Widerruf einer Aufstellerlaubnis für Geldspielautomaten wegen Steuerhinterziehung

Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVwVfG BW darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Nach § 33c Abs. 2 Satz 1 GewO ist die nach § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Erlaubnis für das gewerbsmäßige Aufstellen von Gewinnspielgeräten zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt nach § 33c Abs. 2 Satz 2 GewO in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrags wegen einer der dort genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist.

Widerruf einer Aufstellerlaubnis für Geldspielautomaten wegen Steuerhinterziehung

Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung gehört nicht zu diesem Katalog von Straftaten. Die Unzuverlässigkeit kann sich außer aus den in § 33c Abs. 2 Satz 2 GewO genannten Gesichtspunkten aber auch aus anderen Gründen ergeben. Diese entsprechen denjenigen, die die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO zu rechtfertigen vermögen. Wie § 35 GewO dient auch § 33c Abs. 2 GewO unter anderem dem Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden. Der Erlaubnisversagungsgrund der (allgemeinen) Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gewerbes gehört unter anderem die Erfüllung der steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten. Die nachhaltige Verletzung solcher Pflichten kann je nach den Umständen des Einzelfalls den Schluss auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit rechtfertigen1.

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Im hier vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Fall ist die der Verurteilung des Antragstellers zugrundeliegende Verletzung seiner materiellen steuerlichen Erklärungspflichten über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg zwar nachhaltig, lässt aber für sich genommen noch nicht den Schluss zu, dass die Pflichten auch zukünftig verletzt werden, weil die Taten lange Zeit zurückliegen2. Ob der Antragsteller in den Jahren 2011 – 2013 erneut materielle steuerliche Erklärungspflichten verletzt hat, steht im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht fest. Eine diesbezügliche Feststellung setzt zwar nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, sondern ist gegebenenfalls von den Verwaltungsgerichten zu treffen3. Eine solche Erhebung ist aber nicht Aufgabe des gerichtlichen Eilverfahrens.

Der Antragsteller hat jedoch ausweislich der insoweit ergangenen rechtskräftigen Bußgeldbescheide auch in den Jahren 2011 und 2012 wiederholt seine formellen steuerlichen Erklärungspflichten im Zusammenhang mit der Erhebung von Vergnügungssteuern für die von ihm aufgestellten Gewinnspielgeräte verletzt. Auch das den übrigen rechtskräftigen Bußgeldbescheiden zugrundeliegende Verhalten weist zum Teil einen Gewerbebezug auf und kann deshalb die Unzuverlässigkeit indizieren4. Dies gilt insbesondere für die in den Jahren 2010, 2011 und 2013 gehäuft erfolgten Verstöße gegen gewerberechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit der Aufstellung von Gewinnspielgeräten.

Bei einer Gesamtschau dieser Verstöße gegen formelle steuerliche Erklärungspflichten und gewerberechtliche Verpflichtungen mit der früheren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ist es wahrscheinlich5, dass der Antragsteller auch zukünftig sein Gewerbe nicht ordnungsgemäß betreiben wird und damit unzuverlässig ist. Damit dürfte dem Antragsteller aber eine Aufstellerlaubnis heute nicht mehr erteilt werden.

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Die für den Widerruf weiter erforderliche Gefährdung des öffentlichen Interesses, wenn dem Antragsteller die Aufstellerlaubnis belassen würde, folgt aus dem Umstand, dass vor dem Hintergrund seines bisherigen Verhaltens mit weiteren gewerberechtlich relevanten Verstößen des Antragstellers zu rechnen ist.

Der Widerruf ist auch nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Insbesondere hat der Antragsteller bislang nicht auf die Aufstellerlaubnis verzichtet, weshalb der Widerruf nach wie vor erforderlich ist.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2013 – 6 S 2112/13

  1. BVerwG, Beschluss vom 22.06.1994 – 1 B 114.94, GewArch 1995, 111[]
  2. vgl. zu diesem Gesichtspunkt Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl., § 35 Rn. 43[]
  3. vgl. Ennuschat, a.a.O., § 35 Rn. 42 m.w.N. für das behördliche Verfahren[]
  4. vgl. Ennuschat, a.a.O., Rn. 47[]
  5. zum Prognosemaßstab vgl. Ennuschat, a.a.O., Rn. 31[]