Rechtsschutzversicherung: Wie Ausschlussklauseln gute Versicherer qualifizieren

Die Rechtsschutzversicherung gehört im Zusammenhang mit einem sinnvollen Versicherungsschutz zu den optionalen Policen. Mit einem guten Produkt lassen sich die Kosten für Anwälte, Gerichte und Gutachten bei Rechtsstreitigkeiten gering halten. Auch ein juristisches Beratungsangebot haben viele Versicherer in ihre Dienstleistungen inkludiert. Ein wesentlicher Faktor, der über den Nutzen einer Rechtsschutzversicherung im Ernstfall entscheidet, sind die Ausschlussklauseln, die im Vertrag enthalten sind. Hier sollten Versicherungsnehmer bereits bei Vertragsabschluss genau hinschauen.

Rechtsschutzversicherung: Wie Ausschlussklauseln gute Versicherer qualifizieren

Der Rechtsschutz gehört bei Verbrauchern in der Regel nicht zu den ersten Stichworten, die ihnen für ihre persönliche Absicherung einfallen. Dabei kann eine gute Rechtsschutzpolice ein wertvoller Baustein für den individuellen Versicherungsschutz sein. Sie leistet finanzielle Unterstützung bei verschiedenen rechtlichen Auseinandersetzungen und kann Versicherte im Falle einer Rechtsstreitigkeit vor hohen Anwalts- oder Prozesskosten schützen.

Um den Schutz auf die individuellen Ansprüche anzupassen, raten Versicherer ihren Kunden häufig dazu, auf einzelne Bausteine zu setzen und den Tarif nach der persönlichen Lebenssituation anzupassen. Die richtige Rechtsschutzversicherung sollte potenzielle Konfliktbereiche in der jeweiligen Lebenssituation berücksichtigen. Gute Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass der Versicherungsschutz sich für individuelle Ansprüche maßschneidern lässt und in den Lebensbereichen eine Absicherung bietet, in denen sie benötigt wird.

Wie bei den meisten Versicherungen ist es aber vor allem das Kleingedruckte, das gute Policen von der Masse der Anbieter abhebt. Auf der Suche nach einer zuverlässigen Rechtsschutzversicherung sind es die Ausschlussklauseln, die in den Versicherungsbedingungen einen zweiten Blick erfordern. Mit den Ausschlussklauseln werden Rechtsfälle und Bereiche in der Rechtsprechung formuliert, für die der Versicherer die Kosten nicht übernimmt. Wer sich im Detail mit der Thematik beschäftigt, stellt fest, dass der Versicherungsschutz oft nicht so umfassend ist, wie erhofft.

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Häufige Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen

Wie vielfältig die möglichen Ausschlussklauseln in Rechtsschutzversicherungen sein können, zeigt ein Blick in die Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB), genauer gesagt in den aktuellen § 3 ARB 2012.

Grundlegend wird dort zunächst ein zeitlicher Ausschluss festgelegt. Das bedeutet, dass Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz genießen, wenn der Versicherungsfall innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn eintritt. Ausgenommen von dem Ausschluss sind Versicherungsfälle im Schadenersatz-Rechtsschutz, im Disziplinar- und Standes-Rechtsschutz, im Straf-Rechtsschutz, im Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz, bei Streitigkeiten aus Kauf- und Leasingverträgen über ein fabrikneues Kraftfahrzeug, im Beratungs-Rechtsschutz im Familien- und Erbrecht (2.2.11), sowie im Opfer-Rechtsschutz. Über den zeitlichen Ausschluss sollten sich Versicherungsnehmer vor allem dann bewusst sein, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits in einen Rechtsstreit verwickelt sind.

Nicht minder interessant sind für Verbraucher die inhaltlichen Ausschlussklauseln, die in den Vertragsbedingungen einer Rechtsschutzversicherung inkludiert sein können. Darunter fallen insbesondere:

  • Krieg, feindselige Handlungen, Aufruhr, innere Unruhen, Streik, Aussperrung oder Erdbeben,
  • Nuklearschäden und genetische Schäden. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schäden aus einer medizinischen Behandlung,
  • Bergbauschäden und Beeinträchtigungen aufgrund von bergbaubedingten Immissionen an Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen.
  • Jede Interessenwahrnehmung in ursächlichem Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf eines Grundstücks, das bebaut werden soll, der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser erwerben oder in Besitz nehmen möchte, der genehmigungs-/anzeigepflichtigen baulichen Veränderung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils. Auch bei der Finanzierung eines der eben genannten Vorhaben hat der Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz.
  • Die Abwehr von Schadenersatzansprüchen, es sei denn, der Schadenersatzanspruch beruht auf einer Vertragsverletzung.
  • Streitigkeiten aus kollektivem Arbeits- oder Dienstrecht
  • Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften oder aus Anstellungsverhältnissen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen
  • Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit Patent-, Urheber-, Marken-, Geschmacksmuster-/Gebrauchsmusterrechten oder sonstigen Rechten aus geistigem Eigentum.
  • Streitigkeiten aus dem Kartell- oder sonstigem Wettbewerbsrecht.
  • Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit dem Erwerb, der Veräußerung, der Verwaltung und der Finanzierung von Kapitalanlagen.
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Ausgenommen hiervon sind: Güter zum eigenen Ge- oder Verbrauch, Gebäude oder Gebäudeteile, soweit diese zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden oder genutzt werden sollen.

  • Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit der Vergabe von Darlehen, Spiel- oder Wettverträgen, Gewinnzusagen.
  • Streitigkeiten aus dem Bereich des Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erb-
  • rechts.

Ausnahme: Der Versicherungsnehmer hat Beratungs-Rechtsschutz vereinbart.

  • Der Versicherungsnehmer will gegen die Versicherungsgesellschaft oder das Schadenabwicklungsunternehmen vorgehen.
  • Streitigkeiten wegen der steuerlichen Bewertung von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen, Erschließungs- und sonstiger Anliegerabgaben.

Ausnahme: Es handelt sich um laufend erhobene Gebühren für die Grundstücksversorgung

  • Der Versicherungsnehmer nimmt seine rechtlichen Interessen wahr vor Verfassungsgerichten oder vor internationalen oder supranationalen Gerichtshöfen (zum Beispiel dem Europäischen Gerichtshof).

Ausnahme: Der Versicherungsnehmer nimmt seine rechtlichen Interessen wahr, als Bediensteter internationaler oder supranationaler Organisationen aus Arbeitsverhältnissen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen.

  • Jede Interessenwahrnehmung in ursächlichem Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren, das über das Vermögen des Versicherungsnehmers eröffnet wurde oder eröffnet werden soll.
  • Streitigkeiten in Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungs-Angelegenheiten sowie in Angelegenheiten, die im Baugesetzbuch geregelt sind.
  • Gegen den Versicherungsnehmer wird ein Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes geführt.
  • Es bestehen Streitigkeiten zwischen dem Versicherungsnehmer und weiteren Versicherungsnehmern desselben Versicherungsvertrags, von Mitversicherten gegen den Versicherungsnehmer, von Mitversicherten untereinander.
  • Streitigkeiten sonstiger Lebenspartner untereinander, wenn diese Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit der Partnerschaft stehen. Dies gilt auch, wenn die Partnerschaft beendet ist.
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(Quelle: Gesamtverband der Versicherer)

Ebenfalls grundsätzlich ausgeschlossen sind Versicherungsleistungen, sofern die versicherte Person vorsätzlich eine Straftat begangen hat oder einen der unter den Ausschlussklauseln aufgeführten Fälle vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat.

Bei den ARB 2012 handelt es sich um unverbindliche Musterbedingungen. Innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Versicherungsbranche steht es Versicherungsunternehmen frei, die Vorgaben in ihre eigenen Versicherungsbedingungen aufzunehmen. Dies betrifft auch die Ausschlussklauseln für Rechtsschutzversicherungen. Die meisten Versicherer übernehmen sie nur teilweise oder in angepasster Form in ihr Bedingungswerk. Umso wichtiger ist es für Versicherungsnehmer, den Ausschlusskriterien im Zusammenhang mit der Rechtsschutzversicherung ausreichende Aufmerksamkeit zu schenken. Sie können ein wesentlicher Faktor sein, der eine verbraucherfreundlichen Tarif von einem wenig sinnvollen Versicherungsschutz unterscheidet.

Ausschlussklauseln sind nicht immer rechtskonform

Die Liste der Ausschlussklauseln, die Versicherer in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen anführen, kann lang sein. Für Versicherungsnehmer bedeutet dies im Zweifelsfall, dass sie auf den Anwalts- oder Gerichtskosten sitzenbleiben, falls es zu einem Rechtsstreit kommt, der die Ausschlussklauseln berührt. Verbraucher sollten deshalb vor Vertragsabschluss einen detaillierten Blick in die Versicherungsbedingungen werfen und prüfen, von welchen Ausschlussklauseln der Versicherer im Einzelnen Gebrauch macht.

Was Viele aber nicht wissen: Nicht alle Ausschlussklauseln in Versicherungsverträgen sind rechtskonform. Was in den Bedingungen der einzelnen Versicherer steht, könnte in den Augen des Gesetzgebers unwirksam sein. In der Vergangenheit haben Gerichte in hohen Instanzen wiederholt einzelne Ausschlussklauseln für nicht rechtskonform erklärt und damit unwirksam gemacht, obwohl sie in den Versicherungsbedingungen verankert sind.

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Bereits 2013 erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) beispielsweise zwei Ausschlussklausel für nicht rechtsgültig. In dem Urteil geht es um die Effektenklausel und die Prospekthaftungsklausel. „Nach diesen Klauseln gewähren Rechtsschutzversicherer ihren Versicherungsnehmern keinen Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds), wie der Verband Deutscher Anwälte informierte. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Bundesgerichtshof begründet sein Urteil mit der Tatsache, dass es sich weder bei „Effekten“ noch bei „Grundsätzen der Prospekthaftung“ um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handele und eine rechtlich einwandfreie Einordnung einzelner Versicherungsfälle demnach nicht möglich sei. Die Urteile  IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12 sind nicht die einzigen Fälle, in denen ein hohes Gericht Ausschlussklauseln von Versicherern für ungültig erklärt hat. Für Versicherungsnehmer bedeutet das, dass sie einen abschlägigen Bescheid über die Kostenübernahme von einem Versicherer nicht in jedem Fall hinnehmen und die finanzielle Last selbst stemmen müssen. Es kann sich lohnen, die einschlägigen Urteile der Gerichte zu prüfen und gegebenenfalls Widerspruch gegen die Entscheidung einer Versicherungsgesellschaft einzulegen. Sollte die entsprechende Ausschlussklausel inzwischen für rechtswidrig erklärt worden sein, ist der Versicherer entgegen den vertraglichen Bedingungen verpflichtet, die im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit auftretenden Kosten in vereinbarter Höhe zu übernehmen.

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