Mit der Darstellung der mit der Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 3 VermVerkProspV in der vom 01.07.2005 bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

Anlass hierfür bot dem Bundesgerichtshof der Verkaufsprospekt eines Schifffonds, auf den noch das Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung (im Folgenden: VerkProspG aF) anzuwenden war. Bei diesen hatte das Oberlandesgericht München in einem Musterentschieid1 einen Prospektfehler hinsichtlich der Darstellung bestehender Risiken einer Fremdfinanzierung verneint. Der Bundesgerichtshof bestätigte dies nun und wies die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Musterklägers zurück: Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Feststellung nicht getroffen, dass im Prospekt keine ausreichenden und ordnungsgemäßen Hinweise auf Wechselkursrisiken und den Abschluss von „Loan-to-Value“-Klauseln mit finanzierenden Banken enthalten seien, insbesondere die Hinweise, dass es sich um ein reines US-Dollar-Investment handele, irreführend gewesen seien und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliege.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 VermVerkProspV aF sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen Vermögensanlagen einschließlich der mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken in einem gesonderten Abschnitt, der nur diese Angaben enthält, darzustellen. Dabei ist das den Anleger treffende maximale Risiko in seiner Größenordnung zu beschreiben (§ 2 Abs. 2 Satz 4 VermVerkProspV aF). Für die Darstellung eines Risikos ist es erforderlich, dass der Prospekt erläutert, welches Ereignis zur Verwirklichung eines bestimmten Risikos führen kann2. Vor diesem Hintergrund sind die Prospektangaben im Kapitel „Risiken der Vermögensanlage“ unter den Punkten „Vertragspartner“, „Risiken der Fremdfinanzierung“ und „Währungsrisiko“ ausreichend.Schon aus der Angabe, dass die Finanzierung teilweise durch Schiffshypothekendarlehen erfolgt, ergibt sich, dass die Schiffe als Sicherheiten der Darlehen dienen. Indem ausgeführt wird, dass die Möglichkeit einer Sonderkündigung des Darlehensgebers bei Eintritt von Ereignissen besteht, die eine ordnungsgemäße Durchführung der Verträge unmöglich machen oder gefährden beispielsweise bei Verlust eines Schiffes , wird dem Anleger deutlich, dass es bei einer Beeinträchtigung oder einem Ausfall der Sicherheit zur Kündigung des Darlehensvertrags und dadurch zu einem Totalverlust der Einlage kommen kann. Zur Darstellung dieses Risikos ist es nicht erforderlich, im Einzelnen den Inhalt von „Loan-to-Value“-Klauseln in den Darlehensverträgen darzustellen. Denn wenn die Bank aufgrund derartiger vertraglicher Regelungen in bestimmten Konstellationen beispielsweise zusätzliche Sicherheiten oder eine Sondertilgung verlangen kann, so besteht das Risiko weiterhin darin, dass es zu einem Totalverlust der Einlage kommen kann, weil der Darlehensnehmer die zusätzlichen Sicherheiten nicht stellen oder die Sondertilgung nicht leisten kann und die Bank deshalb den Darlehensvertrag kündigt. Es ändert sich daher weder an dem Risiko noch an der Ursache des Risikos etwas3.
Im Hinblick auf die Währungsrisiken ergibt sich aus den Angaben des hier streitgegenständlichen Prospekts, dass ein Währungsrisiko für die Zins- und Tilgungsleistungen entstehen würde, wenn die zuständigen Organe eine Valutierung eines Hypothekendarlehens in einer anderen Währung als US-Dollar beschließen sollten. Dieser Hinweis erfolgt nicht nur unter dem Punkt „Risiken der Fremdfinanzierung“, sondern auch unter dem Punkt „Währungsrisiko“ und jeweils direkt nach der Aussage, dass die Finanzierung „zu 100%“ beziehungsweise „ausschließlich“ in US-Dollar vorgenommen wird. Dem Anleger wird somit unmittelbar vor Augen geführt, dass es nicht bei einem „reinen US-Dollar-Investment“ bleiben muss.
Insbesondere führt auch das unter Beweis gestellte; und vom Oberlandesgericht als wahr zugrunde gelegte Vorbringen des Musterklägers, dass von Anfang an bekannt gewesen sei, dass Umfinanzierungen und Darlehensaufnahmen insbesondere in JPY in Betracht kämen, nicht dazu, dass dies bei den Risikohinweisen ausdrücklich zu erwähnen war beziehungsweise diese insoweit spezifiziert werden mussten.
Dier Musterkläger führt zur Begründung aus, dass das Risiko, dass Banken Rechte aus einer „Loan-to-Value“-Klausel herleiten, besonders groß gewesen sei, weil die Schiffskäufe bei einem hohen Preisniveau getätigt worden seien und dazu noch die Fremdwährungsrisiken durch die ins Auge gefasste Finanzierung über JPY kämen. Diese Umstände lassen sich dem Prospekt jedoch entnehmen. Der Prospekt beziffert die jeweiligen Darlehenssummen und erläutert die Absicherung der Darlehen. Zudem beschreibt er die Schiffe im Detail wobei es sich bei vielen laut Prospekt um noch im Bau befindliche Schiffe handelte und gibt die Bewertung der Kaufpreise in den eingeholten Schiffsgutachten wieder. Für alle noch im Bau befindlichen Schiffe ging der Gutachter davon aus, dass „die Schiffe bei Ablieferung neuwertig sind und sich in einem mängelfreien und betriebssicheren Zustand ohne Auflagen und Einschränkungen der Klasse befinden werden“. Der Prospekt weist jedoch darauf hin, dass grundsätzlich das Risiko bestehe, dass „die Schiffe nicht termingerecht abgeliefert werden bzw. dass bauliche Mängel auftreten können“. Damit konnte der Anleger selbst die Schwierigkeiten einschätzen, die sich bei der Stellung der Schiffe als Sicherheit ergeben, und somit auch selbst das damit zusammenhängende Risiko beurteilen. Dass zusätzlich noch Fremdwährungsrisiken bei einer Valutierung in einer anderen Währung auftreten können, musste dem Anleger schon deshalb klar sein, weil dieses Risiko bei der Fremdfinanzierung ausdrücklich erwähnt war. Ferner war bei den allgemeinen Ausführungen zu den Risiken angegeben, dass die Risiken alleine oder zusammen zu einem Misserfolg der Vermögensanlage und damit zu einem Totalverlust führen können.
Da Fremdwährungsdarlehen in JPY nach dem Vortrag des Musterklägers erst im Jahr 2009 abgeschlossen wurden und es „Loan-to-Value“-Klauseln in den unterschiedlichsten Ausprägungen gibt4, konnten bei Erstellung des Prospekts im Jahr 2005 zudem keine Informationen darüber gegeben werden, welche Rechte die Bank aufgrund einer „Loan-to- Value“-Klausel bei Wechselkursschwankungen haben könnte.
Auch unter dem Punkt „Währungsrisiko“ war nicht darauf einzugehen, dass eine Umfinanzierung speziell in JPY in Frage kommt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich durch eine Umfinanzierung in JPY ein wesentlich anderes Währungsrisiko als das angegebene ergeben könnte. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde führt dieser Umstand auch nicht zu einer Umwandlung eines lediglich abstrakten in ein konkretes Risiko. Werden in einem Prospekt Risiken aufgeführt, so muss der Anleger davon ausgehen, dass mit deren Verwirklichung ernsthaft zu rechnen ist oder sie jedenfalls nicht nur ganz entfernt liegen. Denn nur insoweit besteht überhaupt eine Pflicht zur Aufklärung5. Der allgemeine Hinweis, dass Währungsrisiken entstehen können, wenn eine Valutierung der Darlehen in eine andere Währung beschlossen werden sollte, kann daher beim Anleger kein Vertrauen darauf begründen, dass es nur in ganz seltenen Fällen zu einem derartigen Beschluss kommen wird oder dass sich die Geschäftsführung zu diesem Thema noch keine Gedanken gemacht hat.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Mai 2021 – XI ZB 19/18
- OLG München, Musterentscheid vom 29.05.2018 – 5 Kap 1717[↩]
- BGH, Beschluss vom 30.03.2021 – XI ZB 3/18, n.n.v., Rn. 48; vgl. Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz/Vermögensanlagengesetz, 3. Aufl., § 2 VermVerkProspV Rn. 41; Voß in Arndt/Voß, Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz und Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte, 2008, § 2 VermVerkProspV Rn. 106[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2021 – XI ZB 3/18, n.n.v., Rn. 50[↩]
- vgl. Schmid-Burgk, WM 2015, 57, 58[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2013 – II ZR 143/12, WM 2013, 1742 Rn. 12; Beschluss vom 29.07.2014 – II ZB 1/12, WM 2014, 2040 Rn. 31[↩]