Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat seine Rechtsprechung zur Störerhaftung des Betreibers einer Internetseite bestätigt. Hiernach trifft den Betreiber eines Internetforums eine Pflicht zur Überwachung des Internetforums auf beleidigende Äußerungen.

Im entschiedenen Fall sprach das OLG Hamburg dem Antragsteller einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 StGB wegen einer Äußerung zu, bei der es sich um eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB handelt. Die Antragsgegnerin als Betreiberin eines Internetforums ist nach Ansicht der Hamburger Richter auch als Störer für die Verbreitung dieser Äußerung verantwortlich, denn sie hat die sie als Betreiber eines Internetforums treffende Prüfpflicht1 verletzt.
Es spricht zwar Vieles dafür, dass die vor Einstellung der Äußerung vom 22. Juni 2009 über das Forum verbreiteten Äußerungen keine Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgelöst haben, ihr Forum auf gegen den Antragsteller gerichtete Formalbeleidigungen zu überprüfen; denn diese Äußerungen enthielten keine groben Schimpfworte der hier angegriffenen Art. Das bedarf indessen keiner vertieften Erörterung; denn der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch ist die Sach- und Rechtslage am Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen2, und danach ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls jetzt gegeben, weil die angegriffene Äußerung auch nach der sie betreffenden Abmahnung des Antragstellers durch weitere Einträge in ihrem Kerngehalt wiederholt worden ist und die Antragsgegnerin nunmehr eine Prüfpflicht traf.
Denn jedenfalls die den Foreneintrag vom 22. Juni 2009 betreffende Abmahnung des Antragstellers und die von dem Antragsteller erwirkte einstweilige Verfügung vom 7. Juli 2009 hätten die Antragsgegnerin veranlassen müssen, die Einträge in ihre Internetforen, die den Antragsteller betrafen, wirkungsvoll auf eine Wiederholung der beanstandeten Beleidigung des Antragstellers zu überprüfen. Eine solche Prüfung war und ist der Antragsgegnerin auch in Anbetracht des Umfangs ihrer in manchen Monaten mehr als 150000 Einträge aufweisenden Internetforen nicht unzumutbar. Denn zu überprüfen sind nur die den Antragsteller betreffenden Einträge, und die beanstandete Äußerung besteht aus nur wenigen und kurzen Wörtern, die mittels Suchmaschinen, aber auch durch eine manuelle Kontrolle – bei der nur auf die betreffenden Wörter und nicht auf den weiteren Inhalt der Eintragungen geachtet zu werden braucht – leicht zu erfassen sind. Das Gleiche gilt für Abkürzungen oder Varianten, in denen die betreffende Äußerung dem Leser deutlich erkennbar wiederholt wird3.
Im Rahmen der Abwägung, inwieweit der Antragsgegnerin eine Kontrolle zugemutet werden darf, kann zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die von dem Antragsteller beanstandete Äußerung einen schweren Angriff auf seine persönliche Ehre darstellt. Ob die Antragsgegnerin auch die Verpflichtung trifft, ihr Forum auf die Einstellung kerngleicher Äußerungen zu überprüfen, die im Wege besonders verborgener Wiederholung – zum Beispiel im Wege einer Bilddatei, die von den auf Texterkennung ausgerichteten Suchmaschinen nicht ohne Weiteres aufgefunden werden kann, oder im Wege ungewöhnlicher Abkürzungen – in ihr Forum „geschmuggelt“ werden, kann dahinstehen, weil es sich bei den weiteren rechtsverletzenden Äußerungen nicht um derartige Einträge gehandelt hat. Sollten solche vorkommen, solange die einstweilige Verfügung Bestand hat, wird auf einen etwaigen Ordnungsmittelantrag des Antragstellers im Verfahren nach § 890 ZPO geprüft werden müssen, ob solche Einträge einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung bilden und ob ggf. die Antragsgegnerin daran, dass ihr dieser entgangen ist, ein Verschulden trifft.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2010 – 7 U 117/09