Zustellungen nach Widerruf der Anwaltszulassung

Ist die Zulassung des Rechtsanwalts bestandskräftig widerrufen, oder die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung angeordnet, kann eine Ersatzzustellung nach §§ 178, 180 ZPO in den bisherigen Kanzleiräumen grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt diese weiterhin nutzt, um seine Zulassungsangelegenheit oder andere persönliche Angelegenheiten zu betreiben.

Zustellungen nach Widerruf der Anwaltszulassung

Wie der Bundesgerichtshof bereits mit Beschluss vom 8. Februar 20101 entschieden hat, kann nach Wirksamwerden der Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs eine Ersatzzustellung in der Kanzlei grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen werden. Denn mit dem dadurch bewirkten Berufsverbot (§ 16 Abs. 6 BRAO a.F. i.V. mit § 155 Abs. 2 BRAO) verliert die Kanzlei im Allgemeinen, jedenfalls wenn der Betroffene den Geschäftsbetrieb nicht ungeachtet des Verbots fortführt, ihre Eigenschaft als Geschäftsraum im Sinne der §§ 178, 180 ZPO. Allein der Umstand, dass der Rechtsanwalt die früheren Kanzleiräume noch für eine gewisse Zeit weiter nutzt, etwa um von dort aus seine Zulassungsangelegenheit (§ 155 Abs. 4 BRAO) oder andere persönliche Angelegenheiten zu betreiben, führt nicht dazu, dass es sich hierbei, wie es für eine Ersatzzustellung nach §§ 178, 180 ZPO erforderlich wäre, um einen dem Publikumsverkehr dienenden Geschäftsraum handelt, an dem der Rechtsanwalt zur Zeit der Zustellung regelmäßig seiner Berufsausübung nachgeht. Gleiches gilt, wenn – wie hier – die Zulassung im Zeitpunkt der Zustellung in der früheren Kanzlei bereits bestandskräftig widerrufen war.

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In Betracht kommen dann allenfalls noch die Grundsätze über die Zustellung kraft Rechtsscheins, wenn der Rechtsanwalt trotz Anordnung der sofortigen Vollziehung oder bestandskräftigem Zulassungswiderruf gegenüber dem rechtsuchenden Publikum den Anschein erweckt, er unterhalte weiterhin eine Kanzlei2.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Oktober 2010 – AnwZ (B) 22/10

  1. BGH, Beschluss vom 08.02.2010 – AnwZ (B) 91/08 Rn. 3[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.1993 – VIII ZB 39/93, NJW-RR 1993, 1083; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 178 Rn. 22[]