Kein Bier-Kartell in NRW

Das Bundeskartellamt hatte Anfang 2014 gegen mehrere Brauereien, Verbände und Verantwortliche wegen verbotener Preisabsprachen Geldbußen von insgesamt 338 Millionen Euro verhängt. Das sich anschließende Verfahren vor dem Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf endete jetzt mit Freisprüchen:

Kein Bier-Kartell in NRW

Das Bundeskartellamt hat am 27.12.2013 und 31.03.2014 wegen verbotener Preisabsprachen bei Bier Geldbußen in einer Höhe von insgesamt rund 338 Mio. Euro gegen 11 Unternehmen, einen Verband sowie 14 persönlich Verantwortliche verhängt. Hierbei handelte es sich um die Brauerein Bitburger, Carlsberg, Kromberger, Radeberger, Veltins, Warsteiner, Barre, Bolten, Erzquell, Früh und Gaffel sowie den Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien e. V. (Brauereiverband NRW). Keine Geldbuße wurde gegen die zum belgischen Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev gehörende Anheuser-Busch InBev Germany Holding GmbH (AB InBev) verhängt, da sie dem Bundeskartellamt im Rahmen eines Bonusantrags ausreichende Informationen für die Einleitung des Verfahrens vorgelegt hatte.

Die geahndeten Absprachen betrafen, so das Bundeskartellamt, zwei Preiserhöhungen, eine für Fassbier zum Herbst 2006 und eine für Flaschen- und Fassbier für Anfang 2008. Die Kontakte für die Absprache der ersten Preiserhöhung begannen im Oktober 2005 auf der ANUGA in Köln. Die Brauereien Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner einigten sich im Rahmen weiterer multilateraler und bilateraler Kontakte bis zum Mai 2006 auf eine Preiserhöhung für Fassbier zum Herbst 2006. Auf einer Sitzung des Wettbewerbsausschusses des Brauereiverbandes NRW im Juni 2006, an dem auch Vertreter der Brauereien AB InBev, Veltins und Warsteiner teilnahmen, tauschten sich die anwesenden Brauereien über eine Preiserhöhung aus. Bei Fassbier bestand weitgehend Einigkeit, dass die Erhöhung mindestens 5 bis 6 Euro pro Hektoliter betragen müsse und zum Herbst 2006 erfolgen solle. Bis Ende November 2006 kam es in Deutschland zu einer fast flächendeckenden Preiserhöhung bei Fassbier. Im März 2007 diskutierten Vertreter der Brauereien AB InBev, Bitburger, Carlsberg, Radeberger, Veltins und Warsteiner am Rande der Internorga in Hamburg die Notwendigkeit einer weiteren Preiserhöhung. Sie waren sich im Ergebnis einig, eine Preiserhöhung vorzunehmen, wenn Krombacher als Marktführer mitginge. Die Bierpreiserhöhung sollte der Höhe nach tendenziell 1,00 Euro für ein Referenzgebinde (24 x 0,33l bzw. 20 x 0,5l) betragen. Nach einer Reihe von bilateralen Kontakten mit Teilnehmern des Treffens am Rande der Internorga vor allem im August 2007 entschied Krombacher Ende dieses Monats, für Anfang 2008 eine Preiserhöhung für Flaschen- und Fassbier vorzunehmen, und lancierte dies u.a. in entsprechenden Zeitschriften. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere bilaterale Kontakte. Auf einer Sitzung des Wettbewerbsausschusses des Brauereiverbandes NRW Anfang September 2007 – unter Beteiligung von Vertretern der Brauereien AB InBev, Veltins und Warsteiner – wurde ebenfalls eine Preiserhöhung diskutiert; die Teilnehmer wurden dabei über die Entscheidung der nationalen Premium-Brauereien informiert, Anfang 2008 die Bierpreise zu erhöhen. In der Folge kam es in Deutschland wiederum zu einer fast flächendeckenden Preiserhöhung bei Flaschen- und Fassbier.

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Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Frühjahr 2012 aufgrund eines Bonusantrags von AB InBev und nach Durchführung erster Vernehmungen eingeleitet. Im Laufe des Verfahrens stellten Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner weitere Bonusanträge. Das Bundeskartellamt ist bei der Bebußung von einer einheitlichen Tat ausgegangen, da es nach dem Ergebnis der Ermittlungen unter den Premium-Brauereien ein Grundverständnis in dem Sinne gab, dass allgemeine Preiserhöhungen (d.h. solche, die sich nicht auf bestimmte Marken oder Gebinde beschränken) zumindest zwischen den großen Premium-Brauereien vorab abgesprochen und entsprechend umgesetzt wurden. Ein vergleichbares Grundverständnis gab es in Nordrhein-Westfalen auch unter den Sitzungsteilnehmern des Wettbewerbsausschusses des Brauereiverbandes NRW.

Gegen die 14 persönlich Verantwortlichen hat das Bundeskartellamt Geldbußen im Rahmen des gesetzlichen Regelbußgeldrahmens (bis zu einer Mio. Euro) verhängt; die Gesamthöhe dieser Geldbußen betrug ca. 3,6 Mio. Euro. Gegen die 11 Brauereien wurden durchweg Geldbußen im Rahmen des umsatzbezogenen Bußgeldrahmens unter Anwendung der Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamts verhängt. Bei der Höhe der Geldbußen hat das Bundeskartellamt der Art und Schwere sowie der Dauer des Kartellverstoßes Rechnung getragen; außerdem wurde die wirtschaftliche Lage der Unternehmen berücksichtigt. Gegen den Brauereiverband NRW erging eine niedrige Geldbuße im Rahmen des Regelbußgeldrahmens. Die Brauereien Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner und Barre haben einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung (so genanntes Settlement) zugestimmt; die entsprechenden Bußgeldbescheide aus dem Dezember 2013 sind inzwischen rechtskräftig.

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Bußgeld für den Rechtsnachfolger

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Verfahren wegen unterschiedlicher Sachverhaltskonstellationen getrennt . An dem jetzt vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen, die Brauerein aus Nordrhein-Westfalen betreffenden Verfahren waren als sogenannte Nebenbetroffene die Brauereien der Marken Früh und Gaffel in Köln sowie Erzquell in Wiehl-Bielstein beteiligt. Als Betroffene waren zwei seinerzeit verantwortlich für sie handelnden Personen beteiligt; eine vormalig beteiligte weitere Person ist verstorben. Der Senat hat sie vom Vorwurf illegaler Preisabsprachen freigesprochen:

Der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf konnte die angeblichen Bierpreisabsprachen der NRW-Brauereien nicht feststellen. Daran glaubten sich lediglich zwei der insgesamt vierzehn Zeugen zu erinnern. Dabei war die Erinnerung des einen Zeugen zu vage, um eine Verurteilung wegen illegalen Verhaltens zu tragen. Dabei waren die Erinnerungen der Zeugen zu vage und nicht fundiert genug, um eine Verurteilung wegen illegalen Verhaltens zu tragen. Bei einem der Betroffenen konnte zudem nicht einmal festgestellt werden, dass er überhaupt bei dem angeblichen Informationsaustausch in der Ausschusssitzung zugegen war.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2021 – V-4 Kart 4/16 OWi