Landwirtschaftliche Nutzung i.S. von § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO ist die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen; die Zurverfügungstellung von Flächen für die Gewinnung von Windenergie fällt, so der Bundesgerichtshof in einem jetzt veröffentlichten Urteil, auch dann nicht hierunter, wenn die Flächen weiterhin zum Teil landwirtschaftlich genutzt werden können.

Dass es sich bei dem Zurverfügungstellen von Flächen gegen Entgelt um eine Nutzung im Sinne des § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO handelt, ist nicht zweifelhaft. Was als Nutzung des Hofes oder von Teilen davon gewertet werden kann, bestimmt sich nach der Legaldefinition des § 100 BGB, umfasst mithin nach § 99 BGB das Ziehen von Früchten1. Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt (§ 99 Abs. 3 BGB), also die Gegenleistung für die Überlassung der Sache an andere zur Nutzung2.
Wann die Nutzung als landwirtschaftlich anzusehen ist, ergibt sich aus der Höfeordnung nicht. Deshalb wird in ihrem Anwendungsbereich in der Literatur auf die Regelung in § 1 Abs. 2 GrdstVG zurückgegriffen3. Danach ist Landwirtschaft die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen, besonders der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der Erwerbsgartenbau, der Erwerbsobstbau und der Weinbau sowie die Fischerei in Binnengewässern. Diese Definition stimmt mit der in Art. III Abs. 7a der Verordnung Nr. 84 der britischen Militärregierung4 überein, welche der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. April 19605 als maßgeblich für die Bestimmung des Begriffs „landwirtschaftlicher Zweck“ in § 2 Nr. 1 VO PR Nr. 75/526 angesehen hat. Weitgehend identisch wird Landwirtschaft auch in § 585 Abs. 1 Satz 2 BGB (Begriff des Landpachtvertrags) definiert. Für den Begriff der landwirtschaftlichen Nutzung in § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO gilt nichts anderes.
Die Nutzung von Flächen zur Gewinnung von Windenergie fällt somit nicht hierunter7. Daran ändert nichts der von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Umstand, dass zur Sicherung des Energiebedarfs zunehmend auf alternative erneuerbare Energiequellen zurückgegriffen wird, mit denen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen Energie erzeugt wird, und dass diese Energieerzeugung nach den Vorschriften des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien vom 21. Juli 20048 wirtschaftlich begünstigt wird. Selbst wenn damit der Landwirtschaft neben der Tier- und Pflanzenproduktion ein drittes Standbein zugewiesen wird, kann der dafür notwendige Flächengebrauch jedenfalls dann nicht als landwirtschaftliche Nutzung angesehen werden, wenn die Energieerzeugung nicht mit Hilfe der Pflanzenproduktion erfolgt, wie z.B. unmittelbar bei der Erzeugung von Biogas mit Hilfe gezielt angebauter Energiepflanzen (nachwachsende Rohstoffe) oder mittelbar bei der Herstellung von Biodiesel. Denn bei dieser Art der Energieerzeugung wird die benötigte Fläche selbst zur Produktion der notwendigen Rohstoffe genutzt. Dasselbe gilt auch für die Erzeugung von Energie durch das Verbrennen von Holz, welches im Wege forstwirtschaftlicher Flächennutzung gewonnen wird. Anders ist es jedoch bei der Erzeugung von Windenergie; bei ihr werden die in Anspruch genommenen Flächen lediglich als Produktionsstätte gebraucht. Diese Unterscheidung ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht willkürlich und führt auch nicht zu unerträglichen Ungleichbehandlungen. Sie ist vielmehr die Folge davon, dass im Unterschied zur gewerblichen Wirtschaft in der Landwirtschaft Grund und Boden nicht nur Standort, sondern auch maßgebender Produktionsfaktor ist9. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von der, dass ein Landwirt die zum Hof gehörenden Flächen oder Teile davon z.B. zum Betrieb eines Campingplatzes verpachtet oder auf ihnen Gebäude zur Vermietung an Feriengäste errichtet; werden mit den daraus fließenden Einnahmen erhebliche Gewinne erzielt, lösen solche landwirtschaftsfremden Nutzungen einen Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO aus10. Das gilt auch in den Fällen, in denen die Einnahmen für den Landwirt von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht sind wie in typischen Fremdenverkehrsregionen und die Vermietung/Verpachtung ein – um es mit der von der Rechtsbeschwerde gewählten Formulierung auszudrücken – zusätzliches Standbein für die Landwirtschaft darstellt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass diese Art der Flächennutzung als landwirtschaftlich einzustufen ist.
Dabei führt allerdings, so der BGH, nicht jede landwirtschaftsfremde Nutzung zu einem Abfindungsergänzungsanspruch führt, sondern nur eine solche, bei der für die betroffenen Flächen der höferechtliche Zweck auf Dauer oder für eine längere Zeit weggefallen ist11. Dies folgt daraus, dass die Vorschriften der Höfeordnung die ungeteilte Erhaltung des Hofes im Erbgang sicherstellen wollen, um dem Hoferben die Fortführung der Bewirtschaftung zu ermöglichen, und das dem weichenden Erben zugemutete Opfer nur so lange gerechtfertigt ist, wie der Hoferbe diesem höferechtlichen Zweck Rechnung trägt12.
Ein Wegfall des höferechtlichen Zwecks kommt allerdings nicht nur in den Fällen in Betracht, in denen der Hoferbe den Hof oder Teile davon der landwirtschaftlichen Nutzung vollständig entzieht, sondern auch dann, wenn diese neben der nicht landwirtschaftlichen Nutzung möglich bleibt. So liegen die Dinge hier. Die derzeitige Möglichkeit der Antragsgegnerin zur Bewirtschaftung des größten Teils der der Nutzungsberechtigten überlassenen Flächen ändert nichts daran, dass die Überlassung von dem höferechtlichen Zweck nicht gedeckt ist. Denn sie ist für die Erhaltung und Entwicklung des Hofes nicht notwendig. Bei dieser Konstellation dürfen die weichenden Erben nicht schlechter gestellt werden, als sie stünden, wenn die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen durch ihre landwirtschaftsfremde Nutzung ausgeschlossen wäre und der Hoferbe dadurch erhebliche Gewinne erzielte. Das ist auch eine Folge der mit der Neuregelung des Höferechts durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Höfeordnung13, die am 1. Juli 1976 in Kraft getreten ist, beabsichtigten Besserstellung der weichenden Erben14. Sie sollen, wie die Regelung in § 13 Abs. 1 HöfeO zeigt, bei bestimmten nach dem Erbfall eintretenden Veränderungen so behandelt werden, als seien die Hoferbfolge nicht eingetreten und die Miterben infolgedessen an dem Hof dinglich berechtigt geblieben15. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn sie – unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen – an allen Einnahmen teilhaben, die der Hoferbe unter Einsatz des Hofes oder von Teilen davon auf Dauer oder für eine längere Zeit außerhalb des Betriebs der Landwirtschaft erzielt. Dass er daneben Erträge aus der landwirtschaftlichen Nutzung derselben Flächen erwirtschaftet, ist für den Abfindungsergänzungsanspruch unerheblich. Sie kommen ihm ungeschmälert zugute. Dies schließt seine Schlechterstellung gegenüber den Fällen aus, in denen die nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen aus der Hofesnutzung ausgeschieden sind.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. April 2009 – BLw 21/08
- BGHZ 115, 157, 159[↩]
- MünchKomm-BGB/Holch, 5. Aufl., § 99 Rdn. 6; Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2004], § 99 Rdn. 18[↩]
- Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rdn. 3; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1 Rdn. 4; Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, § 1 HöfeO Rdn. 11[↩]
- VOBl. Bz. 1947, 25[↩]
- V ZR 165/58, RdL 1960, 215, 217[↩]
- BGBl. I 1952 S. 792[↩]
- Wöhrmann, aaO, § 13 HöfeO Rdn. 78[↩]
- BGBl. I S. 1918[↩]
- BVerfGE 91, 346, 364[↩]
- Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, aaO, § 13 Rdn. 17a Nr. 5 und 7; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, aaO, § 13 Rdn. 64[↩]
- ebenso Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, aaO, § 13 Rdn. 17; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, aaO, § 13 Rdn. 64; Wöhrmann, aaO, § 13 HöfeO Rdn. 71[↩]
- siehe nur BGHZ 135, 292, 296; 146, 94, 96[↩]
- BGBl. I 1976 S. 881[↩]
- Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. Dezember 1973, BT-Drs. 7/1443, S. 14[↩]
- Gesetzentwurf aaO, S. 27[↩]
Bildnachweis:
- Fachliteratur: Jörg Möller