Preisangaben nach der DL-InfoV

Der nach § 4 Abs. 1 DL-InfoV anzugebende Preis ist der Endpreis, und zwar der Bruttoendpreis.

Preisangaben nach der DL-InfoV

§ 4 DL-InfoV stellt eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar1, so wie auch Vorschriften der PAngV als von § 4 Nr. 11 UWG erfasste Marktverhaltensregeln aufgefasst werden2 oder auch andere Vorschriften des Preisangaberechts3.

Zwar hat die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3) zu einer vollständigen Harmonisierung geführt (Art. 4)4, weshalb ein Verstoß gegen eine Informationspflicht im Rahmen des § 4 Nr. 11 UWG nur beachtlich ist, wenn die Bestimmung eine Grundlage im Unionsrecht hat5. Vorliegend ist dies – ungeachtet des Umstandes, dass die Richtlinie nur Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern solchermaßen bindend erfasst6 – allemal durch die Dienstleistungs-Richtlinie 2006/123/EG der Fall7.

Die PAngV greift vorliegend – wie die Parteien übereinstimmend und zutreffend zugrundelegen – nicht ein, da nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV der Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht erfüllt ist bei Angeboten oder Werbung gegenüber Letztverbrauchern, die die Ware oder Leistung in ihren selbstständigen beruflichen oder gewerblichen oder in ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit verwenden8. Die Freistellung trägt der Überlegung Rechnung, dass die genannten Letztverbraucher weniger schutzbedürftig sind9. Da Letztverbraucher im Sinne der PAngV nur solche Endverbraucher sind, die Waren erwerben, ohne sie weiter umzusetzen oder sonst gewerblich verwenden zu wollen10, greift die PAngV nicht zugunsten des Bestellers A. ein.

§ 4 Abs. 2 DL-InfoV erfordert eine gebotene und richtlinienkonforme Auslegung dahin, dass Letztverbraucher nicht solche nach dem Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV sind.

Nach § 4 Abs. 2 DL-InfoV findet Abs. 1 keine Anwendung auf Dienstleistungsempfänger, die Letztverbraucher im Sinne der PAngV sind.

Da der Begriff der Letztverbraucher im Rahmen der PAngV nicht gleichbedeutend ist mit dem Begriff des Verbrauchers nach § 13 BGB11, sondern sich allein an der Frage orientiert, ob die Ware oder Leistung für sich selbst und nicht zu dem Zweck, sie weiter zu veräußern, erworben wird12, also daran, wer Letzter in der Waren- oder Dienstleistungsverteilerkette ist13, wäre die Folge, würde man die Ausschlussvorschrift des § 4 Abs. 2 DL-InfoV auf gewerbliche Endverbraucher erstrecken, dass (gewerbliche) Unternehmer weder den Schutz der PAngV noch den der DL-InfoV genössen, sie also im Preisangaberecht ohne jeglichen Schutz wären.

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Dies aber widerspricht sowohl dem Ziel und Zweck der PAngV wie auch den Vorgaben der Dienstleistungsrichtlinie, welche die DL-InfoV nur umsetzen wollte.

Die PAngV will, wie § 9 Abs. 1 Nr. 1 zeigt, letztlich nur gegenüber dem privaten Letztverbraucher zur Anwendung kommen14. Die PAngV findet damit nur auf Angebote gegenüber dem „privaten“ Letztverbraucher Anwendung15. Sie beschränkt sich nur auf dieses Verhältnis16. Gewerbliche Letztverbraucher nach der Ausnahme im Ausgangspunkt einem Regime mit zu unterwerfen, das gerade gewerbliche Letztverbraucher nicht betreffen will, ist im Ansatz schon widersprüchlich und gibt Anlass, über das richtige Verständnis der in Bezug genommenen zweigeteilten PAngV nachzudenken.

Die DL-InfoV hat das erklärte Ziel, die Vorgaben der Richtlinie zu den Informationspflichten des Erbringers von Dienstleistungen gegenüber dem Dienstleistungsempfänger zentral für alle Dienstleistungen umzusetzen, auf welche die Dienstleistungs-Richtlinie anzuwenden ist17. Sie setzt die in Artt. 22 und 27 Abs. 1 und Abs. 4 umfangreich bestimmten Informationspflichten der Richtlinie 2003/123/EG um18. Darin wird anerkannt, dass die PAngV Preisangaben nur gegenüber „schutzwürdigen“ Letztverbrauchern abschließend regelt, und: „Die Preisangabenverordnung gilt jedoch nicht im Verhältnis zu Dienstleistungsempfängern, die nicht in den Anwendungsbereich der Preisangabenverordnung fallen, so dass eine Umsetzung der Richtlinienbestimmung für diesen Bereich erforderlich ist. … Da die Informationspflichten nach §§ 2 und 3 gegenüber allen Dienstleistungsempfängern gelten, ist es aus Gründen der Verständlichkeit sinnvoll, in einem gesonderten § 4 die Preisangaben zu regeln, die nur gegenüber Dienstleistungsempfängern gelten, die nicht in den Anwendungsbereich der Preisangabenverordnung fallen“19. „Zu § 4 Absatz 1 Nummer 1: Absatz 1 Nummer 1 setzt Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe i der Dienstleistungsrichtlinie um. Anders als die §§ 1 bis 9 der Preisangabenverordnung enthält Nummer 1 eine Regelung zur Angabe von Preisen gegenüber Dienstleistungsempfängern, die nicht in den Anwendungsbereich der Preisangabenverordnung fallen. Die Regelung wird auch nicht durch § 1 Absatz 1 Nummer 7 der BGB-Informationspflichten-Verordnung entbehrlich, da diese Vorschrift nur die Preisangaben bei Fernabsatzverträgen gegenüber Verbrauchern regelt. … Absatz 2 stellt klar, dass die Bestimmungen des § 4 keine Anwendung auf Letztverbraucher im Sinne der Preisangabenverordnung finden. Die Preisangabenverordnung enthält im Verhältnis zum Letztverbraucher bereits abschließende und über § 4 Absatz 1 hinausgehende Informationspflichten über Preisangaben“. Schon dies macht deutlich, dass der Verordnungsgeber, soweit er insoweit die PAngV im Auge hatte und ansprach, nur die Regeln gegenüber „schutzbedürftigen“ Verbrauchern meinte, die bereits abschließend geregelt seien. Für die anderen, die nicht „privaten“ Letztverbraucher, sollte diese Verordnung dienen. Dies ist danach der erklärte Zweck von § 4 Abs. 2 DL-InfoV. Auch dies steht entgegen, § 4 DL-InfoV gegenüber gerade gewerblichen Endverbrauchern leerlaufen zu lassen.

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Nichts anderes ergibt sich aus der Richtlinie, welche die DL-InfoV umsetzen will und umzusetzen hat (Art. 44 Abs. 1 RL 2006/123/EG). Schon nach Erwägungsgrund 33 umfassen die von dieser Richtlinie erfassten Dienstleistungen einen weiten Bereich von Tätigkeiten, wie etwa Dienstleistungen für Unternehmen wie Werbung. Die von dieser Richtlinie erfassten Dienstleistungen umfassen ferner Dienstleistungen, die sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher angeboten werden. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Dienstleistungserbringer den Dienstleistungsempfängern bestimmte Informationen zur Verfügung stellen: Die in Abs. 2 i) bzw. Abs. 3 a) genannten, zu erteilenden (Zusatz-)Informationen finden ihre Entsprechung denn auch in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DL-InfoV.

Dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung20 folgend hat das nationale Gericht, jedenfalls bei der Auslegung bedürftigen und einer solchen zugänglichen nationalen Vorschriften21, der Richtlinie vollumfänglich Geltung zu verschaffen.

Dies führt mit dem Landgericht dazu, dass § 4 Abs. 2 DL-InfoV dahin auszulegen ist, dass mit Letztverbrauchern jene „privaten“ Letztverbraucher gemeint sind, deren Zielgruppe das PAngV ist, oder anders herum: die DL-InfoV gilt für jene Zielgruppe, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV vom Anwendungsbereich der PAngV ausgenommen sind. So ergibt sich auch ein stimmiges Zusammenspiel der Regelungsbereiche; nur so wird dem Schutzanspruch der Richtlinie 2006/123/EG ausreichend Rechnung getragen, die auch für Unternehmen als Dienstleistungsempfänger ein höheres nationales Schutzniveau erlaubt (Art. 22 Abs. 5 RL), aber eben kein geringeres.

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Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 DL-InfoV hat der Dienstleistungsempfänger vor Abschluss eines schriftlichen Vertrages in klarer und verständlicher Form näher bezeichnete Informationen zur Verfügung zu stellen, sofern er den Preis für die Dienstleistung im Vorhinein festgelegt hat, insbesondere den Preis in der in § 2 Abs. 2 festgelegten Form. Diese Vorschrift ist von Bedeutung für standardisierte Dienstleistungen, die zu genau bestimmten Preisen angeboten werden (z.B. Friseurdienstleistungen, Dienstleistungen im Reinigungsgewerbe22).

Im Gegensatz zu Nr. 2, der eine Preisgestaltung insbesondere nach Tages-, Stunden- oder Verrechnungssätzen betrifft, wonach das Entgeltergebnis erst nach dem konkreten Verlauf der Leistungserbringung (also zeit- oder materialabhängig) feststeht, muss sich nach Nr. 1 das Entgelt im Vorhinein bei Festlegung des Leistungsprogramms genau bestimmen lassen.

Dies ist im vorliegenden Rechtsstreit der Fall, wie insbesondere die Preisliste der Beklagten ausweist. Der Preis bestimmt sich ausschließlich nach der Zahl der Werbeträger und den vereinbarten Laufzeitmonaten. Die Beklagte führt es selbst aus: Die Handelsvertreterin „verfügt und verfügte über eine Preisliste, in welcher gestaffelt nach Anzahl der Werbeträger und Laufzeit gestufte Monatspreise für die Leistungen der Beklagten enthalten sind, gestuft u.a. nach Laufzeiten zwischen 24 und 72 Monaten“. So konnte die Beklagte denn auch vor Anlaufen der Werbeaktion bereits die Endrechnung endgültig erstellen und den Endbetrag ausweisen.

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Dass im Einzelfall ein Rabatt/Skonto eingeräumt wird, ändert nichts daran, dass Nr. 1 vorliegend aufgrund des Parametersystems, welches den Endpreis vorab ermittelbar macht, anwendbar ist. Denn der Preis für die Dienstleistung selbst steht fest. Auf Verhandlungsgeschick oder vom Dienstleistungserbringer gewährte Vergünstigung kann es nicht ankommen, da auf das abstrakte Preisermittlungssystem abzustellen ist. Andernfalls könnte die Anwendbarkeit der Norm durch einen kleinen Bonus, eine Zugabe oder einen Ausgleich wie hier für den Vorteil einer vorfristigen Zahlung des Kunden unschwer unterlaufen werden. Wie starr und im Ausgangspunkt bindend der Entgelttarif der Beklagten im Übrigen tatsächlich ist, zeigt sich auch darin, dass die Handelsvertreterin in ihrer Preisgestaltung gar nicht frei war. Sie konnte Nachlässe geben, „dies naturgemäß abhängig vom Umfang in Abstimmung mit der Beklagten“. So hat denn auch die Zeugin F. bekundet, vor Gewährung des Nachlasses für die gesamte Einmalzahlung „habe ich zuvor [Geschäftsführer der Beklagten] angerufen und ihn gefragt, ob das in Ordnung gehe“.

Preis im Sinne des § 4 Abs. 1 DL-InfoV ist der Endpreis und zwar der Bruttoendpreis23. Die Richtigkeit dieses Verständnisses wird auch darin deutlich, dass auch dort, wo der Preis im Vorhinein nicht festgelegt zu werden vermag, ein Kostenvoranschlag verlangt werden kann, der seinerseits aber mit einem Gesamtpreis endet.

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Diesen Gesamtendpreis hat die Beklagte nicht angegeben. Dass dieser leicht ermittelbar wäre, ist schon ohne Belang24. Tatsächlich war es aber entgegen der Beklagtenbehauptung ohnehin nicht ein Leichtes, den Endpreis aufgrund der von der Handelsvertreterin nur angezeigten Entgeltparameter festzustellen, wie deren eigene Aussage belegt: „Ich habe immer einen Taschenrechner dabei. Wenn Herr A. mich gefragt hätte, hätte ich den Gesamtpreis ausrechnen können“.

Danach liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 DL-InfoV vor, der auch spürbar im Sinne des § 3 UWG ist. Informationspflichten, die unionsrechtlich für die kommerzielle Kommunikation vorgegeben sind, dürfen nicht vorenthalten werden. Sie sind stets wesentlich, womit zugleich geklärt ist, dass im Falle ihrer Verletzung das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 2 S. 1 UWG erfüllt ist25.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 2 U 94/12

  1. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. [2012], DL-InfoV Vorb, 8[]
  2. vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2010, 1110 [Tz.19] – Versandkosten bei Froogle II; 2011, 742 [Tz. 23] – Leistungspakete im Preisvergleich[]
  3. vgl. Götting in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 4-11, 147; v. Jagow in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl. [2009], § 4 Nr. 11, 119; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. [2010], § 4, 11/72[]
  4. BGH GRUR 2001, 638 [Tz. 18] – Werbung mit Garantie[]
  5. BGH GRUR 2012, 1159 [Tz. 9] – Preisverzeichnis für Mietwagenangebot[]
  6. BGH a.a.O. [Tz. 9] – Preisverzeichnis für Mietwagenangebot[]
  7. vgl. auch zum Vorrang der Dienstleistungs-Richtlinie außerhalb des Anwendungsbereichs der UGP-Richtlinie: Köhler in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 4, 11.6c[]
  8. vgl. hierzu BGH GRUR 2011, 82 [Tz. 23] – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza a.a.O. § 9 PAngV 3, § 1 PAngV, 10, PAngV Einf 18; Wenglorz in Fezer a.a.O. § 4-S14, 264; Mehler in Büsche/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz /Urheberrecht /Medienrecht, 2. Aufl. [2011], § 9 PAngV, 3, Helm in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. [2010], § 75, 3[]
  9. Mehler a.a.O. 3; Sosnitza a.a.O. PAngV Einf 18; Völker in Harte/Henning a.a.O. § 9 PAngV, 4[]
  10. BGH GRUR 2011, 82 [Tz. 23] – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; Köhler in Köhler/Bornkamm a.a.O. PAngV Vorb 19; Sosnitza a.a.O. § 1 PAngV 10; vgl. auch Mehler a.a.O. § 1 PAngV 4[]
  11. Mehler a.a.O., § 1 PAngV, 4; Köhler a.a.O. PAngV, Vorb 19[]
  12. BGH a.a.O. [Tz. 23] – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; Köhler a.a.O.19, Mehler a.a.O. 4; Völker a.a.O. § 1 PAngV, 3; Sosnitza a.a.O. § 1 PAngV, 10 und Einf 18[]
  13. Wenglorz in Fezer a.a.O. § 4-S14, 96[]
  14. Völker in § 1 PAngV, 3[]
  15. Völker a.a.O. § 9, 3[]
  16. Mehler a.a.O. § 1 PAngV, 4[]
  17. BR-Drs. 888/09 v. 17.12.2009 [S. 2][]
  18. BR-Drs. a.a.O. S. 6[]
  19. BR-Drs. a.a.O. S. 18[]
  20. vgl. hierzu etwa EuGH NJW 2005, 3695 [Tz. 77] – Mangold/Helm; BGH GRUR 2011, 1142 [Tz. 38] – PROTI[]
  21. vgl. auch Köhler a.a.O. PAngV Vorb 12[]
  22. Köhler a.a.O., § 5 DL-InfoV, 3[]
  23. Köhler a.a.O. § 5 DL-InfoV, 5; Glückert GewArch 2010, 195, 196 [dieser aber für Nettogesamtendpreis][]
  24. vgl. insoweit auch zum Endpreisgebot nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV: BGH GRUR 2001, 1166 – Fernflugpreise; Sosnitza a.a.O. § 1 PAngV, 24; Mehler a.a.O. § 1 PAngV, 9[]
  25. BGH GRUR 2012, 842 [Tz. 25] – Neue Personenkraftwagen; 2010, 852 [Tz. 21] – Gallardo Spyder[]
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