Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG, wonach außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel nicht mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren geworben werden darf, deren Ergebnis vom Zufall abhängt, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten, rechtfertigt nicht den Umkehrschluss, dass Preisausschreiben innerhalb der Fachkreise generell erlaubt sind.

Das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame soll Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken. Damit nicht vergleichbar ist eine mögliche Beeinflussung der Werbeadressaten, die sich daraus ergibt, dass sie sich mit den Angaben in einer Werbebeilage näher befassen müssen, wenn sie mit Aussicht auf Gewinn an einem vom Werbenden durchgeführten Gewinnspiel teilnehmen wollen [1].
Aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG, wonach außerhalb der Fachkreise im Sinne des § 2 HWG für Arzneimittel nicht mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren geworben werden darf, deren Ergebnis vom Zufall abhängt, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass Preisausschreiben innerhalb der Fachkreise generell erlaubt sind [2].
Das Heilmittelwerbegesetz, das dem Schutz der Verbraucher vor Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch und vor wirtschaftlicher Übervorteilung dient [3], enthält in seinem § 11 Abs. 1 Satz 1 einen Katalog von Werbemaßnahmen, die bei ihrer Anwendung gegenüber Personen, die nicht den Fachkreisen angehören, schon von ihrer Art her die durch das Heilmittelwerbegesetz geschützten Interessen beeinträchtigen. Darin erschöpft sich aber auch der Regelungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 1 HWG. Deshalb ist in dem durch seinen § 1 geregelten sachlichen Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes jeweils noch zu prüfen, ob die betreffende Werbemaßnahme gegen eine andere im Gesetz enthaltene Reglementierung des Werbeverhaltens verstößt.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, wenn nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 HWG eingreift.
Eine Werbegabe im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet [4]. Dagegen kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht angenommen werden, bereits die Teilnahme an dem in Rede stehenden Gewinnspiel habe die Teilnehmer unsachlich beeinflussen können, weil diese in der Meinung, die Vor- und Nachteile des Mittels Aspirin nunmehr genau zu kennen, es ihren Kunden auch in Fällen empfehlen würden, in denen die Konsultation eines Arztes angezeigt sei, um gesundheitliche Nachteile zu vermeiden. Das auf der Grundlage des Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame soll (nur) solche Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken [5]. Im Streitfall ist jedoch weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die beanstandete Werbung deren Adressaten veranlassen könnte, ihr Verhalten bei der Beratung der Kunden gerade im Blick auf die Gewinnchance, die sie durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel der Beklagten erlangten, zu deren Gunsten unsachlich zu ändern [6].
Nicht ausreichend ist demgegenüber eine mögliche Beeinflussung der Werbeadressaten (PTAs), die sich daraus ergab, dass diese sich mit den Angaben in der Werbebeilage näher befassen mussten, wenn sie mit Aussicht auf Gewinn an der Verlosung der Geldbörsen teilnehmen wollten. Diese Einflussnahme bewirkt nur, dass die Werbeadressaten den Inhalt der Werbebeilage zur Kenntnis nehmen. Dadurch wird aber kein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe des beworbenen Arzneimittels geweckt, dem das in § 7 Abs. 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame entgegenwirken soll.
Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG, wonach Werbegaben an Angehörige der Heilberufe unbeschadet des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nur zulässig sind, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind, knüpft an die Regelung im vorangehenden Satz 1 an. Sie setzt deshalb nicht anders als diese Regelung das Vorliegen einer Werbegabe voraus und ist damit im Streitfall, in dem es – wie ausgeführt – an einer solchen Werbegabe fehlt, nicht anwendbar.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Dezember 2013 – I ZR 83/12
- Ergänzung zu BGH, Urteil vom 17.08.2011 – I ZR 13/10, GRUR 2011, 1163 Rn. 15 und 18 bis 20 = WRP 2011, 1590 Arzneimitteldatenbank; Urteil vom 25.04.2012 – I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn. 24 und 28 = WRP 2012, 1517 DAS GROSSE RÄTSELHEFT, mwN[↩]
- vgl. OLG Hamburg, GRUR 1979, 726, 727; OLG Karlsruhe, WRP 2001, 562, 566; OLG Köln, GRUR-RR 2011, 380; OLG Koblenz, MD 2012, 212; OLG Nürnberg, WRP 2012, 739; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 7 Rn. 27; Pelchen/Anders in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 175. Lief.05.2009, § 7 HWG Rn. 3; aA Brixius in Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 4. Aufl., § 7 Rn. 23; Kleist/Albrecht/Hoffmann, HWG, 1998, § 7 Rn. 18 und § 11 Rn. 49; Glaab, PharmR 1979, 48, 49[↩]
- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.03.2007 1 BvR 1226/06, GRUR 2007, 720, 721 Geistheiler; BGH, Urteil vom 29.05.1991 – I ZR 284/89, BGHZ 114, 354, 358 Katovit; Urteil vom 03.12 1998 – I ZR 119/96, BGHZ 140, 134, 139 f. Hormonpräparate; Urteil vom 26.03.2009 – I ZR 213/06, BGHZ 180, 355 Rn. 17 Festbetragsfestsetzung; Doepner aaO Einl. Rn. 39; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11, 133, jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.08.2011 – I ZR 13/10, GRUR 2011, 1163 Rn. 15 = WRP 2011, 1590 Arzneimitteldatenbank; Urteil vom 25.04.2012 – I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn. 24 = WRP 2012, 1517 DAS GROSSE RÄTSELHEFT, mwN[↩]
- BGH, GRUR 2011, 1163 Rn. 18 Arzneimitteldatenbank; GRUR 2012, 1279 Rn. 28 – DAS GROSSE RÄTSELHEFT[↩]
- vgl. BGH, GRUR 2011, 1163 Rn.19 f. Arzneimitteldatenbank[↩]