Titelschutz kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint.Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder auch Bilder) erheblich ist.

Für die Annahme eines schutzfähigen Werktitels genügt es allerdings nicht, dass der Verkehr die Bezeichnung einer Rubrik als bestimmt und geeignet ansieht, diese von anderen Rubriken zu unterscheiden. Dieses Kriterium dient der Prüfung, ob einem Titel die für den Schutz als Werktitel nach § 5 Abs. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft zukommt. Davon zu trennen ist die vorgelagerte Frage, ob sich die Bezeichnung, für die Titelschutz begehrt wird, überhaupt auf ein titelschutzfähiges Werk im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG bezieht.
Werktitel werden nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnung geschützt. Gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sind schutzfähige Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff1. Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind2.
Im Hinblick auf die Werkkategorie der Druckschriften war bereits in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 16 UWG aF anerkannt, dass Titelschutz nicht nur für die Bezeichnung einer Zeitung oder Zeitschrift als Ganzes, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Bezeichnung von Teilen einer Druckschrift in Betracht kommt3. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof fortgeführt4.
Danach ist ein Teil einer Zeitung oder Zeitschrift ein eigenes titelschutzfähiges Werk im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn es sich um eine besondere, nach ihrer äußeren Aufmachung sowie nach ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt, die regelmäßig wiederkehrend unter eigener kennzeichnungskräftiger Bezeichnung erscheint5. Die erforderliche äußere Selbständigkeit liegt jedenfalls bei regelmäßigen Beilagen von Zeitungen, die sich inhaltlich mit bestimmten Themen befassen3, sowie bei mehrseitigen Regionalteilen oder anderen Rubriken einer Tageszeitung6 vor und kann auch bei einer einzelnen, thematisch besonders ausgerichteten Zeitungsseite gegeben sein7.
Nach diesen Grundsätzen kann auch der Bezeichnung einer Kolumne, die seit vielen Jahren zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint, Titelschutz zukommen. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträge. Die erforderliche äußerliche Selbständigkeit der Kolumne gegenüber dem übrigen Inhalt der Zeitschrift ergibt sich aus ihrer drucktechnischen Gestaltung, die sie von anderen Beiträgen abgrenzt. Nicht entscheidend ist, ob die Kolumne einen größeren oder kleineren Teil einer Zeitungs- oder Zeitschriftenseite einnimmt. Titelschutz kann für eine Kolumne auch dann bestehen, wenn sie regelmäßig nur wenige Absätze umfasst.
Nach den Feststellungen ist im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall von einer titelschutzfähigen Kolumne auszugehen. Die Kolumne ist von den übrigen Artikeln der Seite durch einen Trennstrich deutlich abgesetzt und erhält dadurch eine gewisse äußere Selbständigkeit. Sie erscheint seit vielen Jahren wöchentlich mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung. Jedenfalls im Streitfall ist die Kolumne damit ein titelschutzfähiges Werk. Dafür ist unerheblich, dass die Kolumnenbezeichnung als „Übertitel“ stets deutlich kleiner gestaltet ist als die eigentliche Überschrift des unter ihr veröffentlichten konkreten Beitrags.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. März 2012 – I ZR 102/11 – „Stimmt’s?“
- vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Markenrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 67; Baronikians, Der Schutz des Werktitels, 2008, Rn. 94 f.; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl.2004, Rn. 26[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1993 – I ZR 25/91, GRUR 1993, 767, 768 = WRP 1993, 701 – Zappel-Fisch; Urteil vom 24.04.1997 – I ZR 44/95, BGHZ 135, 278 – Power-Point; Deutsch/Ellerbrock aaO Rn. 29[↩]
- RGZ 133, 189, 191 – Kunstseiden-Kurier[↩][↩]
- BGH, Urteil vom 29.04.1999 – I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 = WRP 1999, 1279 – SZENE; Urteil vom 18.06.2009 – I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 15 = WRP 2010, 266 – Eifel-Zeitung[↩]
- RGZ 133, 189, 191 – Kunstseiden-Kurier; BGH, GRUR 2000, 70, 72 – SZENE[↩]
- BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 15 – Eifel-Zeitung; OLG Hamburg, GRURRR 2009, 309, 310 f.[↩]
- RGZ 133, 189, 191 – Kunstseiden-Kurier; offengelassen in BGH, GRUR 2000, 70, 72 – SZENE[↩]