§ 204 VVG: Tarifwechsel erspart PKV-Versicherten hohe Beiträge

Ein Tarifwechsel innerhalb der eigenen privaten Krankenversicherungsgesellschaft zur Kostenreduzierung muss heute keine unüberwindbare Hürde mehr sein. Mit dem Paragrafen 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) hat der Gesetzgeber eine rechtliche Grundlage dafür geschaffen und es Verbrauchern leichter gemacht, diesen Schritt durchzusetzen. In dem besagten Paragrafen heißt es nämlich, dass der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen kann, „Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung“ anzunehmen.

§ 204 VVG: Tarifwechsel erspart PKV-Versicherten hohe Beiträge

 

Nur Zuschläge auf Mehrleistungen zulässig

Dieses Recht auf den PKV-Tarifwechsel innerhalb der eigenen Gesellschaft kennen die meisten Kunden gar nicht, weil die Versicherungsunternehmen damit nur ganz selten, wenn überhaupt, auf ihre Versicherten zukommen. Den Unternehmen drohen dadurch finanzielle Einbußen. Der Versicherte hingegen kann bares Geld sparen und sogar seine angesammelten Altersrückstellungen mit in den neuen Tarif überführen.

Die PKV darf ihrerseits, „soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, […] für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen“ (§ 204 Abs. 1 VVG). Scheut der Kunde vor dem Risikozuschlag oder einer erneuten Gesundheitsprüfung, kann er freiwillig auf die Mehrleistung (falls überhaupt vorhanden) verzichten und trotzdem in den günstigeren Tarif wechseln.

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Wegweisendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes

Schlagzeilen damit machte im Jahre 2010 die Allianz AG, die von ihren Tarifwechsel-Willigen einen “Tarifstrukturzuschlag” verlangte. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat jedoch mit seinem Urteil vom 23. Juni 20101 entschieden, dass die Allianz rechtswidrig handelt und gegen das Versicherungsvertragsrecht verstoßen hat. Dieses Urteil wird seither als ein allgemeiner Sieg für alle Privatpatienten gewertet.

Dem Urteil vorausgegangen war eine Verpflichtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Allianz dürfe keine Tarifstrukturzuschläge erheben, soweit keinerlei Vorerkrankungen vorliegen. Die Allianz zog daraufhin als Klägerin vor das VerwaltungsgerichtFrankfurt am Main – und hatte Erfolg. Auf die Revision der BaFin hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts2 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

PKV-Tarifwechsel lohnt vor allem für langjährige Kunden

Der PKV-Tarifwechsel, der in Einzelfällen ein Einsparpotenzial von bis 40 Prozent hat, kann demnach sooft durchgeführt werden, wie der Kunde es für nötig hält. Er lohnt sich besonders für Versicherte, die schon seit mehreren Jahren Kunde bei ihrer Gesellschaft sind, die keine oder nur eine geringe Selbstbeteiligung haben oder für Versicherte von fusionierenden Unternehmen.

 

Wechsel des Anbieters ist nicht für jeden zu empfehlen

PKV-Versicherte, für die ein Tarifwechsel aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage kommt, haben noch die Möglichkeit, ihre private Krankenversicherung zu wechseln. Diese ist allerdings nicht selten mit erheblichen Risiken verbunden, die bei einem alleinigen Tarifwechsel nicht auftauchen. So gehen die angesammelten Altersrückstellungen, die je größer sind, je länger man schon privat versichert ist, vollständig verloren, wenn der alte Versicherungsvertragsabschluss vor 2009 stattgefunden hat. Für alle Verträge danach gilt, dass die Altersrückstellungen zu einem gewissen Teil (bis zu 78 Prozent) in die neue Gesellschaft mitgenommen werden können. Neukunden müssen sich außerdem abermals einer Gesundheitsprüfung unterziehen, die mit steigendem Alter immer schwerer zu bestehen ist. Dennoch kann auch ein PKV-Wechsel sinnvoll sein – nämlich dann, wenn der Versicherte erst kurze Zeit (Faustregel: weniger als sieben Jahre) Kunde bei seiner Krankenversicherung ist.

  1. BVerwG, Urteil vom 23.06.2010 – 8 C 42.09[]
  2. VG Frankfurt/Main, Urteil vom 23.07.2009 – 1 K 3082/08.F(2) []
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