Es ist irreführend, wenn der Anbieter eines Produkts mit behaupteten Wirkungen für Gesundheit oder Umwelt – hier: Gerät zur magnetischen Wasserbehandlung – nicht darauf hinweist, dass die Wirkungen wissenschaftlich nicht erwiesen oder in der Wissenschaft sehr umstritten sind. Einer Beweisaufnahme zur umstrittenen Wirkung bedarf es deshalb im Rechtsstreit um die Unterlassung der Werbung ohne einen solchen Hinweis nicht.

Diese Werbung ist eine unlautere geschäftliche Handlung nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, weil sie irreführend ist.
Die behaupteten physikalischen Wirkungen einer magnetischen Behandlung von Wasser, also insbesondere die Verhinderung oder Verminderung von Kalkansätzen durch Veränderung der Kristallstruktur bei vielen wissenschaftlichen Untersuchungen konnten nicht nachgewiesen oder gar widerlegt werden, eine Vielzahl von Studien haben keinen entsprechenden Nachweis dafür gebracht. Auch der Vertreiber dieser Magnete hat im vorliegenden Verfahren diesen Vortrag nicht nur nicht bestritten, sondern hat selbst vorgetragen, dass die Wirkungen von Magnetismus auf die Wasserhärte oder Verkalkung umstritten sind und kontrovers diskutiert werden.
Wer sich in einer Werbung auf eine fachlich umstrittene Behauptung stützt, ohne dabei die Gegenansicht zu erwähnen, hat die Verantwortung für die objektive Richtigkeit der Angaben übernommen. Er muss sie dann im Streitfall – abweichend von der Grundregel, dass der Kläger die Beweislast für die Irreführung trägt – beweisen1. Diese zunächst für allem für Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens entwickelten Grundsätze gelten auch bei anderen fachlich umstrittenen Behauptungen2. Das muss jedenfalls dann gelten, wenn es wie hier um Produkte geht, die von Gesundheitsrelevanz sind – hier die Behandlung von Wasser – und wenn außerdem mit dem Hinweis in der Werbung auf die Einsparung von Energie und Waschmitteln auch die Behauptung besonderer Umweltfreundlichkeit des Produkts verbunden ist.
Trägt der Kläger das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage substantiiert vor oder ist dies wie hier sogar unstreitig, so hat der Werbende den Beweis der wissenschaftlichen Absicherung zu führen. Dabei geht es nicht darum, einen Beweis erst im Laufe des wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreits etwa durch eine vom Gericht zu veranlassende sachverständige Begutachtung zu erbringen, sondern die Irreführung liegt bereits darin, dass in der streitgegenständlichen Werbung nicht über den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis oder den wissenschaftlichen Streit – also den Umstand, dass die Wirkungsbehauptung nur möglicherweise richtig ist – informiert worden ist3. Insofern liegt die Irreführung auch im Unterlassen (§ 5 a Abs. 1 und 2 UWG) einer Aufklärung über den fehlenden oder umstrittenen Wirkungsnachweis4.
Unter diesen Umständen kommt eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht. Wie der Kläger umfangreich und unbestritten vorgetragen hat, gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, auch in Form von Gerichtsgutachten, die belegen, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer in welcher Gestalt auch immer unternommenen magnetischen Wasserbehandlung nicht geführt werden kann, die durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit äußern oder die diese gar verneinen. Demgegenüber haben der Beklagte und seine Streithelferinnen nicht dartun können, dass es nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte Studien gibt, die belegen, dass eine magnetische Wasserbehandlung generell Kalkablagerungen vermindern kann. Es kommt auch nicht auf den Einwand an, dass diese Studien nicht das von ihnen angebotene Gerät untersucht haben. Denn es ist schon nicht behauptet, dass es solche Studien speziell zum streitgegenständlichen Gerät gibt; zudem ist das vorgelegte Gerichtsgutachten, das einen „Wirksamkeitsfaktor von Null“ bescheinigt, ebenfalls zu einem Gerät erstellt worden, das um Leitungsrohre montiert wird, um dort ein Magnetfeld zu erzeugen5. Der Beklagte verweist lediglich darauf, dass er die streitgegenständlichen Behauptungen letztlich von der Herstellerin des Geräts übernommen habe. Damit wird der fehlende wissenschaftliche Nachweis ebenso wenig ersetzt wie durch den beklagtenseits behaupteten Umstand, dass es bislang keine Kundenreklamationen gebe. Außerdem ist auch nicht feststellbar, warum Reklamationen ausgeblieben ist, denn ob eine Verkalkung von Wasserrohren oder wasserführenden Geräten und Einrichtungen auftritt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren, nicht nur, aber durchaus auch von der Wasserqualität ab.
Somit erweisen sich nicht nur die Aussagen, die die unmittelbare Wirkung einer Verhinderung und Beseitigung von Kalkablagerungen zum Gegenstand haben, als irreführend, sondern auch die weiteren Aussagen, die als weitere Folge dieser Wirkung die Einsparung von Energie, Weichspülern, Wasch- und Spülmittelzusätzen und damit auch von Kosten hervorheben.
Landgericht Stuttgart, Urteil vom 17. Februar 2012 – 31 O 47/11 KfH
- BGH GRUR 1991, 848 – Rheumalind II[↩]
- OLG Dresden, Urteil vom 10.05.2011 – 14 U 94/11; OLG Naumburg, Urteil vom 29.05.2009 – 10 U 56/08[↩]
- vgl. OLG Dresden a.a.O.; OLG Naumburg a.a.O.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 88; LG München, Urteil vom 11.02.2010 – 4 HK O 19942/08; LG Cottbus, Urteil vom 23.02.201 – 11 O 48/09; LG Aschaffenburg, Urteil vom 20.05.2010 – 1 HK O 64/09; LG Bielefeld, Urteil vom 09.11.2007 – 11 O 19/07; LG Bielefeld, Urteil vom 28.04.2009 – 15 O 221/08; LG Stuttgart, Urteil vom 09.07.2010 – 31 O 175/09 KfH; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 5 Rn. 3.26 und 4.183[↩]
- vgl. Peifer in Fezer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 484; LG Bielefeld a.a.O.[↩]
- vgl. auch LG München I, Urteil vom 31.07.2008 – 4 HK O 23600/04, das aufgrund dieses Gutachtens ergangen ist[↩]
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