Mit der Frage der Unzuverlässigkeit eines Krankenpflegers, der wegen des Besitzes von kinderpornographischen Bildern verurteilt worden ist, hatte sich jetzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zu befassen.

Die erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Krankenpfleger“ ist nach § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Nr. 2 KrPflG zu widerrufen, wenn der Inhaber sich nach Erteilung eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergibt. Dies setzt ein Verhalten voraus1, das nach Art, Schwere und Zahl von Verstößen insbesondere gegen Berufspflichten die zu begründende Prognose rechtfertigt, der Betroffene biete aufgrund der begangenen Verfehlungen nicht die Gewähr, in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu beachten. Dabei sind die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen und seine Lebensumstände im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens zu würdigen2, so dass auch nicht berufsbezogene Verfehlungen die Unzuverlässigkeit begründen können3.
Für Krankenpfleger besteht keine normativ verbindliche Regelung ihrer berufsspezifischen Pflichten. Diese können jedoch mittelbar aus der umfangreichen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege vom 10. November 20034, und aus dem Berufsbild des Krankenpflegers entnommen werden, wie es etwa von der Berufsagentur für Arbeit im internet beschrieben wird.
Danach betreuen und pflegen Krankenpfleger Patienten in Krankenhäusern und anderen stationären Einrichtungen sowie ambulant. Dabei kommt es auf den verantwortungsbewussten Umgang mit den zu betreuenden Menschen, auf das Berücksichtigen ihrer Bedürfnisse und Wünsche sowie die Patientenbeobachtung und das Ermitteln von Patientendaten an. Krankenpfleger nehmen an ärztlichen Visiten teil und halten ärztliche Verordnungen fest. Je nach ärztlicher Anweisung verabreichen sie Medikamente, versorgen Wunden und legen Verbände und Schienen an. Sie geben Spritzen, entnehmen Blut und helfen bei der Durchführung von Infusionen und Transfusionen. Sie bereiten Untersuchungen, Operationen und andere ärztliche Maßnahmen vor und unterstützen die zuständigen Ärzte bei der Durchführung. Je nach Behandlungsgebiet und Fachabteilung gehören spezielle fachspezifische Untersuchungs- und Pflegemaßnahmen zu ihren Aufgaben. Außerdem assistieren Krankenpfleger Ärzten bei Untersuchungen und bei Eingriffen. Sie bedienen dabei die jeweils benötigten medizinisch-technischen Geräte (etwa Blutdruckmessgeräte, Absauggeräte, Beatmungsgeräte). Wichtig ist auch die Betreuung nach diagnostischen Maßnahmen und Operationen, besonders die postoperative Pflege. Krankenpfleger betreuen die Patienten auch im Rahmen der sog. Grundpflege, also je nach Bedarf bei der Nahrungsaufnahme, bei der Körperpflege und beim Toilettengang. Wichtig bei der Arbeit der Krankenpfleger ist der persönliche Kontakt zu den Patienten. Die Pflegekräfte sollen Interesse und Anteilnahme zeigen, Probleme und Wünsche erkennen und diese, wenn möglich, berücksichtigen. Weiterhin ist die Pflege zu dokumentieren und zu planen. Schließlich zählt zu den Aufgaben auch die Anleitung und Betreuung von Krankenpflegeschülern während der praktischen Ausbildung, von Pflegehilfskräften sowie von jungen Leuten, die ein Praktikum absolvieren.
Ein wegen des Besitzes kinderpornographischen Materials vorbestrafter Krankenpfleger bietet nach Ansicht des Lüneburger Oberverwaltungsgerichts aber nicht mehr die Gewähr, diesen Aufgaben in einem seiner Verantwortung entsprechenden Umfang gerecht zu werden.
Dem Krankenpflger ist es in Folge seiner Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 184b Abs. 4 StGB aufgrund des § 25 JArbSchG schon verboten, Jugendliche zu beschäftigen, zu beaufsichtigen, anzuweisen oder auszubilden. Der Einsatzbereich des Krankenpflegers bei der Betreuung des pflegerischen Nachwuchses ist dementsprechend für die Dauer dieses Verbots stark eingeschränkt. Denn es kann wegen dieser Verurteilung nicht mehr verantwortet werden, ihm die Pflege von ihm anvertrauten Kindern zu überlassen. § 184b StGB dient sowohl dem Schutz von Kindern vor dem Missbrauch durch die Herstellung entsprechenden Materials als auch dem Schutz vor unmittelbarem Missbrauch durch den Konsumenten5. Denn es ist nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Betrachter kinderpornographischer Darstellungen zum Kindesmissbrauch angeregt wird. Dass ein Krankenpfleger ein Bedürfnis nach dem Betrachten kinderpornografischer Bilder hatte und möglicherweise weiterhin hat, begründet, so das OVG, schon für sich durchgreifende Zweifel, ob er die Pflege von Kindern sachgerecht, zuverlässig und verantwortungsvoll verrichten kann. Jedenfalls bieten diese Gründe nach Ansicht des OVG bereits hinreichenden Anlass für einen Ausschluss des Krankenpflegers von der Pflege von Kindern.
Schließlich dürfte dem Krankenpfleger auch die notwendige Zuverlässigkeit zur Pflege von Personen fehlt, die sich im Maßregelvollzug befinden und vergleichbare Delikte begangen haben.
Bietet der Krankenpfleger somit nicht mehr die Gewähr, jedenfalls in den genannten Bereichen seine Berufspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, so ist er unzuverlässig und deshalb die Erlaubnis zum Führen der geschützten Berufsbezeichnung insgesamt zu widerrufen. Eine eingeschränkte Erlaubnis, etwa nur zur Pflege von Erwachsenen außerhalb des Maßregelvollzuges und ohne die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, sieht das Krankenpflegegesetz nicht vor.
Ob der Krankenpfleger im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gleichwohl vorübergehend zur Erteilung einer entsprechend beschränkten Erlaubnis verpflichtet werden könnte, hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen.
Niedersächsiches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 8 ME 62/09
- vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.12.2004 – 8 ME 169/04 -, DVBl. 2005, 596[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2002 – 3 C 37/01 -, NJW 2003, 913 ff., zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1995 – 3 B 7/95 -, NVwZ-RR 1996, 477 f.[↩]
- BGBl. I S. 2263, zuletzt geändert durch Gesetz v. 2. Dezember 2007, BGBl. I S. 2686[↩]
- vgl. zum Folgenden VGH Mannheim, Urteil vom 29.05.2008 – 1 S 1503/07 -, NJW 2008, 3082 ff., m. w. N.[↩]