Wirtschaftsrecht im Februar 2015

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Ärztliche Weiterbildung

Gemäß § 32 Abs. 2 Hamburgisches Verwaltungsgerichtgesetz für die Heilberufe (HmbKGH) wird zur Prüfung zugelassen, wer die vorgeschriebene Weiterbildung durch Zeugnisse und Nachweise nachgewiesen hat. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 WBO obliegt die Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung der Ärtzekammer. Das positive Votum des von ihr vor der Entscheidung konsultierten Fachbeisitzers entfaltet demzufolge keine rechtlichen Wirkungen.

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 WBO wird die Zulassung erteilt, wenn die Erfüllung der zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen durch Zeugnisse und Nachweise belegt ist. Das ist hier nicht festzustellen. Der Arzt hat nicht nachgewiesen, dass er die gemäß Abschnitt C Ziffer 4.1 WBO geforderte Weiterbildungszeit von 12 Monaten bei einem Weiterbildungsbefugten für spezielle Schmerztherapie abgeleistet hat. Der vom Arzt vertretenen Auffassung, dies sei im Hinblick auf seine Tätigkeit in dem von Herrn Dr. … geleiteten, interdisziplinär arbeitenden Schmerzzentrum nachgewiesen, ist nicht zu folgen. Diese Tätigkeit entspricht nicht den von der Weiterbildungsordnung an eine Weiterbildung gestellten Anforderungen. Ob dies bereits deshalb anzunehmen wäre, weil Herr … als Weiterbildungsbefugter infolge einer nach der „Krankenhaushierarchie“ zu unterstellenden „Unterordnung“ als weisungsbefugter Vermittler nicht in Betracht käme, kann dahinstehen. Denn jedenfalls entspricht die vom Arzt geltend gemachte Weiterbildung nicht dem strukturellen Erfordernis der Hauptberuflichkeit.

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Gemäß § 4 Abs. 5 Sätze 1, 2 WBO ist die Weiterbildung grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher Stellung durchzuführen. Diesem Erfordernis wird die in Rede stehende Tätigkeit des Arzts nicht gerecht, weil sie nach eigenem Vorbringen fester Bestandteil seiner regelmäßigen beruflichen Tätigkeit ist. Ärztliche Weiterbildung erfordert jedoch ihrem Wesen nach eine über die jeweilige berufliche Praxis hinausgehende gezielte, strukturierte und zu dokumentierende theoretische Unterweisung durch einen weiterbildungsbefugten Arzt. Dementsprechend ist anerkannt, dass allein durch die jeweilige Berufspraxis gewonnene Erkenntnis und Erfahrungen in dem betreffenden medizinischen Fachgebiet für eine anzuerkennende Weiterbildung nicht genügen1. Das erkennende Gericht folgt dieser gefestigten Rechtsprechung.

Dass die vom Arzt reklamierte Weiterbildungszeit lediglich Teil seiner regulären beruflichen Tätigkeit, nämlich der umfassenden Versorgung der von ihm behandelten (Schmerz)Patienten ist, wird durch die nachgelassene Bescheinigung des ihn beschäftigenden Krankenhauses nicht in Zweifel gezogen. Auch dort ist diesbezüglich von (intensivierter) kollegialer interdisziplinärer Zusammenarbeit die Rede. Dies ist jedoch mit den Anforderungen an eine Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung gerade nicht vereinbar. Dabei soll keineswegs in Zweifel gezogen werden, dass der Arzt, wie jeder qualifizierte Berufstätige, durch seine laufende Mitarbeit in dem Schmerzzentrum seine einschlägigen medizinischen Erkenntnisse vertieft und erweitert. Darauf kommt es jedoch nicht an. Die Weiterbildungsordnung verlangt im Interesse einer transparenten, nachvollziehbaren und unter möglichst gleichwertigen Bedingungen und Voraussetzungen erworbenen ärztlichen Qualifikation den Nachweis einer formalisierten Weiterbildung unter den in der Weiterbildungsordnung im Einzelnen geregelten Voraussetzungen.

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Der Arzt kann ferner nichts daraus herleiten, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 WBO die Durchführung der Weiterbildung ganztägig und in hauptberuflicher Stellung lediglich „grundsätzlich“ vorschreibt. Allerdings impliziert dieser Begriff im rechtlichen Sprachgebrauch, dass Ausnahmen denkbar und möglich sind. Indes wird es hierdurch nicht etwa in das freie Ermessen der Ärtzekammer gestellt, solche Ausnahmen im Einzelfall zuzulassen. Vielmehr bezieht sich das „grundsätzlich“ auf solche Ausnahmen, die im „speziellen Teil“ der Weiterbildungsordnung, dem Abschnitt C, ausdrücklich vorgesehen sind. Dort aber findet sich für die hier in Rede stehende Weiterbildung keine von den Anforderungen des „allgemeinen Teils“ abweichende Regelung.

Dass die Weiterbildungsordnung eine Weiterbildung auch in Teilzeit vorsieht, § 4 Abs. 6 WBO, vermag das Begehren des Arzts ebenfalls nicht zu stützen. Zum einen macht er gar nicht geltend, die Weiterbildung etwa in Teilzeit absolviert zu haben. Zum anderen erfordert eine Weiterbildung in Teilzeit, dass diese in Niveau und Qualität den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entspricht, was in der Regel gewährleistet ist, wenn die Teilzeittätigkeit mindestens die Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit beträgt, § 4 Abs. 6 Satz 2 WBO. Dies nimmt der Arzt jedoch für sich nicht in Anspruch.

Schließlich ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 10 WBO nichts für das Begehren des Arzts. Danach kann eine von der Weiterbildungsordnung abweichende Weiterbildung unter Anleitung vollständig oder teilweise anerkannt werden, wenn sie gleichwertig ist. Zum einen macht der Arzt gar nicht geltend, er habe eine von der Weiterbildungsordnung abweichende Weiterbildung absolviert. Er vertritt im Gegenteil die Auffassung, diese genüge den regulär zu stellenden Anforderungen. Abgesehen davon ist diese Vorschrift, welche der Ärtzekammer insoweit ein Ermessen einräumt, auf den vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbar. Sie dient nämlich nicht dazu, die strukturellen Mängel einer bestimmten, den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechenden Weiterbildung zu kompensieren. Sie soll lediglich, inhaltliche Gleichwertigkeit vorausgesetzt, andere Ausgestaltungen der Weiterbildung nicht generell ausblenden. Im Übrigen ist die von seiner regulären Berufstätigkeit als Chefarzt nicht zu sondernde praktische Mitarbeit des Arzts in dem Schmerzzentrum des ihm beschäftigenden Krankenhauses ihrem Wesen nach keine „ärztliche Tätigkeit unter Anleitung“ im Sinne von § 10 WBO. Denn sie ist, wie sich aus dem eigenen Vorbringen des Arzts ergibt, nicht durch „Anleitung“, nämlich gezielte Vermittlung theoretischer und praktischer Erkenntnisse und Fertigkeiten durch einen insoweit kompetenten Dritten, sondern durch kollegial-interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Dritten gekennzeichnet. Damit ist sie wesentlich anders strukturiert und kann auch deshalb nicht etwa als gleichwertige Weiterbildung angesehen werden. Somit sind bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des durch § 10 Satz 1 WBO der Ärtzekammer eingeräumten Ermessens nicht erfüllt.

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Die Nichtzulassung zur Prüfung stellt auch keine mit den grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen unvereinbare Belastung des Arzts dar.

Zwar berührt die vom Arzt beanstandete Nichtzulassung zur Weiterbildungsprüfung eine grundrechtlich geschützte Position, die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 geschützte Berufsausübungsfreiheit. Doch ist (auch) dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG lässt Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu. Es ist anerkannt, dass vom Gesetzgeber diesbezüglich mit Rechtssetzungskompetenz ausgestattete öffentlich-rechtliche Körperschaften im Rahmen der ihnen verliehenen Befugnis Beschränkungen auch durch Satzungen vorsehen können2. Eine hinreichende gesetzliche Ermächtigung der Ärtzekammer liegt insoweit mit den §§ 29 bis 33 HmbKGH vor.

Beschränkungen sind materiell nach gefestigter Rechtsprechung dann mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Grundrechtsinhaber nicht unverhältnismäßig treffen3. Eine unverhältnismäßige Belastung ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Die in der Weiterbildungsordnung geregelten Anforderungen an den Nachweis einer ärztlichen Weiterbildung dienen einem Gemeinwohlbelang, nämlich der Qualitätssicherung der ärztlichen Tätigkeit durch standardisierte Weiterbildungsverfahren und dem Schutz der Patienten und ihrem Vertrauen in einen nachweislichen Kompetenzerwerb4.

Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 4. Juni 2014 – 17 K 534/13

  1. vgl. etwa VG Würzburg, Urteil vom 24.06.2013 – W 7 K.199 – JURIS Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2013 – 13 A 2254/12 – JURIS Rn. 7; BayVGH, Beschluss vom 20.11.2013 – 7 ZB 13.1677 – JURIS Rn. 11[]
  2. vgl. etwa Mann in Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl.2011, Art. 12 Rn. 117[]
  3. vgl. nur OVG Hamburg, Urteil vom 28.01.2014 – 3 Bf 262/10 – JURIS Rn. 30 m.w.Nw.[]
  4. vgl. etwa OVG NRW, a.a.O. Rn. 16[]
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