Der Versicherungsmakler, der sich einem privat krankenversicherten Kunden gegenüber verpflichtet hatte, die Zweckmäßigkeit seines Versicherungsschutzes und die Prämiengestaltung zu überprüfen, war im Jahr 2002 noch nicht gehalten, bei seiner Prüfung eine etwaige künftige Rechtsänderung zu berücksichtigen, durch die Alterungsrückstellungen beim Wechsel des Krankenversicherungsunternehmens übertragbar wurden.

Eine Schadensersatzpflicht besteht nur hinsichtlich solcher Nachteile, zu deren Abwendung die verletzte vertragliche Pflicht übernommen worden ist1. Der Umfang des Schutzzwecks ist durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln2. Im vorliegenden Fall bestand jedenfalls zwischen dem Kläger und den Beklagten ein Versicherungsmaklervertrag. Nach der vorgelegten Vertragsurkunde waren die Beklagten insbesondere beauftragt, „die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Vertragsgestaltung und der Prämienansätze“ der Versicherungen des Klägers zu überprüfen. Sie waren damit zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen des Klägers und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihnen vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet3.
Im Rahmen dieser Betreuungs- und Beratungspflicht mussten die Beklagten jedoch nur diejenigen Gesichtspunkte in die Abwägung einbeziehen, die zum damaligen Zeitpunkt bekannt waren oder mit denen zumindest gerechnet werden konnte. Auf nicht vorhersehbare Änderungen der Rechtslage konnte eine Beratung schon rein faktisch keine Rücksicht nehmen. Vor allem aber ist aus objektiver Sicht nicht anzunehmen, dass ein Berater die Haftung für einen Risikobereich übernehmen will, dessen Größenordnung nicht abzusehen ist.
Nach diesen Grundsätzen mussten die Beklagten unter Bewertung aller seinerzeit bekannten Gesichtspunkte die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit eines Versicherungswechsels überprüfen. Dabei mussten sie neben dem Leistungsumfang insbesondere die Prämienhöhe berücksichtigen und damit auch beachten, dass die erworbene Alterungsrückstellung nicht zur H. Krankenversicherung a.G. mitgenommen werden konnte, was höhere Prämienzahlungen bedingen konnte. Sie mussten jedoch in ihre Überprüfung der Zweckmäßigkeit eines Versicherungswechsels nicht die Möglichkeit mit einbeziehen, dass zu einem nicht näher bestimmbaren späteren Zeitpunkt unter Umständen die Übertragbarkeit der Alterungsrückstellung eingeführt werden könnte. Diese Änderung der Rechtslage war zum damaligen Zeitpunkt (2002) nicht absehbar. Gutachten von Expertenkommissionen, die seit 1994 unter anderem vom Bundesministerium der Finanzen zur Untersuchung der Problematik steigender Beiträge der privat Krankenversicherten im Alter eingesetzt worden waren, hatten aufgrund erheblicher ungelöster Probleme weder die Mitgabe der kalkulierten noch die einer individuellen Alterungsrückstellung empfehlen können4. Dass die Übertragbarkeit der Alterungsrückstellung sowohl rechtlich als auch praktisch ausgeschlossen sei, entsprach im Jahr 2002 ganz überwiegender Auffassung5. Erst im Frühjahr 2004 wurden durch eine Studie des Ifo-Institutes, das die Mitgabe einer bestimmten individuell kalkulierten Alterungsrückstellung für denkbar erachtete, neue Möglichkeiten aufgezeigt6.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Mai 2009 – III ZR 231/08
- BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 – X ZR 163/02 – NJW 2005, 1420, 1421 f; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 62; Lange in Schiemann/Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104; jeweils m.w.N.[↩]
- Lange aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 – III ZR 309/04 – NJW-RR 2005, 1425, 1426; ferner auch Kollhosser in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., nach § 48 Rn. 5[↩]
- BT-Drucks. 13/4945, S. 47; Zieschang VW 2001, 1044, 1045; Präve VW 2002, 1934, 1938[↩]
- vgl. Boetius VersR 2001, 661, 677; Kalis VersR 2001, 11, 14 ff; Zieschang aaO S. 1047 [„schlechterdings ein Ding der Unmöglichkeit“]; Präve aaO S. 1937 f[↩]
- Schneider VW 2004, 1163 ff; Görsdorf-Kegel VW 2004, 1844; vgl. zum Gesamtkomplex weiter die Nachweise in BGH; Urteil vom 11. Mai 2006, aaO S. 1173, Rn. 10[↩]