Beschluss vom 06.10.2020 aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 27.10.2009 aaO Rn. 22; vgl. BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/14, WM 2021, 285 Rn. 103[↩]
- BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/14, WM 2021, 285 Rn. 77[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 02.03.2009 – II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 7; und vom 09.11.2007 – V ZR 281/06, NZM 2008, 379 Rn. 8[↩]