Der Versicherungsmakler muss Rückfragen des Rechtsschutzversicherers nach Vorversicherungen seines Kunden zutreffend beantworten; vor einer Antwort an den Rechtsschutzversicherer muss der Makler durch Rückfrage bei seinem Kunden ermitteln, ob Vorversicherungen bestanden.

Teilt der Versicherungsmakler dem Rechtsschutzversicherer mit, es habe keine Vorversicherungen gegeben, obwohl er für diese Mitteilung keine Grundlage hat, kann eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer in Betracht kommen, wenn der Versicherer später den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anficht, weil er in Kenntnis von Vorversicherungen mit einer großen Zahl von Rechtsschutzfällen den Versicherungsantrag nicht angenommen hätte.
Der Versicherungsmakler hat seinen Kunden in diesem Fall so zu stellen, wie er stünde, wenn der später angefochtene Versicherungsvertrag von vornherein nicht zustande gekommen wäre. Führt der Kunde – vor der Anfechtung durch den Versicherer – Prozesse im Vertrauen auf die Gewährung von Rechtsschutz, können die dafür aufgewendeten Kosten gegenüber dem Versicherungsmakler ersatzfähige Schadensposten sein.
Für die Haftung des Versicherungsmaklers kommt es darauf an, dass die dem Versicherungsnehmer entstandenen Unkosten auf der Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers beruhen. Entscheidend ist, dass die betreffenden Unkosten dem Versicherungsnehmer bei zutreffender Information der C. durch den Versicherungsmakler nicht entstanden wären. Es besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er die Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn schon von Anfang an seit 2005 keine Rechtsschutzversicherung mehr bestanden hätte, und sich der Versicherungsnehmer darüber auch im Klaren gewesen wäre.
Die Versicherungsbeiträge sind ein ersatzfähiger Schadensposten. Denn ohne das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung hätte der Versicherungsnehmer die Prämien nicht geleistet.
Entscheidend ist für die Schadensverursachung allein, dass der Versicherungsnehmer – wovon im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung auszugehen ist – auf das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung und die Erstattung der Kosten vertraut hat. Ob und inwieweit dieses Vertrauen unter den gegebenen Umständen zwingend oder vernünftig war, ist ohne Bedeutung. Für die Kausalität kommt es nur darauf an, dass sich der Versicherungsnehmer – wovon im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung auszugehen ist – bei der Verfolgung möglicher Ansprüche gegen Rechtsanwalt H. anders verhalten hätte, wenn er von Anfang an gewusst hätte, dass ihm keine Rechtsschutzversicherung zur Verfügung stand.
Die Beweislast für die Kausalität – anderes Verhalten bei Kenntnis des Fehlens eine Rechtsschutzversicherung – obliegt dem Versicherungsnehmer. Die Beweiswürdigung obliegt dem Landgericht im Hauptsacheverfahren. Für die Prozesskostenhilfebewilligung reicht es aus, dass eine Beweisführung in diesem Punkt zumindest nicht unwahrscheinlich erscheint.
Es sprechen eine Reihe von Indizien dafür, dass der Versicherungsnehmer ohne ein Vertrauen auf die Rechtsschutzversicherung keine Unkosten für die Verfolgung von Ansprüchen gegen Rechtsanwalt H. aufgewendet hätte. Wer eine Rechtsschutzversicherung abschließt, macht dies nicht selten, um rechtliche Auseinandersetzungen führen zu können, deren Kosten er ohne Rechtsschutzversicherung nicht tragen könnte oder nicht tragen wollte. Im vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass die Realisierung von Ansprüchen gegen Rechtsanwalt H. aus verschiedenen Gründen außerordentlich zweifelhaft war. Auf solche Gesichtspunkte hat insbesondere der Prozessbevollmächtigte des Versicherungsmaklers im Schriftsatz vom 09.04.2013 ausführlich hingewiesen. Die Zweifelhaftigkeit von Ansprüchen gegen Rechtsanwalt H. ist ein Indiz dafür, dass sich der Versicherungsnehmer ohne Vertrauen auf eine Rechtsschutzversicherung nicht ohne Weiteres zu einer Rechtsverfolgung entschlossen hätte. Gerade bei zweifelhaften Ansprüchen ist das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung nicht selten ausschlaggebend für die Entscheidung zur Prozessführung. Für die Kausalität des Vertrauens auf eine Rechtsschutzversicherung sprechen zudem die Schreiben des Versicherungsnehmers. Die Schreiben sprechen dafür, dass der Versicherungsnehmer eine Tätigkeit seiner Anwälte generell von einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung abhängig machen wollte. Wenn – wie vorliegend – bestimmte Indizien für eine Kausalität sprechen, erscheint es im Übrigen zumindest denkbar, dass im Hauptprozess eine ergänzende persönliche Anhörung des Versicherungsnehmers gemäß § 141 Abs. 1 ZPO oder eine Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO zur Überzeugungsbildung des Gerichts in Betracht kommen kann.
Für die Haftung des Versicherungsmaklers kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die C. im Rahmen eines bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages dem Versicherungsnehmer hätte Deckung gewähren müssen. Denn es geht nicht um ein Erfüllungsinteresse des Versicherungsnehmers (Vermögenssituation im Falle eines bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages), sondern um ein negatives Interesse. Dieses negative Interesse ist allein von einem Vergleich mit der Vermögenssituation geprägt, die für den Versicherungsnehmer bestehen würde, wenn er nicht auf den Bestand der Rechtsschutzversicherung vertraut hätte. Ein solches negatives Interesse kann grundsätzlich auch ein positives Interesse übersteigen1.
Die Frage, ob und inwieweit ein Vertrauen des Versicherungsnehmers auf Leistungen aus der Rechtsschutzversicherung „vernünftig“ war, kann eventuell im Rahmen von § 254 Abs. 1 BGB (Mitverschulden) eine Rolle spielen. Insoweit sind jedoch Umstände, die einen Anspruch des Versicherungsnehmers vermindern könnten, gegenwärtig nicht ersichtlich.
Die Maßnahmen gegen Rechtsanwalt H. sind wohl im Wesentlichen auf Rat von Anwälten, insbesondere der derzeitigen Prozessbevollmächtigten des Versicherungsnehmers, erfolgt. Soweit ein Anwalt des Versicherungsnehmers die Verhältnisse, insbesondere die Erstattungsfähigkeit von Unkosten im Rahmen der Rechtsschutzversicherung, nicht zutreffend eingeschätzt haben sollte, ist dem Versicherungsnehmer ein eventueller Fehler seines Anwalts nicht zuzurechnen. Denn die Anwälte des Versicherungsnehmers sind keine Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB im Verhältnis zum Versicherungsmakler2.
Mithin könnten sich im Rahmen von § 254 Abs. 1 BGB nur eigene Fehleinschätzungen des Versicherungsnehmers bei der Entstehung der geltend gemachten Unkosten zu seinen Lasten auswirken. Ein eigenes Verschulden des Versicherungsnehmers liegt jedoch fern, soweit die Verfolgung von Ansprüchen gegenüber Rechtsanwalt H. auf Rat von Anwälten erfolgt ist.3.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30. Mai 2014 – 9 W 14/14
- vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage 2014, vor § 249 BGB, RdNr. 17[↩]
- vgl. zum Begriff des Erfüllungsgehilfen in ähnlichen Fällen Palandt/Grüneberg a. a. O., § 254 BGB, RdNr. 55[↩]
- Vgl. im Übrigen zu einer möglichen Leistungspflicht im Falle eines bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages: OLG Celle, Beschluss vom 14.02.2013 – 8 U 253/12[↩]