Eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes darf veröffentlicht und verwertet werden, sofern der Künstler hierzu seine Einwilligung erteilt. Hat ein Künstler durch Duldung den Anschein entstehen lassen, er willigt in den Verkauf und damit die Veröffentlichung und Verwertung der in seinem Atelier durch einen Mitarbeiter veräußerten Werke als „seine“ Werke ein, darf sich der Käufer auf diesen vom Künstler gesetzten Rechtsschein verlassen, und es kann keine Kennzeichnung des Werkes als Fälschung oder eine Schwärzung, alternativ Entfernung der Signatur verlangt werden.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem hier vorliegenden Fall die Vernichtung des vermeintliche Immendorff-Gemäldes „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“ entgegen der vorinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf verhindert und die Verbreitung des Werkes als rechtmäßig angesehen.
In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf ausgeführt, dass gem. § 23 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) auch eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes veröffentlicht und verwertet werden dürfe, sofern der Künstler hierzu seine Einwilligung erteilt. Immendorff habe Direktverkäufe von Gemälden in seinem Atelier durch seine Mitarbeiter zumindest geduldet. Er habe deshalb den Anschein entstehen lassen, er willige in den Verkauf und damit die Veröffentlichung und Verwertung der in seinem Atelier veräußerten Werke als „seine“ Werke ein. Auf diesen von Immendorff gesetzten Rechtsschein habe sich der Käufer verlassen dürfen, selbst wenn der Mitarbeiter im konkreten Fall ein von Immendorff nicht legitimiertes Gemälde veräußert hätte.
Weiter fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass der Erwerber Kenntnis vom Fehlen einer entsprechenden Einwilligung Immendorffs in Bezug auf das konkrete Werk hatte oder hätte haben müssen. An diesen rechtlichen Umständen müsse sich auch Immendorffs Witwe als Erbin festhalten lassen.
Auf die Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Gemälde um eine Fälschung oder – woran auch das Oberlandesgericht erhebliche Zweifel hege – um eine Schöpfung des Künstlers Immendorff selbst handelt, komme es deshalb nicht mehr an. Gleiches gelte für die Frage, ob das beim Kauf übergebene „Echtheitszertifikat“ tatsächlich von Immendorff stamme.
Aufgrund des von Immendorff gesetzten Rechtsscheins der Einwilligung in die Verbreitung des Gemäldes könne die Klägerin auch keine Kennzeichnung des Werkes als Fälschung oder eine Schwärzung, alternativ Entfernung der Signatur verlangen.
Immendorffs Witwe begehrte mit ihrer Klage die Vernichtung des streitgegenständlichen Gemäldes, da sie behauptet, es handele sich um eine Fälschung bzw. ein ohne Zustimmung Immendorffs veräußertes Werk. Der Bruder des Beklagten hatte das Gemälde – angeblich im Jahre 1999 – im Atelier Immendorffs erworben. Der Kauf des streitgegenständlichen Gemäldes wurde durch den im Atelier tätigen Mitarbeiter L abgewickelt.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 – I-20 U 167/12