Einem (englischen) Lebensversicherer sind im Einzelfall Beratungsfehler eines Maklers nicht zuzurechnen. Die Einrede der Verjährung kann gem. § 12 Abs. 1 VVG a. F. und § 199 BGB durchgreifen.

Es fehlt bereits an einer Zurechenbarkeit des Handelns des Vermittlers S. nach § 278 Satz 1 BGB als Erfüllungsgehilfe. Die Verträge für die kapitalbildenden Lebensversicherungen auf den Todes und Erlebensfall hat der Streitverkündete S. für die V. GmbH als selbständiger Versicherungsmakler ohne Bindung an die beklagte Versicherungsgesellschaft vermittelt.
Ein Makler tritt „in erster Linie“ als Vertreter bzw. Sachwalter des Versicherungsnehmers auf, der die Interessen seines Kunden wahrzunehmen hat1. Er wird deshalb grundsätzlich nicht in Erfüllung der Verbindlichkeiten des Versicherers tätig.
Die selbständige Stellung des Maklers steht seiner Einordnung als Erfüllungsgehilfe nur dann nicht grundsätzlich entgegen, wenn er nicht auf reine Maklerdienste beschränkt ist, sondern mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen, und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten2. Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden3. Maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt ist4, oder auch, ob er Formulare des Versicherers benutzt hat5. Es genügt auch nicht, dass die Beklagte ihre Anlageprodukte ausschließlich über selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft. Maßgeblich ist, welchen Umfang die Aufgabenerfüllung für diese hatte, sie bspw. die gesamte Geschäftsführung aus dem Versicherungsvertrag und Entwicklung und Verhandlungen über die Verträge bzw. Geschäftsmodelle bis zur Unterschriftsreife eigenständig übernimmt. Dafür reicht es noch nicht, dass der Vermittler das Produkt der Beklagten unter Zugrundelegung und Verwendung deren Informationsmaterial anbietet und im Hinblick auf das Kapitalanlagemodell in sog. „Pools“ dieses Produkt auch zusätzlichen Erläuterungs bzw. Aufklärungsbedarf aufweist. Gerade darin besteht die klassische Tätigkeit eines Maklers durch Aufzeigen und Vergleichen von Möglichkeiten und Modellen.
Insoweit unterscheidet sich die Situation bei Vermittlung und Abschluss der Lebensversicherungsverträge der Kläger ganz wesentlich von den von ihnen angeführten Entscheidungen im sog. „EuroplanModell“. Dort lag jeweils ein Investitions bzw. Kapitalanlagemodell zugrunde, welches die Firma R. … GmbH mutmaßlich mit Kenntnis der beklagten britischen Versicherungsgesellschaft, unter Verwendung deren Lebensversicherungstarifes „W. N.“ oder „W. C.“ erstellt hat, einem Tarif, bei welchem das Einlagekapital durch Einmalzahlung erbracht, in dem Anlagemodell „EuroPlan“ durch Kreditaufnahme ganz oder teilweise fremdfinanziert wurde und zugleich vorzeitige ratenweise Entnahmen des Versicherungsnehmers aus dem Lebensversicherungsvertrag vorsah, durch welche die Kreditzinsen bedient und durch den Zinsertrag der Lebensversicherung gedeckt sein sollten. Für den Vertrieb dieses Modells nahm die R. … GmbH wiederum eigenständige Finanzmakler als Untervermittler in Anspruch.
Ob sich die Beklagte in der dort zugrundeliegenden Situation ihrer Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung des Investitionsmodells durch R. … GmbH um die persönlichen Vertragsverhandlungen durch Einschaltung einer selbständigen Vermittlungsfirma und Untervermittler entziehen kann, bedarf hier keiner Entscheidung, da die Kläger hier kein vergleichbares Anlagemodell gewählt haben. Sie haben mit dem Lebensversicherungstarif „W. C.“ ein in monatlichen Raten anzusparendes kapitalbildendes Modell einer KapitalLebensversicherung auf den Erlebens und Todesfall gewählt. Die monatlichen Raten betrugen 1.700,00 € bzw. 1.300,00 €. Der Vermittler S. hatte weder ein individuell ausgearbeitetes oder verhandeltes Anlagemodell noch individuell ausgearbeitete Versicherungskonditionen zugrundegelegt, sondern lediglich auf der Grundlage der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Informationen einen Versicherungsvertrag mit einem vorgegebenen Anlagemodell angeboten und vermittelt. An diesen Vertragsverhandlungen war die Beklagte nicht beteiligt. Sie hatte keinen persönlichen Kontakt mit den Klägern und keinen Einfluss darauf, wie ggf. unter Verwendung ihres Prospektmaterials die Beratung durchgeführt wurde.
Darüber hinaus fehlt es auch an der Verletzung einer Beratungs oder Aufklärungspflicht durch den Streitverkündeten. Nach § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat, es sei denn, er hat diese Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Dies erfasst alle Pflichtverletzungen, die keiner Sonderregelung unterliegen, insbesondere vorvertragliche Beratungs und Aufklärungspflichten. Hierbei hat der Geschädigte darzulegen und ggf. zu beweisen, in welchem Verhältnis die Pflichtverletzung zu sehen ist und wie der Verpflichtete hätte handeln sollen. Dieser hat dann zu beweisen, dass er die geschuldete Handlung vorgenommen hat. Dabei braucht ein Beratungsvertrag nicht unmittelbar mit der Beklagten geschlossen zu werden. Die Kläger machen Ansprüche aus einem Beratungsvertrag mit dem Vermittler S. geltend, deren Verschulden sich die Beklagte zurechnen lassen soll.
Ein etwaiger Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung folgt dabei nicht allein aus einem ausdrücklich geschlossenen Beratervertrag. Die Lebensversicherung der Beklagten stellt eine kapitalbildende Anlageform dar, die im Rahmen der Altersvorsorge den Klägern dienen sollte. Ein Beratungsvertrag hierzu kommt auch ohne entsprechende ausdrückliche Abrede und ohne Vereinbarung eines Entgelts zustande, wenn ein Anlageinteressent bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Beratungsunternehmens in Anspruch nimmt und dieses sich auf die Beratung einlässt. Ein stillschweigender Vertragsschluss ist bereits zu bejahen, wenn der Berater erkennt, dass der Kunde das Ergebnis der Beratung zur Grundlage seiner Anlageentscheidung machen will. Der Berater schuldet nicht nur eine zutreffende, vollständige und verständliche Mitteilung von Tatsachen, sondern darüber hinaus eine fachmännische Bewertung, um eine den Anleger und der Anlage gerecht werdende Empfehlung abgeben zu können6.
Im Unterschied zum Anlageberater wird ein Anlagevermittler in der Regel im Interesse des Kapitalsuchenden (Anbieters) mit dem Vertrieb einer bestimmten Kapitalanlage befasst. Zwischen ihm und dem Interessenten kommt stillschweigend ein Auskunftsvertrag zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er bei der Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Vermittler daraufhin tätig wird7. Auch der Anlagevermittler ist verpflichtet, den Kunden in die Lage zu versetzen, das Anlagerisiko objektiv richtig zu beurteilen. Er ist verpflichtet, dem Kunden alle Informationen, die für seinen Anlageentschluss wesentliche Bedeutung haben oder haben können, wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesondere aber vollständig zu erteilen4.
Vorliegend spricht einiges für eine lediglich vermittelnde Tätigkeit des Maklers. Die Kläger selbst tragen insoweit vor, sie hätten eine längerfristige Kapitalanlage zur Alterssicherung gesucht. Wie es konkret zur Empfehlung der Lebensversicherung bei der beklagten Versicherungsgesellschaft kam, wird jedoch nicht näher dargelegt.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 26. Januar 2012 – 8 U 186/11
- vgl. BGH, NVersZ 2000, 124; Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl.2009, Rdnr. 141[↩]
- BGH, WM 1996, 315, 316[↩]
- BGH, a. a. O.. NJWRR 1997, 116[↩]
- BGH, a. a. O.[↩][↩]
- BGH, NVersZ 2000, 124, für die Wissenszurechnung des Maklers[↩]
- BGH, NJW-RR 2010, 115; Palandt/Grüneberg, 70. Aufl.2011, § 280, Rdnr. 47[↩]
- BGH, NJW-RR 2000, 998; Palandt/Grüneberg, a. a. O., Rdnr. 52[↩]