Eine Auseinandersetzung über Ausgleichsansprüche gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen bergbaubedingter Erschütterungen fällt nicht unter den Risikoausschluss für „Bergbauschäden“ im Sinne von § 3 Abs. 1 c ARB 94/2000.

Die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist eine Wahrnehmung dinglicher Rechte, da dieser Anspruch Ausfluss des Eigentums am Grundstück ist. Die Interessenwahrnehmung aus dinglichen Rechten umfasst Ansprüche aller Art, die aus dem dinglichen Recht entstehen können1. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
Die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 1c ARB-RU 2000 greift nicht ein.
Die Auslegung des in ihr enthaltenen Begriffs der Bergbauschäden an Grundstücken und Gebäuden i.S. von § 3 Abs. 1c ARB 94/2000 richtet sich danach, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss2.
Ein solcher Versicherungsnehmer wird zunächst vom Wortlaut der Bedingung ausgehen, wobei für ihn ein Sprachgebrauch des täglichen Lebens, nicht etwa eine Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist3, maßgebend ist. Verbindet allerdings die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff, ist anzunehmen, dass darunter auch die Versicherungsbedingungen nichts anderes verstehen wollen. Dies trifft indes nicht für den auch in der Umgangssprache verwendeten Begriff von „Schäden“ zu, der nicht eindeutig in den Bereich der Rechtssprache verweist, weil es dort keinen in seinen Konturen eindeutig festgelegten Schadenbegriff gibt4. Die Reichweite der Klausel wird deshalb insbesondere nicht durch den Begriff des Bergschadens im Sinne der Legaldefinition des § 114 BBergG bestimmt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht5.
Dies zugrunde gelegt, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer von „Bergbauschäden“ nur ausgehen, wenn sich diese in Form von unmittelbaren Sachschäden in bleibender Weise „an“ seinem Eigentum oder sonstigen dinglichen Recht manifestiert haben und mittelbare Beeinträchtigungen durch vom Bergbau ausgehende Emissionen nicht als von der Klausel erfasst ansehen. Denn sowohl in der Rechtssprache als auch im allgemeinen Sprachgebrauch werden unmittelbare Schäden an einem Recht oder Rechtsgut selbst und mittelbare Beeinträchtigungen (Vermögensfolgeschäden) unterschieden6. Somit legt schon der Wortlaut der Klausel es nahe, nur mit Substanzbeeinträchtigungen verbundene Schäden unter den Begriff der „Bergbauschäden“ im Sinne der Ausschlussklausel zu fassen.
Zu einem anderen Ergebnis gelangt der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch dann nicht, wenn er den Sinn und Zweck der Klausel in den Blick nimmt. Insoweit wird er erkennen, dass der Versicherer jedenfalls für Kostenrisiken nicht einstehen will, die sich aus Auseinandersetzungen wegen Substanzschäden infolge von Bergbaumaßnahmen ergeben, zum einen weil dieses Risiko nur schwer überschaubar ist, zum anderen weil eine nur kleine, regional begrenzte Anzahl von Versicherungsnehmern von diesem Risiko betroffen ist. Dass die weit überwiegende Zahl der niemals gefährdeten Versicherungsnehmer mit ihren Beiträgen auch dieses Risiko deckt, ist nicht der Sinn der Risikogemeinschaft7.
Dass dies aber in gleicher Weise für Auseinandersetzungen über Ausgleichsansprüche wegen duldungspflichtiger Immissionen gelten soll, erschließt sich ihm nicht. Beeinträchtigungen durch Immissionen sind nicht allein bergbautypisch. Die Duldungspflicht, Einwirkungen wie die Zuführung unwägbarer Stoffe oder Erschütterungen nach § 906 Abs. 1 BGB hinnehmen zu müssen, trifft viele Grundstückseigentümer in der Nachbarschaft landwirtschaftlicher, gewerblicher oder industrieller Betriebe. Von diesem Risiko ist keineswegs nur eine regional begrenzte Anzahl von Versicherungsnehmern betroffen. Es ist deshalb auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Klausel für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ersichtlich, dass das Risiko der Auseinandersetzung über hieraus resultierende Ausgleichsansprüche vom Deckungsschutz ausgenommen sein soll.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Mai 2011 – IV ZR 17/10
- BGH, Urteil vom 05.02.1992 – IV ZR 94/91, für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85[↩]
- vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. Vorbem. III Rn. 9 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.12. 2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 186 zum „Schadensersatz“[↩]
- BGH, Beschluss vom 24.06.2009 – IV ZR 110/07, VersR 2009, 1617 Rn. 10 m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 11.12. 2002, aaO S. 188[↩]
- Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 3 ARB 2000 Rn. 31; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2005, 397; vgl. ferner BGH, Urteil vom 19.02.2003 – IV ZR 318/02, VersR 2003, 454 zur so genannten Baurisikoklausel[↩]