Der auf konkreten Tatsachen beruhende Verdacht einer Dioxinbelastung von Futtermitteln begründet eine Mangelhaftigkeit der Kaufsache. § 24 LFBG begründet eine verschuldensunabhängige Haftung. Den Verkäufer des Futtermittels trifft insoweit eine verschuldensunabhängige (garantieähnliche) Gewährleistungshaftung.

Das von der Verkäuferin gelieferte Futter eignete sich schon deshalb nicht zur gewöhnlichen Verwendung, weil der auf konkreten Tatsachen beruhende Verdacht einer Dioxinbelastung bestand. Ein solcher Verdacht kann seinerseits einen Mangel darstellen, wenn er qualitätsmindernd ist1. Eine Qualitätsminderung in diesem Sinne kann beispielsweise darin liegen, dass der Verdacht fehlender Eignung den Weiterverkauf gelieferter Lebensmittel hindert2. Nichts anderes gilt bei der Lieferung eines in der Lebensmittelkette verwendeten Futtermittels, wenn auf Grund des Verdachts mittelbar die Vermarktung des produzierten Lebensmittels behindert wird. Denn zur Eignung eines in der Lebensmittelkette verwendeten Futtermittels zum gewöhnlichen Gebrauch gehört auch, dass dieses verwendet werden kann, ohne die Weiterveräußerung des produzierten Lebensmittels zu behindern. Es macht keinen Unterschied, ob der Verdacht unmittelbar zur Unverkäuflichkeit der Kaufsache oder – wie hier lediglich mittelbar – zur Unverkäuflichkeit der mit der Kaufsache produzierten Lebensmittel führt. In diesem Sinne spricht auch der Gesetzgeber im Aktionsplan „Verbraucherschutz in der Futtermittelkette“ zusammenfassend von unbedenklichen Futtermitteln und sicheren Lebensmitteln3. Insofern ist die Auffassung der Beklagten, die zum Verdachtsmangel bei Lebensmitteln entwickelten Grundsätze ließen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, inhaltlich unzutreffend. Sie ist auch sachlich falsch, weil die Rechtsprechung zum Verdachtsmangel nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere Gegenstände wie Hausschwamm oder Feuchtigkeit im Hausfundament betrifft4. Unerheblich ist auch, inwieweit tatsächlich eine Gefährdung für den Endverbraucher bestand. Bereits der dahingehende konkrete Verdacht begründet die in der schlechteren Verwertbarkeit liegende Mangelhaftigkeit.
Die Haftung der Händlerin entfällt nicht dadurch, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). § 24 LFBG begründet eine verschuldensunabhängige Haftung5.
Nach der zur Zeit der Futtermittellieferungen geltenden Fassung des § 24 LFBG übernimmt der Verkäufer die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit, wenn er bei der Abgabe von Futtermitteln keine Angaben über deren Beschaffenheit macht. Da die Händlerin derartige Angaben nicht gemacht hat, muss sie sich so behandeln lassen, als hätte sie eine Garantie für die Mangelfreiheit der Futtermittel abgegeben. Bereits für die im Wortlaut identische Regelung des § 6 FMG hat der BGH6 in solchen Fällen eine Zusicherung im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB a. F. angenommen. Der vom Gesetzgeber gewollte Schutz des Tierhalters sei nur dann gegeben, wenn der Verkäufer nicht nur im Rahmen der allgemeinen Mängelhaftung für handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit einzustehen habe. Damit haftete der Verkäufer im Falle der Unreinheit oder Verdorbenheit des Futtermittels verschuldensunabhängig. Mit den nachfolgenden § 7 Abs. 3 FMG und § 24 LFGB a. F. wurde diese, die Rechte eines Futtermittelkäufers „stärkende Regelung“ beibehalten7. Würde die Regelung ein Verschulden voraussetzen, hätte sie praktisch keinen Anwendungsbereich, da die Gewährleistungsansprüche des Käufers bei der Lieferung von nicht der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit entsprechendem und damit mangelhaftem Futter sich bereits aus §§ 434ff BGB ergäben. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber lediglich aus deklaratorischen Gründen eine Norm übernimmt, ohne ihr eine (eigenständige) Bedeutung zu geben8. Das Bedürfnis für eine verschuldensunabhängige Haftung besteht auch nach der Schuldrechtsreform fort. Zwar setzt danach ein Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden keine Zusicherung des Verkäufers mehr voraus. Nach dem Regelungssystem des BGB hängt der Anspruch gleichwohl davon ab, dass der Verkäufer den Mangel gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat. Der vom Gesetzgeber von jeher gewollte Schutz des Käufers wird somit nur durch eine Auslegung des § 24 LFGB erreicht, die ein Verschulden nicht voraussetzt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Annahme einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung bestehen nicht. Der erforderliche Schutz des Käufers rechtfertigt die Einstandspflicht des Verkäufers, ohne dass dieser unangemessen benachteiligt wird. Das Risiko der Mangelhaftigkeit des Futtermittels auf Grund von Umständen, die in der Sphäre seines Lieferanten liegen, hat der Verkäufer zu tragen. Es bleibt ihm überlassen, seinerseits Regressansprüche gegen den Lieferanten geltend zu machen. Dessen Insolvenzrisiko muss nicht der Endabnehmer des Futtermittels, sondern der Verkäufer als sein direkter Vertragspartner tragen.
Der vom Beklagten geltend gemachte Schaden ist der Händlerin auch als adäquat verursacht zuzurechnen. Der für die Ersatzpflicht gemäß §§ 249ff BGB erforderliche Zurechnungszusammenhang wird in der Regel nur dadurch unterbrochen, dass der Schaden erst mittelbar durch die Handlung eines Dritten eintritt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Dritten ein absolut ungewöhnliches, in keinster Weise nachvollziehbares Fehlverhalten anzulasten ist9. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Nichtabnahme der vom Beklagten produzierten Eier zum ursprünglich vereinbarten Preis durch dessen Kunden liegt auch nach der Aufhebung der Handelssperre nicht außerhalb der Lebenserwartung. Selbst wenn nach aktuellen Untersuchungen die Grenzwerte wieder unterschritten waren, lag ein zögerliches Kaufverhalten der Verbraucher und ein Einbruch von Markt und Preisen nahe.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 18. Juni 2013 – 12 U 26/13
- Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl. § 434 Rn. 58; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 3. Aufl. § 434 Rn. 71; MüKo/Wester-mann, BGB, 6. Aufl. § 434 Rn. 76; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Bearbeitung 2004, § 434 Rn. 176[↩]
- vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 134; BGH MDR 2005, 972[↩]
- BT-Drs. 17/5953 S. 1[↩]
- vgl. BGH NJW-RR 2003, 772; 87, 1415; NJW 2001, 64; LG Bonn NJW 2004, 74[↩]
- Wehlau, LFGB, § 24 Rn. 7; Boch LFGB § 24 Rn. 1; ders. ZLR 2013, 111[↩]
- BGHZ 57, 292[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/5953 S. 18; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2011 § 24 LFGB Rn. 1[↩]
- Boch ZLR 2013, 111, 117[↩]
- Palandt/Gründeberg a.a.O. vor § 249 Rn. 47[↩]