Zwar ist der Warenabsatz durch Abwicklung von Verträgen, die zielgerichtet und systematisch unter Anwendung grob wettbewerbswidriger Mittel zustande gekommen sind, grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig1. Anders ist dies dann, wenn das gesamte Vorgehen darauf angelegt ist, die Betroffenen in eine „Vertragsfalle“ zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen ist auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des Wettbewerbs zu beurteilen1.

Denn die Schutzfunktion des Wettbewerbsrechts würde vernachlässigt, wenn ein Wettbewerber systematisch die Früchte aus einer Vielzahl von solchen Verträgen ziehen könnte, deren Zustandekommen er durch ‑ebenfalls ganz systematische und zielgerichtete- Täuschungshandlungen bewirkt hat und- dies ist für den Unwertcharakter entscheidend- deren Fortbestand allein darauf zurückzuführen ist, dass er die verursachte Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrags durch konkludentes Verhalten aufrecht erhält. Tritt ein solches Verhalten nicht vereinzelt auf, sondern systematisch und im Rahmen eines von vornherein auf Täuschung angelegten Gesamtkonzepts, liegt auch in der Vertragsdurchführung ein wettbewerbswidriges Verhalten1.
Mit der formularmäßigen Versendung der Schreiben haben die „Branchenbuch“-Betreiber das alleinige Vorliegen eines Vertragsangebotes verschleiert, indem das Formular den Eindruck vermittelt hat, es bestehe bereits ein Vertrag, das Schreiben diene vielmehr lediglich noch dem Abgleich der in das Branchenverzeichnis der „Branchenbuch“-Betreiber einzutragenden Daten durch den Kunden. Hieran ändert nichts die hervorgehobene Überschrift „Brancheneintragungsantrag“ noch der eingerahmte Text auf dem Formular oder die kleingedruckte Aufforderung „bitte überprüfen Sie bei Annahme dieses Angebots Ihre Unternehmensdaten …“. Zwar ist es einem Durchschnittskunden möglich, bei genauer und konzentrierter Lektüre das Formular als Angebot auf Abschluss eines entgeltlichen Dienstvertrages zu erkennen. Ein Kunde, der das Schreiben jedoch situationsbedingt flüchtig betrachtet, kann ohne Weiteres zu der irrigen Ansicht gelangen, es handle sich nicht um ein Vertragsangebot, sondern um die Aufforderung, im Rahmen eines bereits geschlossenen Vertrags den vermeintlichen Korrekturabzug zu prüfen. Die Gestaltung des Schreibens war nämlich geeignet, einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu dieser Fehlannahme zu veranlassen, da unmittelbar ins Blickfeld des Betrachters der Teil des Schreibens fällt, der die in das Branchenverzeichnis einzutragenden Daten abfragt, wobei ein Teil schon von den „Branchenbuch“-Betreiber ausgefüllt war. Die fett gedruckte Überschrift „Brancheneintragungsantrag“ steht zudem nicht isoliert, um etwa den Gegenstand des Anschreibens als Angebot zu kennzeichnen. Vielmehr war drucktechnisch gleichartig hinzugefügt: …„Ort:“ und daran angeschlossen ‑von den „Branchenbuch“-Betreiber bereits eingetragen- der jeweilige Ort, an dem der jeweilige Empfänger des Formulars seinen jeweiligen Wohn-/Geschäftssitz hat. Damit war auch die Überschrift gewissermaßen als Teil der Eintragungsbestandteile zu verstehen.
Weitere Teile des Formulars verleihen diesem den Gesamteindruck eines zu prüfenden Korrekturabzuges und nicht eines Angebots auf Abschluss eines Dienstvertrages:
Gleich unterhalb der Kundenadresse steht nämlich als Erstes zu lesen: „Hinweis: Handschriftliche Ergänzungen sind möglich“.
Darunter heißt es zwar „Eintragungsantrag auf Aufnahme in das….Branchenverzeichnis“. Daran schließt sich sofort die Aufforderung an: „Bitte prüfen Sie bei Annahme dieses Angebots Ihre Unternehmensdaten…“.
Für den situationsadäquat flüchtigen Betrachter ist danach eindeutig wesentlicher Zweck des Formulars, die vorgegebenen Daten zu prüfen und zu ergänzen. Keinesfalls eindeutig ist für ihn das Stadium zu erkennen, in dem sich die Vertragsentwicklung befindet. Zwar ist zweimal versteckt von „Annahme dieses Angebots“ die Rede. Dies tritt jedoch im Vergleich zu den auch an hervorgehobener Stelle platzierten Aufforderungen, die Daten zu prüfen, völlig in den Hintergrund und kann zudem auch als Annahme des tatsächlichen Eintragungsangebots in Vollziehung eines bereits geschlossenen Vertrags missverstanden werden, zumal die „Branchenbuch“-Betreiber die Terminologie bewusst unklar halten. So verwenden sie mehrfach den Ausdruck „Eintragungsantrag“, ohne dass klar wird, ob sie damit ein rechtsgeschäftliches Angebot auf Abschluss eines Vertrages meinen und von wem ein solches abgegeben wird, oder ob es sich hierbei um den Antrag auf Vollzug des bereits geschlossenen Dienstvertrags handelt. Im letzteren Fall könnte sich also die „Annahme des Angebots“ durchaus hierauf beziehen und nicht auf den rechtsgeschäftlichen Abschluss des Vertrags. Gerade die verwirrende Terminologie ist im Übrigen geeignet, beim Leser die Konzentration auf das durch das Formular hervorgehobene Wesentliche zu verstärken, nämlich die Prüfung der Eintragungsbestandteile und kann also bei ihm das Verständnis eines bereits abgeschlossenen Vertrags hervorrufen.
Die Entgeltlichkeit und die Tatsache, dass es sich um ein Angebot auf Abschluss eines Dienstvertrages handelt, konnte sich zwar für den aufmerksamen Betrachter aus dem Fließtext innerhalb der dicken Umrandung ergeben. Einleitend ist jedoch auch dort die Aufforderung enthalten, die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen und das Formular für die korrekte Bekanntgabe der Daten umgehend bei Bedarf zurückzusenden. Auch der darauf folgende Absatz, der die eigentlichen Vertragsessentialia enthält, wird durch zwei Sätze eingeleitet, die sich auf die Eintragungen beziehen. Erst danach wird das Entgelt genannt, wobei zwischen der Währung (Euro) und dem zahlenmäßigen Betrag ein Zeilenumbruch bewusst eingebaut ist, so dass dies nur zu leicht überlesen wird.
Der zum flüchtigen Überprüfen der Daten verleitete Kunde erkennt angesichts dieser Gestaltung des Formulars den Charakter eines Vertragsangebotes und die Folgen seiner Unterzeichnung desselben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Unterstrichen wird diese Sichtweise noch durch die bereits auf dem Formular enthaltene individuelle Bearbeitungsnummer und den Strichcode, die beide für ein reines Angebot untypisch sind, da sie erst nach Vertragsschluss vergeben zu werden pflegen. Unmaßgeblich ist insoweit, ob die aufgrund dieses Angebots und der Erklärung des jeweiligen Kunden zustande gekommenen Verträge im Einzelfall wirksam oder anfechtbar sind.
Die „Branchenbuch“-Betreiber gingen also systematisch und zielgerichtet mit diesem Formularschreiben auf Kundenfang. Denn sie richteten dieses Formular an eine Vielzahl möglicher Kunden im gesamten Bundesgebiet. Aus der Aufmachung des zuvor genannten Formulars ergibt sich der Gesamtplan der „Branchenbuch“-Betreiber, die Kunden zu verwirren und irre zu führen, indem sie getäuscht über den eigentlichen Zweck des Formulars, ein Angebot der „Branchenbuch“-Betreiber auf Abschluss eines Vertrags anzunehmen, glauben sollten, einen Korrekturabzug eines bereits geschlossenen Vertrags zu prüfen und mit ihrer Unterschrift zu genehmigen. Damit stellt sich auch das Früchteziehen aus der Vielzahl von Verträgen, die aufgrund dieses wettbewerbswidrigen Handelns zustande gekommen sind, als unlautere Wettbewerbshandlung dar, weil im Rahmen der Durchführung des Vertrages durch konkludentes Verhalten die Unrechtslage aufrechterhalten wird, wenn die „Branchenbuch“-Betreiber bei Bestätigung der Eintragung, bei Rechnungsstellung und auch bei Ablehnung des Widerrufs nicht darauf hingewiesen haben, dass der Vertrag möglicherweise durch Täuschung und Irrtum der Kunden zustande gekommen und deshalb anfechtbar ist2. Im vorliegenden Falle waren die beanstandeten Folgemaßnahmen also Teil der systematischen und zielgerichteten wettbewerbswidrigen Vorgehensweise der „Branchenbuch“-Betreiber. Durch sie sollte der Irrtum der Kunden, ein Vertrag habe bereits vor Unterzeichnung des Formulars gemäß K 1/K 8 bestanden, aufrechterhalten werden; die getäuschten Kunden sollten zielgerichtet davon abgehalten werden, sich vom Vertrag zu lösen. Die Vorgehensweise der „Branchenbuch“-Betreiber geht damit über das zielgerichtete und systematische grob wettbewerbswidrige Einsetzen von Mitteln hinaus, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen. Der Warenabsatz durch Abwicklung auf diese Weise zustande gekommener Verträge mag zwar auch auf einem Gesamtplan des wettbewerbswidrig Handelnden beruhen. Ein solcher – durchaus typischer – Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung genügt grundsätzlich nicht, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken1. Das gesamte Vorgehen der „Branchenbuch“-Betreiber war jedoch darauf angelegt, eine Vielzahl von Beworbenen in eine „Vertragsfalle“ zu locken und sie durch die Folgehandlungen durch Unterlassen der nötigen Aufklärung davon abzuhalten, den Vertrag nicht zu erfüllen bzw. gegen seine Wirksamkeit in der nötigen Weise anzugehen.
Das zielgerichtete und systematische Vorgehen der „Branchenbuch“-Betreiber wird schließlich dadurch untermauert, dass sie mit nur unwesentlich abweichendem Formularschreiben die Kunden bewarben, wie dies den Schwestergesellschaften TTT-Tele-Service Verlags- und Vertriebs GmbH und der TSV-Telekommunikations-Service Verlags- und Vertriebs Gesellschaft mbH durch einstweilige Verfügungen des Landgerichts Frankfurt bereits zuvor untersagt worden war, was den „Branchenbuch“-Betreiber von Anfang an bekannt war. Da alle drei Gesellschaften den gleichen Firmensitz haben und teilweise über denselben Gesellschafter bzw. Geschäftsführer verfügen, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen ihnen, der auf ein planmäßiges Zusammenwirken schließen lässt.
Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen ist von Wettbewerbswidrigkeit der Folgehandlungen emäß den §§ 4 Ziff. 3, 5 UWG auszugehen, weshalb das wettbewerbswidrige Handeln den „Branchenbuch“-Betreiber zu untersagen war.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 18. Juli 2008 – 12 O 25/08