Verband von Vertragshändlern klagt gegen Margenkürzungen

Wenn die Rechtsverfolgung der satzungsgemäßen Wahrnehmung der geschäftlichen Belange seiner Mitglieder entspricht, ist grundsätzlich ein eigenes schutzwürdiges Interesse eines Verbandes an der Durchsetzung eines fremden Rechts anzuerkennen1. Eine Klage, die auf einzelne Mitglieder beschränkt ist, kann dabei auch dem Zweck dienen, die geschäftlichen Belange aller Mitglieder oder wenigstens der Mehrheit der Mitglieder zu verfolgen

Verband von Vertragshändlern klagt gegen Margenkürzungen

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall klagt ein Verein, der verbandsmäßig die Interessen der C. -Vertragshändler wahrnimmt, gegen Margenkürzungen bei allen Verbandsmitgliedern. Die Beklagte ist die deutsche Importeurin von C. -Fahrzeugen. In Anbetracht der vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken gegen eine ausreichende Offenlegung der betroffenen Vertragshändler hat der Kläger den Unterlassungsantrag hilfsweise auf neun namentlich benannte Mitgliedsunternehmen beschränkt, deren Geschäftsführer dem Vorstand des Klägers angehören.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs geht das Berufungsgericht zwar zutreffend davon aus, dass jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm vom Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen kann, sofern er an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat2. Das Berufungsgericht hat jedoch die Anforderungen an das Vorliegen eines eigenen schutzwürdigen Interesses des Klägers überspannt.

Dem Kläger kann ein schutzwürdiges Interesse an den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüchen nicht abgesprochen werden. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei verbandsmäßigen Zusammenschlüssen ein solches Interesse grundsätzlich dann anzuerkennen, wenn die in Frage stehende Rechtsverfolgung der satzungsgemäßen Wahrnehmung der geschäftlichen Belange der Verbandsmitglieder entspricht3.

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So verhält es sich hier. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers zählt die Wahrung der Interessen seiner Mitglieder im Falle von Margenkürzungen einschließlich der Einleitung eines gegen die Beklagte gerichteten Zivilprozesses (§ 2 Ziffer 6 der Satzung). Diesem Zweck dient nicht nur die im Streitfall ursprünglich erhobene Klage, sondern auch der in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag.

Anders als das Berufungsgericht meint, steht dem nicht entgegen, dass der Kläger das gestellte Unterlassungsbegehren in seinem – allein noch maßgeblichen – Hilfsantrag auf die zwischen der Beklagten und neun namentlich benannten Mitgliedsunternehmen bestehenden Vertragsverhältnisse beschränkt hat. Denn eine satzungsgemäße Wahrnehmung der geschäftlichen Belange der Mitglieder setzt nicht zwingend voraus, dass rechtliche Schritte für alle oder zumindest für die Mehrheit der Mitglieder eingeleitet werden4. Vielmehr kann auch eine auf einzelne Mitglieder beschränkte Klage dem Zweck dienen, die geschäftlichen Belange sämtlicher oder wenigstens der Mehrheit der Mitglieder zu verfolgen. Entscheidend für ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einer gewillkürten Prozessstandschaft ist daher nicht die Anzahl der Mitglieder, für welche er einen Zivil-prozess führt, sondern ob das Klageziel auch die geschäftlichen Interessen der übrigen Mitglieder berührt und sich nicht in der – vom Satzungszweck nicht gedeckten – Durchsetzung von Individualinteressen erschöpft5.

Gemessen an diesen Maßstäben ist hinsichtlich des Hilfsantrags ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Verfolgung der Rechte der neun namentlich benannten Mitglieder zu bejahen. Dem Kläger obliegt nach § 2 Ziffer 6 seiner Satzung die Aufgabe, die Interessen seiner Mitglieder zu wahren. Dabei ist er im Falle eines Mehrheitsentscheids der Mitgliederversammlung (§ 5 Ziffer 3 a) 6 der Satzung) gehalten, die hierfür erforderlichen rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

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Der Kläger ist mit Beschlüssen der anwesenden Mitglieder vom 7. Dezember 2006, vom 24. November 2007 und vom 22. November 2008 beauftragt worden, zur Wahrung der Interessen seiner Mitglieder rechtliche Schritte gegen die Beklagte einzuleiten. Zur Erfüllung der ihm durch die Vereinssatzung und die gefassten Beschlüsse übertragenen Rechte und Pflichten hat der Kläger zunächst Feststellungsklage gegen die Beklagte erhoben, die er später in eine Unterlas-sungsklage abgeändert hat. Dass er das Unterlassungsbegehren mit dem Hilfsantrag auf die neun Mitgliedsunternehmen beschränkt hat, deren Geschäftsführer dem Vorstand des Klägers angehören, beruht auf den vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken an einer hinreichenden Konkretisierung des Mitgliederbestands, also auf rein prozessualen Erwägungen, und nicht darauf, dass die geschäftlichen Interessen der benannten neun Mitglieder anders gelagert wären als die der übrigen Verbandsangehörigen.

Das eigene rechtliche Interesse des Klägers an der Durchsetzung der im Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüche wird entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht dadurch berührt, dass ein im vorliegenden Verfahren erstrittenes Urteil nur Rechtskraftwirkung zwischen den benannten Vertragshändlern und der Beklagten entfaltet. Trotz dieser Einschränkung dient die gewählte Form der Rechtsverfolgung der Erfüllung der dem Kläger übertragenen Wahrnehmung der kollektiven Interessen seiner Mitglieder. Denn der Inhalt eines im Verhältnis zwischen der Beklagten und den neun namentlich benannten Mitgliedsunternehmen ergehenden Urteils bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die geschäftlichen Belange der übrigen Mitglieder des Klägers. Die vorliegend aufgeworfene Rechtsfrage, ob die von der Beklagten vorgenommenen Margenkürzungen zulässig sind, lässt sich generell und damit losgelöst von individuellen Vertragshändlerverhältnissen beantworten. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die rechtliche Beurteilung des Streitfalls auch für die übrigen Händlerverträge Bedeutung gewinnt, sei es aufgrund einer darauf basierenden Verständigung der (Vertrags-)Parteien oder deswegen, weil die Gerichte in einem nachfolgenden Rechtsstreit den vorliegend eingenommenen Rechtsstand-punkt – zur Vermeidung divergierender Entscheidungen – teilen.

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Auch die für die Prozessstandschaft erforderliche Ermächtigung durch die Rechtsinhaber liegt vor. § 2 Abs. 6 der Satzung des Klägers sieht ausdrücklich für den Fall eines mit Stimmenmehrheit gefassten Mitgliederentscheids die Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung von Mitgliederinteressen durch den Kläger vor und regelt auch das Verfahren zur Einleitung gerichtlicher Schritte. Die Satzung trägt daher dem Umstand Rechnung, dass bei der Erfüllung der satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins von vorneherein auch mit gerichtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Bei dieser Sachlage liegt in § 2 Abs. 6 der Satzung des Klägers bereits eine Ermächtigung durch die Vereinsmitglieder – und damit auch durch die neun vom Kläger im vorliegenden Verfahren repräsentierten Mitglieder – zur Geltendmachung des vorliegenden Anspruchs für den Fall eines – hier vorliegenden – Mehrheitsentscheids der Mitglieder (vgl. BGH, Urteile vom 19.12.1975 – V ZR 230/73, aaO; vom 27.10.1983 – III ZR 126/82, BGHZ 89, 1, 3 f.)).

Da es sich bei den vom Kläger verfolgten Ansprüchen auf Rückgängigmachung von Margenkürzungen nicht um Unterlassungsansprüche im Sinne der §§ 1, 2 UKlaG handelt und auch kein wettbewerbsrechtlicher Kontext besteht, kommt es für die Klagebefugnis nicht darauf an, ob der Kläger nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG oder nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG für entsprechende Ansprüche klagebefugt wäre6.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht den Hilfsantrag als unzulässig abgewiesen hat; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses sich mit der Frage der Begründetheit des Hilfsantrags befassen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. September 2011 – VIII ZR 118/10

  1. im Anschluss an BGH, Urteile vom 05.10.1955 – IV ZR 302/54, MDR 1956, 154; vom 17.02.1983 – I ZR 194/80, NJW 1983, 1559 mwN[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 24.10.1985 – VII ZR 337/84, BGHZ 96, 151, 152; vom 19.03.1987 – III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 218; vom 03.12.1987 – VII ZR 374/86, BGHZ 102, 293, 296; vom 10.11.1999 – VIII ZR 78/98, aaO; vom 31.07.2008 – I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rn. 54[]
  3. vgl. BGH, Urteile vom 05.10.1955 – IV ZR 302/54, MDR 1956, 154 unter I; vom 17.02.1983 – I ZR 194/80, NJW 1983, 1559 unter II 2 b mwN; vom 19.12.1975 – V ZR 230/73, MDR 1976, 652; ebenso MünchKomm-ZPO/Lindacher, 3. Aufl., vor §§ 50 ff. Rn. 60 mwN; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., vor § 50 Rn. 58 mwN; differenzierend BGH, Urteil vom 09.05.1967 – Ib ZR 59/65, BGHZ 48, 12, 15 f.[]
  4. vgl. hierzu auch Stein/Jonas/Bork, aaO[]
  5. vgl. BGH, Urteile vom 17.02.1983 – I ZR 194/80, aaO; vom 14.11.2006 – XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 29[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 09.10.1997 – I ZR 122/95, WM 1998, 672 unter II 2[]

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