Keine Rubbellose an Minderjährige

Eine staatliche Lotteriegesellschaft muss den Verkauf von Rubbellosen an Minderjährige unterbinden. Sie darf Minderjährigen nicht durch den Verkauf von Rubbellosen in Lotterieannahmestellen die Teilnahme am öffentlichen Glücksspiel ermöglichen. Mit diesem Urteil gab das Oberlandesgericht Koblenz gestern der Unterlassungsklage eines Berufsverbandes teilweise statt, der eine minderjährige Testkäuferin eingesetzt hatte. Auch gegen den Einsatz einer minderjährigen Testkäuferin hatte das Oberlandesgericht Koblenz keine Bedenken.

Keine Rubbellose an Minderjährige

Der Kläger des vom OLG Koblenz entschiedenen Verfahrnes ist ein eingetragener Verein, dessen Mitglieder auf dem Markt für Gewinn- und Glücksspielwesen tätig sind. Am 4. April 2009 kaufte die damals 16 Jahre alte Zeugin M. an zwei Lottoannahmestellen im Landkreis Ahrweiler jeweils ein Rubbellos. Nach den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags ist die Teilnahme von Minderjährigen an öffentlichen Glücksspielen unzulässig; die Veranstalter und die Vermittler haben sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind.

Der Kläger verlangte daraufhin von der staatlichen Lotteriegesellschaft Lotto Rheinland-Pfalz GmbH in Koblenz sowie von deren Geschäftsführer persönlich, es zu unterlassen, Minderjährigen die Teilnahme an allen von der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH angebotenen Glücksspielen zu ermöglichen.

Das erstinstanzlich mit der Unterlassungsklage befasste Landgericht Koblenz hat die Klage des Vereins als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Vereins hatte vor dem Oberlandesgericht Koblenz gegenüber der Lottogesellschaft überwiegend Erfolg. Die staatliche Lottogesellschaft muss es nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz unterlassen, Personen unter 18 Jahren (Minderjährigen) durch den Verkauf von sogenannten Rubbellosen die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu ermöglichen und/oder diese Handlungen durch Dritte zu begehen. Für den Fall der Zuwiderhandlung sind der Lottogesellschaft in dem OLG-Urteil die gesetzlichen Ordnungsmittel (Ordnungsgeld, Ordnungshaft) angedroht. Hinsichtlich des ebenfalls verklagten Geschäftsführers der Lottogesellschaft hat das Oberlandesgericht Koblenz dagegen die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Koblenz zurückgewiesen.

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Anders als das Landgericht Koblenz hat das Oberlandesgericht Koblenz die Unterlassungsklage für zulässig gehalten, der klagende Verein sei klagebefugt. Hierbei hat sich das Oberlandesgericht aufgrund einer Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Verein über die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vorausgesetzte hinreichende finanzielle Ausstattung verfügt. Auch handele der Kläger nicht deshalb rechtsmissbräuchlich nach § 8 Abs. 4 UWG, weil er bisher keines seiner eigenen Mitglieder wegen eines Wettbewerbsverstoßes gerichtlich in Anspruch genommen habe. Es sei nach dem Vorbringen der Beklagten nicht davon auszugehen, dass der Kläger gleichartige Verstöße seiner Mitglieder planmäßig dulde und er aus sachfremden Erwägungen nur gegen Nichtmitglieder wie die staatliche Lottogesellschaft vorgehe.

Gegenüber der staatlichen Lotto Rheinland-Pfalz GmbH ist die Unterlassungsklage nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz überwiegend begründet: Ein Verstoß gegen das Verbot der Teilnahme Minderjähriger an öffentlichen Glücksspielen liege vor, weil die Zeugin M. im Auftrag des klagenden Vereins am 4. April 2009 in zwei Fällen in Lottoannahmestellen in Rheinland-Pfalz jeweils ein Rubbellos gekauft habe, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt war. Diesen Sachverhalt hat das Oberlandesgericht durch Vernehmung der damaligen Käuferin und eines weiteren Zeugen festgestellt. Das Ergebnis dieser Testkäufe sei im Verfahren verwertbar, weil es nicht in unlauterer Weise erlangt worden sei. Nach dem Erscheinungsbild der Zeugin, das auf Fotos dokumentiert ist, habe das Personal der Lottoannahmestellen durchaus Anlass gehabt, nach dem Alter der Zeugin zu fragen; es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Zeugin das Personal zum Verkauf der Lose an sie habe überreden müssen. Die Testkäufe seien auch nicht deshalb als verwerflich anzusehen, weil die Zeugin für ihre Mitwirkung eine Entlohnung erhalten habe; ohne eine solche Entlohnung wäre die Gewinnung von Jugendlichen als Testkäufer kaum möglich. Der Kläger habe auch nicht gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen, indem er die Zeugin als Testkäuferin eingesetzt habe.

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Die beklagte staatliche Lottogesellschaft hafte auch für das Verhalten des Personals der Lotterieannahmestellen. Die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH vermittele über diese Annahmestellen ihre Glücksspielprodukte. Die Lotterieannahmestellen seien trotz ihrer rechtlichen Selbstständigkeit Beauftragte im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG mit der Folge, dass die staatliche Lottogesellschaft ohne Entlastungsmöglichkeit für das Fehlverhalten einstehen müsse.

Der Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz jedoch nur insoweit begründet, als er sich auf den Verkauf von Rubbellosen im Auftrag der Lottogesellschaft bezieht. Soweit der Kläger darüber hinaus ein Verbot auch hinsichtlich aller weiteren von der Lottogesellschaft angebotenen Glücksspiele beantragt hat, hat das Oberlandesgericht Koblenz keine Gefahr eines künftig drohenden Rechtsverstoßes durch die Lottogesellschaft angenommen und die Berufung des Klägers deshalb insoweit zurückgewiesen.

Hinsichtlich des ebenfalls verklagten Geschäftsführers der staatlichen Lottogesellschaft hatte die Berufung des Klägers gegen des klageabweisende Urteil des Landgerichts dagegen insgesamt keinen Erfolg, weil der Geschäftsführer der Lotto Rheinlad-Pfalz GmbH die in den Lottoannahmestellen begangenen Verstöße gegen den Minderjährigenschutz nicht kannte und auch nicht kennen musste.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 1. Dezember 2010 – 9 U 258/10